Orion hatte sich zu Lika und Sezuna gesellt und sorgte dafür, dass Lika sich wieder zurückzog.
Sezuna seufzte und trank an ihrem Cocktail. Er hatte einen sehr fruchtigen Geschmack und sie genoss es sichtlich. Als ihr plötzlich etwas einfiel.
„Das Amulett“, brachte sie etwas lauter als gewöhnlich hervor. Sie hasste solche Geistesblitze, weil sie diese immer völlig zusammenhangslos hervorposaunte. Vor allem bemerkte sie an den Blicken von Orion und Lika, dass ihr keiner folgen konnte.
„Was?“, fragte Orion verwirrt der Sezuna nicht wirklich folgen konnte.
Er sah kurz zu Lika die jedoch auch nur mit den Schultern zuckte und wieder zu der Rothaarigen blickte.
„Mir ist nur gerade etwas eingefallen“, erklärte Sezuna und drehte ein wenig geistesabwesend den Cocktail in ihren Händen.
„Erinnert ihr euch an das Bild im Hotel?“, fragte sie und Lika nickte. Orion schien noch immer nicht ganz folgen zu können. „Von den beiden Mädchen. Sie trugen ein Amulett“, erzählte Sezuna weiter.
„Mir kam gerade in den Sinn, dass die Habseligkeiten früher ja veräußert wurden. Daher kann es sein, dass dieses Amulett noch irgendwo ist. Und es sieht aus, wie ein Gegenstand, wo persönliche Dinge, wie Haare, oder Zähne aufbewahrt wurden“, erklärte Sezuna weiter.
Orion, der immer noch nicht ganz verstand worauf sie hinaus wollte runzelte die Stirn. Allein der Gedanke seine Haare oder Zähne aufzuheben schien ihm absurd.
Wieso sollte man so etwas tun?
Andererseits, gab es auch schon verrückter Sachen die die Menschen anstellten, also war die Vorstellung gar nicht mal so abwegig.
„Worauf genau willst du hinaus? Das dieses Amulett an allem schuld ist?“, fragte er da es wohl das war was Sezuna meinte. Doch auch wenn dem so wäre, wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kette noch gar auf diesem Kontinent war? Sie könnte überall sein.
Sezuna nickte. „Um das Problem endgültig zu lösen, muss man sämtliche Überreste vernichten. Sämtliche. Das schließt diese Dinge mit ein. Außerdem“, hier holte sie Luft. „Habe ich das Amulett im Cafe gesehen.“
Lika runzelte die Stirn. „Das könnte auch einfach eine Nachbildung sein“, bemerkte sie. Das Amulett war schön. Vielleicht hatte sich ein Künstler ein Beispiel daran genommen.
Sezuna schüttelte den Kopf. „Nein. Auf dem Bild konnte man einzelne Buchstaben sehen, die eher ungeschickt und unauffällig in den silbernen Rand geritzt waren. Diese Buchstaben habe ich auch auf den anderen Amulett wahrgenommen. Sowas kann man nicht kopieren.“
Das Gesicht des Werwolfs klärte sich auf.
„Das heißt, kein Unfall“, er schien kurz zu überlegen und nickte dann kurz. „Wir müssen so schnell wie möglich an die Halskette kommen. Weißt du noch wo oder bei wem sie war? Würdest du die Person wiedererkennen?“, er hoffte inständig dass dieses Gespuke schnell ein Ende nehmen würde. Er hatte so allmählich die Nase voll von Geistern und Friedhöfen.
Wenigstens musste er nicht wieder ein Grab ausheben.
Sezuna wirkte schon fast beleidigt, als sie Orion wieder ansah. „Natürlich erkenne ich die Person wieder. Ich kann dir sogar sagen, wo sie gerade ist“, meinte die Rothaarige und klang nüchtern.
„Aktuell ist sie gerade da“, damit zeigte sie auf die Tanzfläche und Orion blickte die Leute dort an.
„Wo?“, fragte Lika neugierig, die auch auf die Tanzfläche sah.
