Langsam ging Sezuna die Gänge des Supermarktes entlang. Auch, wenn es ihr zutiefst zuwider war, nochmal an diesen Ort zurückzukehren, so war ihr doch klar, dass sie früher oder später keine andere Wahl haben würde.
Sie schob den Einkaufswagen weiter, bis sie endlich das Salz entdecke, und packte gleich zwei Packungen in den Einkaufswagen. Selbst, wenn sie nochmal in das Hotel zurückkehren würde, würde sie dies nicht ohne Vorkehrungen machen.
Sie hatte in vielen Büchern gelesen, dass Salze ein gutes Mittel gegen Geister sein sollten. Allerdings verstand sie nicht wirklich den Zusammenhang... zumindest noch nicht. Doch das war ihr egal. Hauptsache es wirkte.
Sie zögerte kurz, als sie darüber nachdachte weiterzugehen, als sie doch noch nach drei weiteren Packungen griff.
Sie konnte sich gar nicht genug absichern.
Sie wollte gerade weiter gehen, als Orion um die Ecke kam, die Arme vollbepackt mit verschiedenen Sorten von Frühstückscerealien.
Verwirrt runzelte Sezuna die Stirn und blickte Orion an.
„Das soll gegen Geister helfen?“, fragte sie mit einem leisen Lachen und griff im nächsten Gang nach einigen Töpfen roter Farbe. Vielleicht würden die Symbole, welche die Rothaarige in einigen Büchern gefunden hatte, gegen diese gruseligen Existenzen helfen.
„Irgendwas muss ich ja essen. Und ich bin meist zu faul, mir irgendwas zuzubereiten“, antwortete der Werwolf, wobei sich sogar ein kleines Lachen auf seine Lippen schlich und folgte ihr langsam.
„Stimmt, das wäre auch eine Maßnahme“, murmelte sie und dachte dann nach.
Sie hatte einige Dinge gesehen, die sie selbst sehr gerne aß. Und auch einige, die Kaden gern hatte.
Vielleicht sollte sie einige davon mitnehmen.
„Hast du irgendwo Feueranzünder gesehen?“, wollte die Rothaarige schließlich wissen.
Immerhin hatte sie gelesen, dass es helfen würde, wenn sie die Gebeine der verstorbenen Geister verbrennen würden.
Oder das Grab mit Weihwasser übergießen.
Nur wusste sie nicht so genau, wo sie Weihwasser her bekommen sollte.
„Ja, ich gehe welche holen. Wir sollten vielleicht auch Benzin besorgen“, rief Orion ihr noch nach, nachdem er bereits um die Ecke verschwunden war.
Nachdem sich die Vampirin einige Lebensmittel mitgenommen hatte, ging diese weiter, als Orion auch schon mit drei Packungen Feuerzeugen zurückkam und diese in den Einkaufswagen warf.
„Wie kommt es eigentlich, dass du dich mit... den Sachen hier... so gut auskennst?“, fragte der Mann und vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen.
Sezuna lächelte, ehe sie leise, so dass es niemand anderes, außer Orion hören konnte, sagte: „Ich habe mich darüber viel belesen. Das ist alles.“
Dabei blickte sie sich suchend um. Es wäre wirklich nicht toll, wenn jemand bemerkt, dass sie sich seltsam, oder anders verhielten.
Gerade, weil Orion ja durch den Supermarkt gebrüllt hatte, dass sie Benzin brauchten. Was das wohl für einen Eindruck machte?
„Ich wusste gar nicht, dass es Bücher darüber gibt“, gab dieser zurück und schien nicht falsches an seinem Verhalten zu sehen.
Unbeschadet ging der Werwolf neben der Vampirin her und musterte sie nun eingehender von der Seite, während sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen schlich.
Irritiert schielte Sezuna zu ihm hoch, die nicht ganz wusste was er von ihr wollte.
„Gibt es“, murmelte sie, aber eher, um das Gespräch am Laufen zu halten.
„Außerdem habe ich eine extra Ausbildung für solche Art von Einsätzen“, fuhr sie leise fort und ihre Augen suchten nach möglichen Zuhörern.
Irgendwie fühlte es sich an, als wäre Orion ein Elefant im Porzellanladen.
Orion, der ihren suchenden Blick bemerkte, seufzte und blickte sich ebenfalls unauffällig um.
„Ich hab schon wieder was Falsches gesagt, oder? Das ist... neu für mich. Ich meine ich bin nicht neu auf dem Gebiet, aber noch nie... du weißt schon“, deutete er ihr stotternd an und setzte seinen Weg, neben der Rothaarigen, zögerlich fort. „Es ist irgendwie komisch. Lika und ich sind schon seit Jahren ein eingespieltes Team. Und sie suchte immer bei mir Schutz, doch hier scheint sie besser reinzupassen als ich.“ Sein Blick ging zwar in die Gänge, doch Sezuna sah ihm an, dass seine Gedanken auf Wanderschaft gingen. „Ich glaube, um ehrlich zu sein auch nicht, dass ich wegen meinen Fähigkeiten hier bin.“
Sezuna zuckte die Schultern.
„Im Grunde ist es doch egal, warum du hier bist, oder? Du bist hier und es ist eine Erfahrung, die du machen kannst. Nutze sie und lerne etwas draus“, meinte die Rothaarige und schenkte ihm dann ein charmantes Lächeln. „Außerdem können wir dich ganz gut gebrauchen.“
Orion sah sie überrascht an und zog die Augenbrauen hoch.
