Zwei Tage nachdem Orion und Sezuna ihr 'Picknick' auf dem Friedhof hatten, gab es Gerüchte über Grabräuber, doch niemand schien auch nur in die Richtung der vier Wesen zu schauen.
Was gut war. So konnten sie sich in aller Ruhe auf ihren ersten Unitag vorbereiten.
Während Lika völlig nervös und aufgeregt war, freute sich Sezuna auf die neuen Leute, die sie kennenlernen konnte.
Allerdings war sie auch beruhigt, weil sie wusste, dass alle vier zusammen gehen würden. So musste sie sich keine Gedanken machen, dass sie sich verlief.
„Gott ist das ungewohnt wieder zur Schule zu gehen, dabei war ich so erleichtert, als das ständige maßregeln der Lehrer aufgehört hat“, gab Kaden lustlos von sich und spielte bereits jetzt mit dem Gedanken den ersten Tag zu schwänzen.
Sezuna, die bereits diesen Gesichtsausdruck kannte, hob eine Augenbraue, während sie Kaden musterte.
„Du musst ja nicht gut sein. Und es ist eine Uni. Das soll nicht wie Schule sein“, bemerkte die Rothaarige ruhig, aber ein wenig kühler, als es Kaden sonst von ihr gewohnt war.
Der Blonde zuckte die Schultern. „Da steht einer vorn und labert dich zu und du musst ruhig sein und zuhören. Ich seh da keinen Unterschied“, gab er von sich und Sezuna strahlte.
„Neue Dinge zu lernen ist doch spaßig“, sagte sie und schien total motiviert, während sie neben Kaden und Lika über das Gelände der Uni lief.
„Tzz“, gab Kaden zischend von sich und wandte den Blick ab. „Immer noch derselbe Streber wie damals“, murmelnd schielte er zu der blauhaarigen Werwölfin, die sichtlich nervös war. Etwas das man ihr auch ansehen konnte, ohne ihre Gefühle zu lesen.
Kaden beugte sich etwas nach vorn, um an Lika vorbeizusehen wo Orion neben ihr herlief.
„Dein Welpe bepinkelt sich gleich willst du nicht irgendwas tun?“
Seufzend schloss Orion und Augen und versuchte sich zu sammeln.
„Nenn sie noch einmal so, und du wirst dich gleich selbst bepinkeln“, gab Orion gepresst zurück und versuchte seine Wut auf Kaden nicht offen zu zeigen. Ein Streit zwischen Vampir und Werwolf würde sicherlich mehr als auffällig werden bei dem Kollateralschaden der daraus entstehen würde und Orion hatte sich innerlich vorgenommen Sezunas Beispiel zu folgen und sich zurück zu halten.
Die Rothaarige, an die Orion gerade dachte, schien die Situation ein wenig entschärfen zu wollen, denn sie hackte sich bei Lika unter und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
„Nervös zu sein ist doch völlig normal“, versicherte sie und trat Kaden einmal, fast schon unauffällig gegen das Bein, damit dieser die Klappe hielt.
Lika lächelte ein wenig wackelig zurück. „Ich weiß“, sagte sie mit zitternder Stimme, doch ihre Nervosität legte sich nicht.
Kaden rollte die Augen und unterdrückte das Verlagen zurück zu treten. Dafür würde er sich später noch rächen.
Langsam legte Orion ihr eine Hand auf die Schulter, um sie ein wenig zu beruhigen. „Denk einfach an die Worte die ich dir auf dem Weg zum WeVa gesagt habe in Ordnung?“
Lika nickte zögerlich.
Sie war tatsächlich ein wenig ruhiger, doch als sie den Haupteingang erreichten und jeder sie anstarrte, würde sie am liebsten im Boden versinken.
„Was für krasse Haare“, hörte sie jemanden flüstern und wusste nicht, ob man sie, oder Sezuna meinte.
„Die Augen. Das sind bestimmt Kontaktlinsen“, flüsterte eine andere junge Frau ihrer Freundin zu.
Dabei zeigte sie unverhohlen auf Lika und Sezuna.
Aber auch die beiden Männer wurden in die Tuscheleien mit einbezogen. Es wurde bereits jetzt spekuliert, wer mit wem zusammen war.
Lika lief rot an und verfluchte zum ersten Mal ihr feines Gehör ohne, dass sie diese Gespräche vermutlich nicht mitbekommen würde.
„Ist ja ekelhaft“, flüsterte Kaden, der gerade einige Gesprächsfetzen auffing bei denen ein Mädchen davon ausging, dass er und Sezuna zusammen sein mussten. „Das wäre ja so, als würde man mich mit meiner Schwester verkuppeln wollen.“
Mit diesen Worten rückte er ein Stück von der Rothaarigen ab, da ihm der Abstand zwischen ihnen plötzlich viel zu gering vorkam.
Sezuna, die ihre Aufmerksamkeit den Leuten schenkte und daher viel mehr hörte, als Kaden, lachte plötzlich laut und melodisch auf.
So laut, dass alle Blicke auf ihr lagen.
„Was ist?“, fragte Lika ein wenig erschrocken, denn die Rothaarige schien sich nicht mehr ein zu bekommen.
