Bis zur Mittagspause habe ich noch drei verschiedene Fächer. Kochen, Englisch und Chemie. Als es zur Mittagspause klingelt verlasse ich den Klassenraum und schlendere in Richtung Pausenhof. Der Hof befindet sich in der Mitte der Schule. Er ist groß, begrünt und viereckig. Auf dem Rasen stehen zahlreiche Eisentische mit Bänken darum herum. Im Westen des Schulhofes befindet sich ein Kiosk, an dem heute Nachmittag Salamipizza verkauft wird. Als ich auf den Hof hinaus trete, blendet mich die Sonne, sodass ich meine Augen einige Sekunden lang schließen muss. Ich schnappe mir ein Tablett, einen Teller und Besteck, um mich dann in die Pizzaschlange zu stellen. Als ich dran bin, bezahle ich und die Lunchlady klatscht mir ein großes Stück Pizza auf den Teller. Ich blicke mich um. Wo soll ich mich hinsetzen? Da die meisten Tische besetzt sind, setze ich mich an einen Tisch nahe dem Koch Klassenraum. Meine Pizza ist mit viel Käse und großen Salamis belegt. Ich beiße herzhaft hinein und lasse meinen Blick währenddessen über die essenden Schüler wandern. An einem Tisch sitzen die Emos. Sie haben schwarz gefärbte Haare, trage schwarze Kleidung, Netzstrumpfhosen und schwarzen Lippenstift. Ihre Mundwinkel sind nach unten gezogen und sie lesen sich gegenseitig melancholische Gedichte vor. An einem anderen Tisch sitzen viele muskulöse Jungen mit Footballjacken und Footbällen in den Händen. Sie scheinen die Sportler dieser Schule zu sein. Bei Footballern sitzen auch ein paar hübsche Mädchen mit Cheerleader-Uniformen, die kichern und die Muskeln der Jungen betasten. Das sind die leichten Mädchen, die von kitschigen Hochzeiten, Spaziergängen am Strand und muskulösen Sportlern als Freunde, die jedes Spiel gewinnen und ihnen viel Geld zum shoppen geben. Ich hasse solche Mädchen. Sie sind so naiv. Das Einzig, was ich noch mehr hasse als solche leichten Mädchen sind die Cheerleader-Zicken, die sich für die größte und wichtigste Person der Welt halten. Ich wende meinen Blick schnell ab. "Hey Bethany", ruft mir jemand mit einer mädchenhaften Stimme zu. Ich erkenne die Stimme sofort. Sie gehört Kaya. Ich fahre herum und erblicke das Mädchen. Sie sieht, wie bei unserem ersten Treffen, fabelhaft aus. Ihr Haar hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und sie tragt ein hautenges Top, das ist wunderschönen Rundungen zur Geltung bringt. Jetzt kommt sie zu mir herüber und setzt sich mit ihrem Tablett zu mir:"Ich liebe das Essen hier." Ich sehe sie mit meinem Ist-Das-Dein-Ernst-Blick an und beiße in mein Stück Pizza. Sofort spucke ich es wieder aus:"Das schmeckt ja vollkommen verbrannt." "Tja, dann hast du halt ein blödes Stück bekommen", sagt sie lachend. Ich lache auch:"Kann sein." Ich lege das Stück wieder auf meinen Teller und frage:"Was hast du gleich noch?" Sie lächelt:"Gesundheitslehre und du?" "Ich auch. Gehen wir dann gleich zusammen hin?", frage ich."Klar, gerne. Jackson und Matt haben auch Gesundheitslehre", erklärt sie und wie als hätte der Zufall es gewollt, gesellen sich in diesem Fall Matt und Jackson zu uns. "Hey, was geht ab?", fragt Jackson und setzt sich mit einem Schwung an den Tisch und beginnt sofort seine Pizza zu essen. Ich verdrehe die Augen. Er nervt mich total. Jetzt meldet Matt sich zu Wort:"Ihr habt gleich auch Gesundheitslehre oder?" "Ja", antworten Kaya und ich gleichzeitig. Matt wirkt zufrieden:"Könnt ihr mir helfen? Ich bin nicht gut in medizinischen Sachen. Könnt ihr mir vielleicht etwas beibringen?" "Klar, ich kenne mich ein Bisschen aus", erkläre ich:"Ich helfe dir gerne. Frag mich einfach, was du wissen willst?" Es scheint als würde er kurz überlegen:"Was sind Anzeichen für Fieber?" Ich beginne auf zu zählen:"Eine Temperatur über 38 Grad Celsius, schneller Puls, Schweißausbrüche, Schüttelfrost oder Frösteln, beschleunigte Atmung, glänzende Augen, warme Haut, eine trockene und belegte Zunge, Durst und Appetitlosigkeit. Reicht das?" "Wow, das ist beeindruckend. Du bist echt gut. Woher weißt du das alles?", fragt er mich staunend. "Meine Oma war Ärztin und ich habe mir oft ihre Medizinbücher ausgeliehen und darin gelesen", erkläre ich lächelnd. Jackson schaut von seinem Teller auf:"Das ist merkwürdig." "Nein, ist es nicht", sage ich mit vor der Brust verschränkten Armen. Ich rolle die Augen. Er ist hier der Lächerliche. Ich habe keinen Hunger mehr und stehe deshalb auf. Ich habe gerade echt keine Lust auf Diskusionen. Ich gehe zu einem Ständer für die Tabletts und ich schiebe meines hinein. Dann gehe ich vom Pausenhof und mache mich auf den Weg zum Büro des Vertrauenslehrers.