„Brauchen, für was denn?“, fragte der Werwolf und musste gestehen, dass er wirklich etwas neugierig war.
Die junge Vampirin überraschte ihn wirklich. Er hatte auch nie erwartet, dass in einem so kleinen, zierlichen Körper, so viel Wissen und Macht stecken konnte. Andererseits musste es ja einen Grund geben, wieso sie hier war.
Sezunas Lächeln verrutschte nicht einen Augenblick.
„Spätestens im Hotel wird sich zeigen, warum du dabei bist. Da bin ich mir ziemlich sicher. Außerdem ist ein starker, junger Mann immer sehr hilfreich“, erklärte sie und sprach absichtlich so undeutlich, weil sie sich langsam auf einen belebteren Bereich zubewegten.
Geschickt lenkte Sezuna den Einkaufswagen zwischen der Menge hindurch, ohne jemanden oder etwas zu berühren. Orion, der immer noch ein wenig abwesend schien, lief versehentlich gegen eine junge Frau mit schwarzem, langen Haar, welches ihr rechtes Auge verdeckte. Diese zuckte bei der Berührung unweigerlich zusammen.
Gerade, als Orion zu einer Entschuldigung ansetzen wollte, verschwand die Frau auch schon zwischen den Regalen. Merkwürdig, diese Menschen.
„Sei dir da mal nicht so sicher“, flüsterte Orion und holte einmal tief Luft. „Brauchen wir noch etwas?“, fragte er nun in normaler Lautstärke, in der Hoffnung das Thema zu wechseln.
Sezuna dachte kurz nach und betrachtete dann den Einkaufskorb. Er war gefüllt mit allerlei Dingen, aber vorrangig mit Essen für die nächsten Tage. Und das für vier Personen.
„Ich komme gleich wieder“, erklärte die Rothaarige und ließ Orion mit dem Wagen einfach stehen.
Schließlich kehrte sie zurück und hatte einige Zutaten im Arm. Mehl, Eier und einige andere Dinge.
„Was willst du damit?“, fragte Orion skeptisch.
Sezuna zuckte die Schultern. „Ich dachte mir, ich mache heute Abend für uns alle Tortellini.“
Ohne weitere Umschweife, bewegte sich Sezuna in Richtung Kasse und stellte sich an die kürzeste Schlange an, um ihre Einkaufe auf die Magnetbahn zu legen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du kochst“, gab Orion lachend zu und half der Vampirin die Einkäufe hoch zulegen.
„Ich koche recht gern, aber bisher empfand ich es immer als unnötig“, erklärte die Rothaarige und lächelte Orion zufrieden an.
Orion hob eine Augenbraue, was Sezuna leise kichern ließ.
Irgendwas schien sie besonders witzig zu finden, nur konnte Orion ihr nicht richtig folgen.
Was meinte sie damit? Auch, wenn der Wolf am liebsten nachgefragt hätte, so hielt er sich dennoch zurück, da er sich vornahm, mehr auf seine Worte zu achten.
Als die Einkäufe eingepackt waren, verließen die beiden den Laden und machten sich auf den Weg zurück zum Wohnheim, da sie sich dort mit den anderen beiden treffen wollten, um alles zu besprechen.
Unweigerlich musste der Dunkelhaarige an Lika denken und ob der Vampir denn nichts mit ihr anstellte. Tatsächlich war das einer seiner größten Sorgen, da er Sezuna schon als eine Art kleine Schwester sah und den Drang besaß sie zu schützen.
„Du sagtest doch, du und dieser Kaden kennt euch recht gut, oder?“, setzte er vorsichtig an, worauf Sezuna nur beiläufig zustimmend nickte. „Denkst du... er würde Lika... meinst du er würde irgendwas bei ihr... versuchen?“ Sezuna merkte bereits, dass Orion mit den richtigen Worten rang und konnte auch aus seinem Gesicht seine Besorgnis lesen.
Sezuna hob geistesabwesend die Hand und begann mit dem Ohrring zu spielen, den sie am rechten Ohr trug.
Es war ein Schmetterling.
„Nein. So ist er nicht“, begann sie und ihre Hand glitt durch ihre Haare, ehe sie eines ihrer Haarbänder fand und damit weiter spielte.
„Er würde sie höchstens ein wenig ärgern, aber er würde ihr nicht weh tun, oder sie ohne Erlaubnis anfassen“, bemerkte sie, weil sie ahnte, worauf Orion hinaus wollte.
Ihr Blick war dabei in die Ferne gerichtet und es klang auch nicht so, als würde sie mit Orion sprechen.
Eher, als würde sie versuchen sich selbst zu beruhigen.
Ein wenig verunsichert runzelte der Werwolf die Stirn, da dieser schon beinahe automatisch auf Sezunas Herzschlag geachtet hatte. Dieser war zwar konstant, jedoch mit einigen unregelmäßigen Schlägen. Es war keine Lüge, definitiv nicht. Es war eher die Unsicherheit, über die sich Sezuna nicht im Klaren war.
„Ich hoffe du hast Recht“, murmelte er und rechnete mit Likas gesundem Verstand, sich nicht auf so einen Typen einzulassen.