Glucksend versuchte sie sich wieder zu fangen, doch ihr standen bereits Lachtränen in den Augen.
Kaden der das ansteckende Lachen durch Sezunas Gefühle gerade noch so unterdrücken konnte, sah nach unten, um sich nicht von der Vampirin beeinflussen zu lassen.
Auch Orion zog verwundert eine Augenbraue hoch, der dem Getuschel der Mitschüler überhaupt keine Beachtung geschenkt hatte.
„Was ist denn nun?“, fragte Lika, die total neugierig geworden war und zupfte an Sezunas Oberteil.
Dieses bestand aus einem schwarzen, kurzärmligen Kleid, dass sie über ein dunkel violettes, langärmliges Oberteil gezogen hatte, bei dem die Ärmel so weit gingen, dass es für die Daumen extra Löscher gab.
Der Rock des Kleides reichte bis kurz vor die Knien und ihre schlanken Beine waren in dunkelviolette Strumpfhosen gehüllt.
Generell betonte das Outfit ihre Figur sehr, weshalb sie immer wieder prüfende Blicke der jungen Männer einfing.
Doch das schien sie gar nicht zu interessieren. Sie lachte noch immer über eine Bemerkung einer jungen Frau, die es sich in den Kopf gesetzt hatte Sezuna und Kaden auseinander zu bringen, damit sie sich an Kaden ran machen konnte.
Nur leider wusste Sezuna zu genau, dass diese Frau absolut nicht Kadens Geschmack traf. Vielleicht würde er sich zu einem One Night Stand hinreißen lassen, aber auch das glaubte Sezuna kaum.
Selbst für die Rothaarige war zu sehen, dass diese junge Frau enorm viel Gift versprühte.
Der Vampir an ihrer Seite jedoch hatte nichts von dem Gespräch mitbekommen, da er keinerlei Reaktion zeigte, außer denen die von Sezuna überliefert wurde.
„Reiß dich gefälligst zusammen Kätzchen!“, zischte er mit hoch rotem Gesicht, da er sich allmählich schwer tat den Lachanfall zu unterdrücken.
Er biss sich auf die Zunge als er sie wieder aus Gewohnheit bei ihrem Spitznamen genannt hatte.
Die Vampirin verschluckte sich vor Lachen und so klang der Lachanfall in einem Hustenanfall aus.
Natürlich war auch ihr nicht entgangen, dass er sie Kätzchen genannt hatte und die Verwunderung darüber hatte den Lachanfall gestoppt.
Zum Glück.
Sie hatten mittlerweile auch das Hauptgebäude betreten und standen nun vor einer Treppe.
Links und rechts gab es Türen, welche in eine Art Mensa-Gebäude führten.
Dieses kannte die Gruppe bereits von vergangenen Tagen.
Dennoch schienen nun alle ratlos.
Wo war nun diese Veranstaltung, zu der sie sollten? Irgendeine Einführungsveranstaltung in diesem Gebäude.
Der Vampir, der erleichtert die Luft ausblies die er zuvor angehalten hatte, schien weniger ratlos zu sein da er bereits davon ausging, dass Sezuna sich die Pläne der Schule angesehen hatte und sogar wusste wo der Abstellraum war.
Zumindest musste er sich so keine Gedanken machen und musterte stattdessen die anderen Studenten in den Gängen. Dabei stach ihm eine junge Frau mit rabenschwarzen Haaren ins Auge, die zu der Gruppe hinüber starrte.
Kaden runzelte verwundert die Stirn. Er erinnerte sich an sie. Es war Likas Mitbewohnerin, die ihn vermutlich für Likas Liebhaber hielt. Vermutlich sah sie deswegen so verstört zu den vier rüber.
Auch wenn Kaden die Vorstellung mehr als amüsant empfand, wie Lika wie eine Tomate rot anlief, bei dem Gedanken jemand könnte so über sie beide denken, so war ihm die Schwarzhaarige doch ein wenig suspekt.
„Hier entlang“, erklärte Sezuna und führte sie durch mehrere Gänge, weg von dem Vorraum.
Kaden spürte, wie einige der Studenten nicht sehr erfreut darüber waren und er bekam sogar ein Gefühl von abgrundtiefen Hass mit.
Doch bevor er schauen konnte, von wem dieses Gefühl ausging, war es schon wieder verschwunden. Die Intensität des Gefühls machte ihm allerdings Sorgen.
Auch wenn er versuchte sich einzureden das vielleicht gerade einfach eine Beziehung zerbröselt war, oder vielleicht auch irgendwo eine Schlägerei stattfand, so konnte er seiner eigenen Lüge nicht wirklich glauben schenken.
Doch darüber würde er sich nun keine Gedanken machen.
Der erste Tag in einer neuen Umgebung war am eindrucksvollsten und er hatte nicht vor diesen ersten Eindruck zu vermasseln.
Zusammen mit den anderen folgte Kaden Sezuna durch diverse Gänge, ehe sie auf eine große Gruppe von Studenten stießen, die wohl alle im ersten Semester waren. Zumindest glaubte Sezuna dies, denn die meisten von ihnen hatten einen Plan der Uni in ihren Händen und suchten mit ihren Augen die Umgebung ab. Alle wirkten irgendwie so, als suchten sie Freunde.