Den ersten Tag in vollkommener Dunkelheit verbrachte Dipper in einer Ecke, ohne sich zu bewegen. Mit geschlossenen Augen.
Am zweiten Tag öffnete Dipper die Augen, sah aber nichts. Fühlte sich allerdings deutlich besser. Sein Körper schmerzte nicht mehr so fürchterlich wie an seinem ersten Tag im Alptraumreich.
Der dritte Tag war der pure Horror für den Jungen. Er fing an Stimmen zu hören. Stimmen, welche ihm zuflüsterten wie armselig er war. Dass er ein Versager sei. Er hatte seine Familie und die gesamte Menschheit verraten. Die Menschen in Gravity Falls hatten zu ihm aufgesehen, wie zu einem Helden und doch hatte er ihre Hoffnungen mit Füßen getreten und war auf Bill Ciphers Seite gewechselt. Die Stimmen lachten ihn aus, machten sich lustig über ihn. Er wollte sie nicht hören. Er presste sich seine Hände auf die Ohren, hoffte so konnte er die Stimmen ausblenden. Doch je fester er sich die Ohren zuhielt, desto lauter wurde das Lachen.
Am vierten Tag hörte er die Stimmen immer noch. Sie machten sich über ihn lustig, nannten ihn weiterhin Versager, Verräter. Dipper versuchte sich vor den Stimmen zu verstecken. Drückte sich in eine Ecke, zog die Knie an die Brust und versteckte seinen Kopf zwischen den Beinen. Doch die Stimmen verschwanden nicht.
Dipper hatte sein Zeitgefühl verloren. Aber er wurde langsam verrückt. War er wirklich so schwach, wie die Stimmen ihm klar machen wollten? Würde sein Verstand wirklich so einfach zerbrechen? Dipper hoffte mit allem was noch übrig war, das er nicht so einfach aufgeben würde.
Der Tag danach war noch schlimmer. Er hörte seine Gedanken. Er hörte seine eigenen Gedanken lauter als die merkwürdigen Stimmen. Und ihm gefielen diese Gedanken nicht. Sie sprachen davon, einfach nach zugeben. Bill zu geben was auch immer er wollte. Er wollte es nicht hören. Dipper wollte nicht darüber nachdenken. Er schluchzte leise. Wollte aufhören so zu denken. Wollte über andere Dinge nachdenken, aber die Gedanken hatten sich in seinen Kopf gefressen und würden dort nie wieder verschwinden.
Dipper war ein Wrack. Mental und Körperlich. Er war abgemagert und am verdursten. Seine Arme waren aufgekratzt und blutig, genau wie seine Fingernägel, welche er sich immer wieder abbiss. Dipper hatte tiefschwarze Ringe unter den Augen, seine Wangen waren eingefallen. Seine langen, strohigen Haare fielen ihm ins Gesicht, verdeckten die Sicht auf sein verdrecktes Gesicht. Er hatte gelernt auf kleinstem Raum zu überleben. Saß zusammengekauert auf dem Boden in einer Ecke und wippte vor und zurück. An diesem Tag war klar, Dipper Pines wäre ein gebrochener Mann. Er würde nie wieder der alte werden, selbst wenn ihn jemand retten würde. Aber wer würde ihn schon retten? Er, der die Menschheit verraten hatte. Dipper war nicht würdig gerettet zu werden.
Eines Tages wurde es hell in dem Raum. Dipper zuckte zusammen wie ein ängstliches Tier und versteckte seine Augen vor der Helligkeit. Es half nicht sonderlich, seine Augen brannten, schmerzten durch das plötzliche Licht. „Dipper…?“, hörte er jemand seinen Namen sagen. Das war doch sein Name oder? Das war nur eine Halluzination. Niemand würde hierher kommen. Hier in diese Dunkelheit. Er würde alleine sterben. Verrückt und alleine. „Dipper? Hörst du mich? Ich bin es, Mabel.“ Mabel? Dipper blickte auf. Seine Schwester hieß so. Aber sie hatte ihn von sich gestoßen. Doch sie stand vor ihm. Mabel, wie er sie in Erinnerung hatte. „M-Mabel?“, krächzte er. „Ja, Dipper. Ich bin es. Deine Schwester. Und Ford und Stan sind auch hier.“, erklärte sie. „Wo?“, fragte er. „Na in der Shack. Wir haben dich aus Bills Klauen befreien können. Erinnerst du dich nicht?“, die junge Frau lachte und spielte mit ihrem Haar. Dipper schüttelte den Kopf. Er konnte sich nicht erinnern. Wie auch? Er hatte seinen eigenen Namen beinahe vergessen. „Mabel… Es tut mir so leid…“, schluchzte Dipper. „Shh… Alles gut lieber Bruder.“, sie schlang ihre Arme um seinen bebenden Körper. Streichelte über seinen zitternden Rücken. Lächelte diabolisch, so das Dipper es nicht sehen konnte.