Dort angekommen klopfe ich an der Tür:"Darf ich herein kommen?" Ein "Herein" ertönt und ich öffne vorsichtig die Tür. Im Inneren sitzt eine Frau, mit blonden gelockten Haaren und grünen Augen, hinter einem breiten Holzschreibtisch mit einem großen Computer und vielen Papierspapeln darauf:"Guten Tag, ich bin Ms Andrews und ich bin hier, um mein Formular zu den Wahlfächern abzugeben." Ich ziehe den Zettel aus meinem Rucksack und reiche ihn der Frau hinter dem Schreibtisch. Wenn ich sie so betrachte, sieht sie nicht aus, wie eine Vertrauenslehrerin. "Danke schön Ms Andrews. Ich würde sie bitten nach der Schule ihre E-Mails zu lesen. Dort sollten sie eine E-Mail mit ihrem neuen Stundenplan finden, der am Morgen dann gelten sollte." Ich schenke ihr ein freundliches Lächeln:"Danke schön. Schönen Tag noch." "Ja, schönen Tag." Nachdem ich mich verabschiedet habe, gehe ich wieder aus dem Büro und schließe die Tür hinter mir. Ich atme tief durch und in genau diesem Moment klingelt es zum Ende der Mittagspause und somit zum Anfang der achten Stunde.
Ich komme als Erste im Klassenraum an. Der Unterricht findet zwei Räume vom Büro der Vertrauenslehrerin statt. Der Lehrer befindet sich bereits im Raum. Ich kenne ihn noch nicht. Er hat graues Haar und ist durchschnittlich groß. "Guten Tag, Ms Andrews", begrüßt er mich. Ich stelle mich zum Lehrer:"Guten Morgen. Wo kann ich sitzen?" "In der ersten Reihe", er zeigt auf einen Platz in der ersten Reihe am Fenster:"Dort. Das ist der einzige Freie Platz." Ich gehe durch die Reihen und setze mich dann letzt endlich hin. In den nächsten Minuten, treffen immer mehr Schüler in der Klasse ein und setzen sich auf ihre Plätze. Kaya setzt sich neben mich und beginnt mit mir zu plaudern, bis der Lehrer mit dem Unterricht anfängt. Er beginnt mit seinem Unterricht:"Also, willkommen zum Gesundheitsunterricht. Heute üben wir Herzmassagen. Tut euch bitte in vierer Gruppen zusammen und übt an diesen Übungspuppen!" Kaya und ich sehen uns gleichzeitig an. Dann wirft Kaya Matt einen Blick zu, der Fragen soll, ob wir in einer Gruppe zusammen arbeiten wollen. Der Lehrer gibt uns das Zeichen, das wir aufstehen sollen. Kaya, Matt, Ich und leider auch Jackson stellen uns an eine Übungspuppe, um die Herzmassage zu üben. Als alle ihre Puppen in Beschlag genommen haben, beginnt der Lehrer, der laut Kaya Mr Harris heißt, zu erklären, wie eine Herzmassage funktioniert, wie man das macht und was man nicht machen sollte. Als er uns dann Zeichen zum Anfangen gibt, beginne ich sofort mit der Herzmassage. Die anderen sehen mir gespannt dabei zu, jedenfalls fast alle, abgesehen von Jackson, der nur gelangweilt zu sein scheint. Mr Harris sieht mir dabei zu und lobt mich als ich fertig bin. Nach mir ist Kaya an der Reihe, die die Übung ebenfalls ausgezeichnet absolviert. Sie grinst mir zu. Nach ihr ist Matt an der Reihe. Er hat große Mühe die richtige Stelle zu finden und beginnt dann unbeholfen mit der Herzmassage. Ich helfe ihm und schlussendlich bekommt er es mit meiner Hilfe doch hin. Während ich ihm helfe fällt mein Blick auf Jackson, der genervt mit den Augen rollt. Ich hätte ihn am liebsten gefragt, ob er ein Problem hat, aber dann lasse ich es doch. Ich sollte es nicht zu weit treiben und ihn nicht ständig ärgern. Die restliche Stunde verläuft, abgesehen von ein paar kleinen Sticheleien zwischen Jackson und mir. Als es zum Stundenende klingelt, verlassen alle die Schule und ich mache mich auf den Nachhause weg.
Als ich zuhause angekommen bin, schließe ich die Haustür auf und trete in den Wohnungsflur. Zuerst werfe ich meinen Rucksack in eine Ecke im Flur und setze mich dann mit meinem Laptop aufs Bett, um meine E-Mails zu öffnen. Ich gehe auf GMX und gebe zügig mein Passwort ein. Ich finde die E-Mail von der Schule direkt und fotografiere den Stundenplan vom Bildschirm mit meinem Handy ab. Ich habe fast jeden Tag acht Stunden Unterricht. Den restlichen Tag verbringe ich mit lesen, Fernsehen und joggen. Ich gehe sonst nicht joggen, aber ich halte es heute irgendwie für richtig. Mein Leben ist echt langweilig. Zum Glück ist bald Wochenende.