„Sie heißt Alexa, wie sie ich uns vorgestellt hat.“
Die drei beobachteten die junge Frau eine Weile, die sich gleichmäßig zum Takt bewegte und sie überhaupt nicht bemerkte.
„Sie?“, fragte Orion verwundert und drehte sich kurz wieder zu Sezuna. Er erinnerte sich daran, als Sezuna mit ihr gesprochen hatte und er Kaden von ihnen weggezogen hatte da er offensichtlich wieder zu sehr er selbst gewesen war. „Denkst du, du kommst an die Kette?“, zweifelte Orion der nun auch etwas um ihren Hals aufblitzen sah. Er bezweifelte irgendwie das es der Frau nicht auffallen würde wenn diese auf einmal weg wäre.
„Ich?“, fragte Sezuna und schüttelte den Kopf. „Sicher nicht. Aber wir können Kaden auf sie ansetzen. Der macht das schon“, versicherte sie.
Wenn sie an etwas keinen Zweifel hatte, dann daran, dass Kaden diese junge Frau um den Finger wickeln konnte. Selbst wenn es vielleicht ein wenig dauerte.
Der Werwolf blickte ihr sichtlich wenig begeistert entgegen.
„Du willst freiwillig den Idioten auf jemanden loslassen?“, fragte er langsam in der Hoffnung, dass es nur ein Scherz war, doch die Vampirin verzog keine Miene.
Orion fiel es schwer zu glauben, dass der Trottel überhaupt für etwas zu gebrauchen war, doch vermutlich hatte sie Recht. Auch wenn der erste Eindruck den Kaden hinterlassen hatte vermutlich nicht gerade der beste war.
Schließlich zuckte Sezuna die Schultern. „Dafür ist er schließlich dabei, oder? Jeder von uns hat sein Spezialgebiet. Wir sollten diese Dinge auch nutzen.“
Lika, die nur mit halben Ohr zuhörte, beschloss jedoch für sich selbst mit Alexa eine Freundschaft aufzubauen. Nicht nur wegen der Kette.
Eigentlich brauchten sie auch nicht die Kette, sondern den Inhalt selbiger.
„Wo ist er überhaupt? Ich bezweifle das du alleine her gekommen bist“, fragte Sezuna möglichst desinteressiert. Seufzend drehte sich Orion zu der tummelnden Menge um und suchte diese ebenfalls mit seinen grünen Augen ab.
„Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung. Er ist abgehauen als er euch gesehen hat“, erklärte der Brünette und drehte sich wieder zu den Frauen, da er eigentlich ganz froh war Kaden los zu sein.
„Hm“, gab Sezuna in ihrer nachdenklichen Art von sich und Lika wurde ein wenig rot. „M... Moment, ihr habt uns gesehen?“, fragte sie und deutete leicht mit den Kopf auf die Bühne. Daran hatte sie ja noch gar nicht gedacht!
Orion zögerte kurz und spielte mit dem Gedanken zu lügen. Es war offensichtlich, dass Lika sich schämte wenn er ihr ewig diesen Schutz bieten würde, würde sich nie was daran ändern.
Schließlich nickte er kurz und schenkte ihr ein kleines Lächeln, um sie hoffentlich zu beruhigen.
„Ja, ihr wart wirklich gut.“
Sezuna lächelte und auch Lika rang sich zu einem Lächeln durch.
„Es hat wirklich Spaß gemacht“, meinte sie leise und schüchtern.
Er senkte den Blick ein wenig und klopfte ungeduldig mit den Fingerkuppen gegen die Tischplatte.
„Was genau... habt ihr eigentlich gemacht?“, auch wenn er es mehr als gut fand, dass Lika ein wenig aus sich raus kam so machte es ihm doch Sorgen das es nicht eskalieren würde. Kurz schielte er zu dem Glas vor Lika. Auch wenn er sich nicht sicher sein konnte, ob es ein alkoholisches Getränk war, da alles hier drin nach Alkohol roch, so ging er doch vorsorglich davon aus.
„Getrunken, getanzt und gesungen“, erklärte Sezuna kurz angebunden und trank noch einen Schluck ihres Cocktails. „Und falls du dir Sorgen machst: Wir haben noch lange nicht genug getrunken, um betrunken zu sein“, fügte sie hinzu und betonte dabei das Wort betrunken.