Langsam führte Mabel ihn aus seinem Zimmer. Alles sah so echt aus. Fühlte sich echt an. Hörte sich echt an. War es wahr? Hatte seine Familie ihn doch nicht verstoßen und hatte ihn wirklich gerettet? Dipper konnte es nicht glauben. War er endlich frei von Bill?
„Dipper.“, sagte Ford. Dipper sah die beiden älteren Männer an. Dann ließ er sich auf dem Küchenstuhl nieder. „Schön zu sehen, das du lebendig bist.“, Stan klopfte ihm auf den Rücken. „D-Dank euch…“, murmelte Dipper. „Richtig. Dank uns. Ohne uns wärst du weiterhin ein Gefangener dieses Monsters gewesen.“, lächelte Mabel ihr strahlendstes Lächeln. Aber die Worte, die ihren Mund verließen waren so kalt. Sie schnitten in Dippers Geist. „Mabel?“, fragte er. „Wir haben eine Menge für dich geopfert. Du solltest uns dankbar sein. Das wir dich Abschaum überhaupt gerettet haben.“, sagte Ford. Stan packte ihn im Nacken, schlug seinen Kopf auf den Tisch. Dipper sah Sterne. Was war hier los? „Was… was soll das?“, flüsterte Dipper heiser. „Du bist ein Verräter. Wertloser Abschaum. Eigentlich verdienst du den Tod. Aber damit wäre deine Schuld nicht getilgt. Wegen dir ist Wendy gestorben. Sooz lässt eine Frau und zwei Kinder zurück. Sie sind wegen dir gestorben weil sie dich retten wollten. Und damit musst du leben.“, sagte Mabel.
Dipper wollte fliehen. Tief in seinem Inneren wusste er, etwas stimmte nicht. Aber er konnte nicht fliehen. Stan hatte den Griff um seinen Nacken nicht gelockert und er kam nicht gegen den älteren Mann an. „Du bist ein Nichts.“, spie Mabel. Tränen stiegen in Dippers Augen. „Du bist nicht mehr mein Bruder. Mein Bruder ist vor einigen Monaten gestorben.“ „Mabel! Bitte… hör auf!“, flehte Dipper und sah seine Schwester an. „Aufhören? Das ich nicht lache, ich fange gerade erst an. Während wir hier ums Überleben gekämpft haben, hast du es dir in Bills Palast gutgehen lassen oder irre ich mich? Warte mit deiner Antwort. Gravity Falls wäre bestimmt glücklich zu erfahren war ihr großer Held Dipper Pines getrieben hat, wären wir Freunde und Familie verloren haben.“, lachte Mabel. „Das… nein! Das stimmt nicht! Mabel! Ford! Stan! Bitte hört mir zu. Ich sage euch die Wahrheit, ich habe es mir nicht gutgehen lassen bei Bill!“, schluchzte Dipper. Er spürte Blut aus seiner Nase laufen. Schmeckte es auf seiner Zunge. Es war furchtbar. „Wir sollen dir glauben? Du hast Bill doch die Lösung gegeben damit er das Kraftfeld vernichten und die komplette Welt in Seltsamagedon versenken kann. Du bist ein Verräter, welcher den Untergang der Welt herbeigeführt hat.“, sagte Stan und schlug seinen Kopf ein weiteres Mal gegen das massive Holz. Es knackte. Dipper stöhnte. Sein eigener Großonkel hatte ihm die Nase gebrochen. Der Mann, zu dem er als Kind aufgesehen hatte. Der Mann, welcher ihn geliebt hat, auch wenn er es nicht zeigen konnte. „Bitte… es tut weh…“, schluchzte Dipper. „Es hat noch gar nicht richtig angefangen. Warte ab, bis du auf Manly Dan triffst oder Melody. Das was wir dir antuen, wird gnädig sein.“, erklärte Ford.
Stan zerrte ihn hinter sich her. Hinab in das versteckte Labor. Dipper musste feststellen, sie hätten es umgebaut. Es sah nun mehr aus wie der Bunker den er damals als Kind mit Wendy, Sooz und Mabel im Wald gefunden hatte.
Er hörte Stimmen. Bekannte Stimmen. Unbekannte Stimmen. Seine Freunde waren alle da. Hinter dieser Tür. Dipper wusste nicht, was er tuen sollte. Stan lockerte seinen Griff nicht, gab ihm nicht die Möglichkeit zu fliehen. „B-Bitte... Ich habe... Ich habe das doch alles nur für euch getan...“, schluchzte Dipper und versuchte sich zu befreien. Doch sein Körper war zu schwach. Im Gegensatz zu Stan hatte er schon ewig nichts mehr gegessen oder getrunken. Die Zeit, welche er im Alptraumreich verbracht hatte, war die Hölle gewesen und hatte ihre Spuren hinterlassen. „Hör auf zu reden. Wer weiß was Bill dir eingeredet hat. Denkst du wirklich, wir glauben wir auch nur ein Wort von dem was du sagst?“, fragte Ford. „Grunkle Ford, bitte! Ich flehe dich an.“, schluchzte Dipper, bekam dafür aber nur einen Schlag von Stan. Keuchend sank er in die Knie. Ihm wurde schlecht. „Hör auf dich zu verhalten, als wärst du ein Mädchen.“, zischte Mabel und er hörte die metallische Tür aufgehen. Dipper hielt sich die Hand vor den Mund, spürte seine Magensäure aufsteigen.
Wieder zerrte man ihn auf die Beine, schleppte ihn hinter sich her und schmiss ihn auf den Boden. Der Aufprall war schmerzhaft. Aber es zeigte ihm, dies war die Realität. Die Einwohner von Gravity Falls hassten ihn. Für seine Familie war er ein Verräter. Und egal was er sagte, sie würden ihm nicht glauben. Er ballte seine Hände zu Fäusten. Wieso konnte er nicht aufwachen? Wieso konnte er nicht aufwachen und realisieren das all das hier nur ein Traum war. Das nichts der Wirklichkeit entsprach. Er wollte aufwachen, sehen das Wendy, Sooz und all die anderen nicht tot waren, sondern Ihrem ganz normalen Alltag nachgingen. Aber dem war nicht so. Er versuchte sich aufzurichten, hob aber nur den Kopf, mehr schaffte sein geschundener Körper nicht mehr. Er wollte sterben. Sein Körper schmerzte, sein Magen fühlte sich an, als würde er sich selbst fressen. Atmen fiel ihm unglaublich schwer und sein Kopf drehte sich, spielte ihm Bilder vor. Dipper fühlte sich fremd in seinem eigenen Körper.
„Schau an, wen haben wir da? Den Verräter.“, sprach jemand. Jemand anderes spickte ihm ins Gesicht. Dipper verzog nicht eine Miene. Er hatte es verdient. Wenn seine Familie recht hatte, dann war er schuld daran das die Welt im Chaos versank. „Fühlst du dich schuldig? Wegen dir sind Menschen gestorben. Menschen die es nicht verdient haben zu sterben. Menschen, die du niemals hättest Freunde nennen dürfen!“, sagt eine Stimme. Pacifica stand vor ihm. Ihre einst so langen Haare waren kurz geschnitten. Sie trug kein Make-Up und einen selbstgestrickten Pullover von Mabel. Diese würde Dipper immer und überall erkennen. Hatte er doch selbst hunderte von diesen Dingern. Dann hob Pacifica die Hand und schlug ihm mitten ins Gesicht. Ihre langen Nägel rissen seine Wange auf. Er spürte das Blut über seine Wange laufen. Hinab auf sein Shirt. „Wie kannst du nur hier hocken und uns ansehen, als wären wir die Schuldigen?“, spie Mabel aus. Dipper hatte den Blick gesenkt.