Der Alkohol der Menschen war teilweise so schwach, dass er zumindest bei Sezuna kaum Wirkung zeigte. Bei Lika achtete sie schon die ganze Zeit darauf, doch auch bei ihr schien noch nicht viel Wirkung eingesetzt zu haben. Außer der Tatsache, dass sie ein wenig aufgeschlossener war.
Nachdem er kurz noch Sezuna gemustert hatte holte er einmal tief Lust und wandte sich dann Lika zu.
„Ok“, mehr hatte er wohl dazu nicht zu sagen, doch es schien eher eine Art Warnung zu sein der Abschluss des Themas. „Ich werde Kaden suchen“, mit diesen Worten stand er auf und verschwand in der Menge.
Lika und Sezuna blickten ihm hinterher, ehe Lika sich wieder abwandte. „Ich möchte mich mit Alexa anfreunden. Ich weiß Kaden soll das machen, aber ich würde auch gerne etwas tun. Und sie scheint nett zu sein“, murmelte die Blauhaarige vorsichtig.
Sezuna blickte sie kurz musternd an. „Wenn du dich mit ihr anfreunden möchtest, weil du findest, ihr wärt gute Freunde, dann tu das. Wenn du es aber nur tun willst, um etwas zu tun zu haben, dann lass es“, erklärte die Rothaarige und brachte Lika so zum Nachdenken.
Überraschenderweise wurde Orion schnell fündig und fand Kaden an einem Tisch sitzend. Scheinbar unterhielt er sich mit jemandem. Als Orion näher herantrat erkannte er sein gegenüber. Der schwarzhaarige mit den grauen Augen bemerkte Orion überhaupt nicht, sondern erhob sich mit einem abschließenden Satz und verließ den Tisch.
„Ich hoffe wir verstehen uns“, waren seine letzten Worte gewesen, bevor er sich hinter zahlreichen Menschen in Luft auflöste.
Ohne zu warten setzte sich Orion auf Reyes ehemaligen Platz und musterte Kaden der sich nachdenklich die Schläfe rieb.
„Was wollte Reyes?“, frage er verwundert, da er dem Kerl immer noch nicht über den Weg traute. Und im Anbetracht der Tatsache, dass sie ihm was schuldig waren befanden sie sich in keiner guten Situation.
„Nichts. Er hat mich nur was gefragt. Und hast du Sezuna rumgekriegt?“, Kaden wechselte verdächtig schnell das Thema und setze wieder dieses arrogante Grinsen auf das dazu einlud draufzuschlagen.
Der Werwolf behielt sich den Schwarzhaarigen im Hinterkopf und konzentrierte sich vorerst auf das wichtigere.
„Sie hat eine Spur. Die Kette auf dem Bild mit den Zwillingen, diese Alexa hat sie. Sezuna vermutet das sich Überreste der Mädchen in der Kette befinden könnten.“
Kaden hob eine Augenbraue und sein Lächeln verrutschte nicht für einen Moment. „Also hast du sie nicht rum gekriegt“, bemerkte er, doch Orion ging nicht darauf ein.
„Du sollst dir das Amulett von Alexa holen. Sezuna meinte, du wärst perfekt dafür. Auch wenn ich mir das nicht vorstellen kann“, hier verdrehte der Werwolf die Augen. „Du verscheuchst die Arme eher.“
„So, so. Verstehe“, entspannt lehnte er sich nach hinten und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf um sich in Selbstgefälligkeit zu suhlen. „Ihr braucht also meine Hilfe, ja?“
Er legte den Kopf ein wenig schief, um sich aufzuspielen.
„Es ist dein Job, uns zu helfen“, zischte Orion mit einer Betonung auf das Wort Job. Er bereute es bereits Kaden aufgesucht zu haben.
„Hm“, machte Kaden nachdenklich, als würde er wirklich darüber nachdenken. Orion hatte Recht, es war sein Job, als Mitglied des Vampir-Rats, doch das hieß nicht, dass er springen würde, sobald ihn Orion darauf hinwies.