„Ich habe eine Frage an dich.“, flüsterte eine Stimme. Dipper traute sich nicht aufzuschauen, doch jemand anderes riss an seinen Haaren und somit seinen Kopf in den Nacken. Vor ihm stand Melody. Die ebenfalls einst so wunderschöne Frau war gebrochen. Mabel hatte es erzählt. Sie hatte ihren Mann verloren. Sie hatte die einzige Person verloren, die ihr mehr bedeutet hatte als ihr eigenes Leben. Und alles war Dippers Schuld. „Bist du dir bewusst, was wir alles für dich aufgegeben haben? Wir haben Kinder verloren, wir haben Partner verloren. Wir haben Familie verloren. Nur um dich zu retten. Und doch sitzt du vor uns und tust so als wärst du das Opfer. Wie kannst du nur damit leben?“, fragte Melody. Ihr Blick bohrte sich in seine Gedanken. „Ich…“, Dipper fehlten die Worte. Sie blieben ihm im Hals stecken. Nein, eigentlich gab es keine Worte um auszudrücken was er momentan empfand. Wieder senkte er den Blick, starrte auf den Boden. „Du bist erbärmlich. Du wirst mit deinem mickrigen Leben niemals wieder gut machen können, was du zerstört hast.“, Pacifica bohrte ihm ihren Finger in die Brust. „Du wirst bezahlen.“, hauchte sie ihm ins Ohr. Stieß sich von ihm ab und führte Melody fort von der Masse.
Jemand trat Dipper. Ein anderer schlug ihn. Dipper reagierte nicht. Wieso auch? Die Menschen hatten alles recht. Sie konnten ihm antuen, was immer sie wollten. Er hatte sie verraten und ausgeliefert. Dipper verdiente jede Bestrafung, welche die Welt für ihn geplant hatte. Er würde alles akzeptieren.
Stan brachte ihn tiefer in den Bunker. Zurück in die Dunkelheit, dann ließ er ihn wieder alleine. Dipper hatte ihn angefleht bei ihm zu bleiben. Er würde durchdrehen, wenn er weiterhin alleine in der Dunkelheit blieb. Aber der ältere Mann hatte ihn zu Boden geschlagen, hatte die Zelle abgesperrt und war gegangen.
Dipper verzog sich in die hinterste Ecke. Machte sich so klein wie möglich. Monate waren vergangen in denen er in dieser Position verharrt hatte. Sein Körper war es gewohnt, in dieser schmerzhaften Position zu verharren. Erschöpft schloss er die Augen. Sein Körper gab auf. Lange würde er nicht mehr durchhalten. Vielleicht würde er ja sterben, bevor er sich den Konsequenzen stellen musste. Ein leises Lachen verließ seine trockene Kehle. Dipper hatte sich nie für einen Feigling gehalten. Schon gar nicht, nachdem er akzeptiert hatte das er alle Bestrafung verdiente. Aber der Verrat seiner Familie war der finale Messerhieb in sein Herz. Es lag in Scherben vor ihm, genau wie sein Verstand. Er wäre gerne mutig genug um sich selbst das Leben zu nehmen. Aber er war ein Feigling. Es wäre so einfach. Er müsste nur etwas spitzes finden. Es wäre ein einziger Schnitt. Und alles wäre vorbei. Die Last wäre von seinen Schultern genommen und die Welt hatte bekommen was sie verlangte. Dipper Pines wäre tot. Für immer. Niemand würde auch nur eine Träne vergießen. Warum sollte jemand auch für einen Verräter und Feigling eine Träne vergießen? Mabel hatte es ihm klar gemacht. Für sie war er nicht mehr ihr Bruder. Ihr Bruder war vor Monaten gestorben. Er lachte verzweifelt. Wäre es nicht besser gewesen, wenn sie ihn bei Bill gelassen hätten? Bill würde ihn nicht hassen. Bill würde ihm nicht wünschen das er litt. Er wollte zu Bill zurück. Er würde dem Dämon alles geben, alles was er verlangte, nur damit dieser ihn nicht von sich stieß. Tränen ließen über seine Wangen, brannten in den Wunden, welche Pacificas lange Nägel hinterlassen hatten. „B… Bill.“, flüsterte er, ehe Dipper das Bewusstsein verlor.
Als Dipper das nächste Mal wach wurde, befand er sich nicht mehr in seiner Zelle. Er saß, auf einen Stuhl gefesselt in einem hellerleuchteten Raum. Seine Arme hinter seinem Rücken mit einem Ledergürtel zusammengebunden. Seine Füße mit Kabelbindern an die Fußbeine gebunden. Ängstlich sah er sich um.
„Schön, das schlafende Prinzesschen ist aus seinem Schlaf erwacht. Wurde auch mal Zeit.“, vor ihm bauten sich Stan und Ford auf. Ein dicker Kloß bildete sich in Dippers Hals. Was hatten die beiden Männer vor?
„Dipper, sag uns, wie kann man Bill Cipher vernichten?“, fragte Ford. Der Junge schüttelte den Kopf. Ford seufzte. Dann fuhr er sich durch die grauen Haare. „Wieso musst du so stur sein?“, fragte er. Stan schlug ihn. Sein Kopf flog zu Seite und er schmeckte das Blut. Erschrocken spuckte er dieses aus. „Wie kann man Bill Cipher besiegen? Sag es uns. Wir können dieses Spiel den ganzen Tag spielen. Letzten Endes wirst du es sein, der leidet. Für uns bist du nur ein Dämon in Menschengestalt.“, erklärte Ford. „Ich… weiß es nicht…“ keuchte Dipper. Wieder schlug Stan ihn. Dieses Mal in den Magen. Dipper wäre am liebsten nach vorne gesunken, doch seine zusammengebundenen Arme hinderten ihn daran. Er ließ den Kopf hängen. Tränen ließen über seine Wangen. „Wie vernichten wir Bill Cipher?“
Dipper wusste nicht wie lange diese Tortur ging. Irgendwann musste er bewusstlos geworden sein.
Jeden Tag aufs neue fanden die Bewohner von Gravity Falls Möglichkeiten ihn an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Dipper zerbrach. Langsam, qualvoll, Stück für Stück. Neben seinem zerbrochenen Herzen lagen nun neue Scherben. Nun war auch sein Verstand endgültig zerbrochen.
Er sprach nicht mehr, wurde er doch jedes Mal bestraft, wenn er auch nur einen Laut von sich gab. Reagierte nicht mehr. Bewegte sich nicht mehr. Existierte einfach nur vor sich hin. Ihm war es in den letzten Wochen sich egal geworden ob er sterben würde oder nicht.
Dreimal hatte er es beinahe geschafft. Lange Narben zierten seine Arme. Waren nur sporadisch verarztet worden. Allerdings, war es ihm egal.
Bill lachte. Alles funktionierte so wie es sollte. Und nun war sein großer Auftritt. Nun würde er der strahlende Ritter sein, der Dipper Pines retten würde. Er hatte den Jungen die ganze Zeit beobachtet, während seine Freunde Dippers Verstand vernichteten. Dipper gehörte ihm.
„Verläuft alles nach Plan oder warum bist du so glücklich?“, fragte Tad. Bill sah ihn an. „Oh ja. Pinetree gehört mir. Ich werde es sein, der seinen Verstand repariert. Der ihn vor seiner Familie und seinen Freunden rettet. Er wird auf mein Wort hören, wie das folgsame Haustier das er sein soll. Und dann werde ich seine Familie vernichten. Pinetree wird nicht eine Träne vergießen.“, lachte Bill. Er rieb sich die Hände.
Bill liebte es, wenn Pläne so funktionierten, wie sie sollten.
Der Junge wurde von lautem Geschrei geweckt. Was auch immer dort draußen vor sich ging, es interessierte ihn nicht.
„Pinetree?“, flüsterte jemand nahe an seinem Ohr. Er reagierte nicht. „Pinetree. Ich bin es. Bill.“, flüsterte die Stimme. Bill? Der Junge sah auf. Vor ihm stand der Blonde Dämon. Der Blonde, von dem er nachts träumte. Von dem er vor langer Zeit gehofft hatte, das er ihn retten kommen würde. „Komm Pinetree. Du bist sicher.“, flüsterte Bill. Wieso nannte er ihn Pinetree? War das sein Name? Der Junge konnte sich nicht erinnern. Aber an Bill konnte er sich erinnern. Bill würde er niemals vergessen. Bill, der ihn nicht gefoltert hatte. Bill, der sich um ihn sorgte. „Ich bin hier um dich zu retten. Diese dreckigen Menschen sind tot. Sie werden dir nie wieder weh tuen können.“, flüsterte Bill. Der Junge streckte die Hand nach ihm aus. Berührte seinen Arm. Streckt den anderen Arm ebenfalls aus. Dann bewegte Bill sich und drückte ihn an seine Brust. „Ich werde dich immer beschützen.“, flüsterte Bill.
Bill trug Dipper in beiden Armen. Schritt über tote Körper, welche einfache Dämonen in Wirklichkeit waren. Aber all das müsste Dipper niemals erfahren.
Der Junge wachte in einem ihm unbekannten Raum auf. Allerdings lag er in einem unglaublich weichen Bett. Wo war er? Wieso war er hier? Wieso war er nicht tot? Er hatte den Tod verdient. Das hatten die Leute ihm klar gemacht. Er war ein Monster. Er war es nicht wert am leben zu sein. „Du bist es nicht wert? Oh Pinetree. Mein armer, armer Pinetree. Was diese Leute dir eingeredet haben, waren Lügen.“, sagte Bill. Dipper drehte den Kopf. Der Blonde stand mitten im Raum. „Schön das du wach bist. Ich wusste, dich bekommt man nicht so schnell klein.“, lachte der Blonde und ließ sich neben ihm auf dem Bett nieder. Die Matratze senkte sich und Dipper konnte nicht anders, als den Mann neben sich anzustarren. „Ich bin real. Du bist in Sicherheit. Bei mir wird dir nie wieder etwas geschehen. Und ich verspreche dir, wir werden alle Menschen finden, die dich auch nur ein wenig verletzt haben. Die dich beleidigt haben. Pinetree, die Menschheit wird dafür bezahlen, was sie dir angetan hat. Das schwöre ich dir.“ Dipper nickte. Er glaubte Bill. Bill hatte ihn gerettet. Dieser Mann würde ihn niemals belügen. Und er wusste, Bill würde ihn niemals verlassen. „Wie kann man einer so wunderschönen Seele wie deiner so viel Leid antuen? Du bist so einzigartig, genial, wunderschön. Du hast das alles nicht verdient. Jeder, nur du nicht. Dir wird nie wieder so etwas geschehen. Das schwöre ich dir. Pinetree, glaub mir, dir wird sowas nie wieder passieren. Meine Freunde sind deine Freunde. Wenn du dich einsam fühlst oder Angst hast. Egal was ist, sprich mit uns. Wir werden an deiner Seite sein.“, Bill nahm seine Hand und hob sie an seine Lippen. „Vertrau mir. Nur mir. Niemand anderem.“ Und Dipper vertraute ihm.
Bill lächelte, als der Junge in seinen Armen einschlief. Für Dipper Pines waren Wochen voller Folter, Qual und Terror vergangen, für ihn, weniger Stunden. Das all das, was Dipper durchgemacht hatte nur vorgespielt war, musste der Junge niemals erfahren. Das seine wirkliche Familie in Gravity Falls nach einer Lösung suchte um ihn zu retten und Bill zu vernichten, musste Dipper nicht wissen. Es spielte keine Rolle mehr. Dipper Pines war gebrochen, durch den Verrat seiner ehemaligen Freunde und seiner Familie. Und Dipper Pines würde Bill blind folgen. Nun war es an der Zeit den richtigen Spaß zu starten.
Vorsichtig betrat Bill Dippers Gedankenwelt. Es war leer und wirkte vollkommen falsch. Aber die Torturen, welche Dipper durchmachen musste hatten den Jungen verändert. Schade, fand Bill. Er mochte Dippers Gedankenwelt. Aber es war zum besten aller.
Bill fand, wonach er suchte. Soweit abgelegen wie nur möglich lag die zerstörte Shack. Die Eingangstür lag zerbrochen am Boden. Die Fenster waren zersplittert. Es war ein Bild des Grauens. Und hätte Bill Mitleid empfinden können, so würde er es in diesem Moment tuen. Doch Bill war ein Dämon. Ein mächtiger noch dazu. Und je mächtiger ein Dämon war, desto weniger Gefühle gab es für ihn.
Er betrat das zerstörte Gebäude, bahnte sich seinen Weg durch zerstörte Möbel, zerbrochenes Glas und Knochen, hinauf in das Zimmer der Zwillinge. Dort fand er, wonach er all die Jahre gesucht hatte.
Das Tagebuch. Dipper Pines hatte es tief in seiner Gedankenwelt versteckt. Und Bill hatte er gefunden. Schnell laß er sich alles durch was er benötigte, dann verbrannte er das Exemplar der Gedankenwelt. Dipper sollte nie wieder auch nur einen Gedanken an dieses Buch verschwenden. Jeder einzelne seiner Gedanken sollte sich nur noch um Bill drehen.
Er verließ die Shack wieder, drehte sich noch ein letztes Mal um, dann stand auch das verfallene Gebäude in Flammen. Wären noch glückliche Erinnerungen an seine Familie oder Freunde da gewesen, Bill zerstörte sie in diesem Moment.
Als Bill aus der Gedankenwelt trat, schlief Dipper noch. Er sah den Jungen ein letztes Mal an, dann stand er auf.
Außerhalb des Zimmers standen Tad und Kryptos. „Und?“, fragte Kryptos grinsend.
„Lasst die Party beginnen.“