„Wie schön, sie bequemen sich endlich, auch Mal hier aufzutauchen!” schimpfte meine Mutter und nahm dem Lieferanten vom Blumenladen sofort das Klemmbrett mit den Zettel ab, welche sie unterschreiben musste.
„Sie schaffen es einfach nie, pünktlich zu sein! Wenn ihre Blumen nicht so schön wären, würde ich sofort zur Konkurrenz wechseln!” drohte sie dem Mann an, welcher sich nur am Nacken kratzte. Es war ihm sichtlich unangenehm von meiner Mutter so angemacht zu werden. Aber irgendwie hatte sie ja recht, immerhin sollte man zumindest pünktlich sein wenn man schon Geld dafür bekam.
„Stellen Sie sie dahin. Samuel, bitte hohl Quentin und verteilt die Blumen in den Vasen, ja Schätzchen?” bat mich meine Mutter als sie gerade in mir vorbei in die Küche ging, um dort gleich den nächsten Jungen, den Kellner, zu schimpfen, welcher dabei nur hilflos zu dem Blumenlieferanten schaute. Dieser beobachtete das ganze aus sicherer Entfernung und sah so aus, als würde er Mitleid mit dem Jungen haben, der sich immer kleiner machte und wie ein Häuflein Elend vor meiner Mutter stand. Wir waren mitten im Vorbereitungsstress und jeder der Anwesenden dachte bestimmt, meine Mutter hätte ein Aggressionsproblem.
„So ein armer Junge. Ein Glück, dass wir nicht mehr Kellner spielen müssen, so wie früher immer, weißt du noch?” Elvira hatte sich neben mich gestellt und angefangen mit mir zu reden. Wie meine Mutter hatte sie bereits ihr Kleid für heute Abend an und auch ihre Schminke war schon aufgetragen, sodass sie einfach nur umwerfend aussah. Quentin und ich hingegen liefen noch in Jogginghose herum, weil es für uns keinen Sinn machte, uns schon vier Stunden vor Beginn des Empfangs anzuziehen.
„Hilfst du mir jetzt auch Mal, du kleiner Wichser?” Quentin zog mich am Arm weg von unserer Schwester und drückte mir Blumen in die Hände, welche ich auf die Vasen aufteilen musste. Was für eine sinnvolle Aufgabe.
„Warte, warum bist du überhaupt schon da? Sollte ich dich nicht zuerst rufen?” wunderte ich mich und er schüttelte den Kopf.
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich sie bei der Lautstärke ihres Gebrülls hätte überhören können, oder?” fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
„Ich glaube ich bekomme das im Moment gar nicht mehr so stark mit, immerhin schreit sie mich schon seit heute Morgen die ganze Zeit an. Vielleicht bekomme ich auch dadurch einen Gehörschaden.” stellte ich eine Vermutung auf und er nickte, während er mir noch mehr Blumen gab.
„Ganz bestimmt, und jetzt mach dich endlich nützlich, sonst wirst du gleich runtergemacht wie der arme Typ der wahrscheinlich heulend auf unserem Küchenboden sitz, während sie über ihm thront wie eine Hexe.” warnte er mich und ich begann, immer zwei Blumen unterschiedlicher Farbe in die Vasen, von welcher auf jedem Tisch nur eine stand, zu stecken. Wenn ich gewusst hätte, wie die blöden Blumen heißen, hätte ich zwar nicht viel mit der Info anfangen können, aber ich würde später bei der Google-Bildersuche ein Foto hochladen und dann würde das Rätsel ziemlich schnell gelöst sein.
„Träumst du schon wieder? Also beim nächsten Mal mach ich einfach alles alleine, dann muss ich wenigstens nicht immer um dich herumlaufen! Gib schon die blöden Blumen her!” schimpfte Quentin und nahm mir alles aus der Hand, bevor er wieder anfing wie zuvor zwischen den Stehtischen hin und her zu rennen.
„Ich glaube, Mamas Aufregung hat auf ihn abgefärbt. Sie laufen herum wie aufgescheuchte Hühner.” Elvira gab mir ein Glas Champagner, welches sie dem Jungen aus der Küche geklaut hatte und ich trank es in nur einem Zug leer.
„Du wärst auch aufgeregt, wenn du dich heute Abend hier mit wichtigen Geschäftsmännern unterhalten müsstest!” meckerte Quentin sie an und machte sich dann daran, die Tischdecken mit Schleifen zu versehen. Eigentlich wollte das auch Mutter machen, aber er hatte sowieso nichts zu tun.
„Samuel, bitte komm her und hilf mir, die Essenskärtchen an die richtigen Plätze zu stellen!” rief meine Mutter aus dem Esszimmer und ich kam sofort ihrer Bitte nach, nur um nicht noch mehr Geschrei über mich ergehen lassen zu müssen.
„Und denk daran. Wir haben eine Sitzordnung, die eingehalten werden muss!” ermahnte sie mich noch, bevor sie mir Zettel in die Hand drückte und begann, die Karten auf den Tisch zu stellen. Keine Ahnung, wieso sie sich dabei so viel Mühe gab. Es war doch schnurtzpiepegal wer wo saß, oder?
„Komm schon Samuel! Du stehst hier doch nicht zum Spaß rum! Hilf mir!” wurde ich da auch schon wieder geschimpft und machte mich deshalb so schnell es ging an meine Sachen. Wie gemein meine Familie doch war, keinem konnte ich es heute recht machen!
„Puh, endlich ist alles wichtige geschafft! Jetzt hop, hop nach oben ihr beiden, wenn in einer halben Stunde die ersten Gäste kommen, will ich euch hier unten bei mir haben, und zwar vollkommen und ordnungsgemäß angezogen, ist das klar?” befahl unsere Mutter mit lauter Stimme und Quentin machte sich sofort auf den Weg nach oben, um sich in seinen Anzug zu werfen. Ich hingegen ließ mir etwas mehr Zeit, ich hatte es nicht eilig und war auch nicht wirklich aufgeregt, immerhin gab es da nichts, weshalb man aufgeregt sein musste. Es würden ein Haufen alter Männer kommen, die sich über irgendetwas blödes unterhielten und anscheinend am Tag nach Weihnachten nichts besseres zu tun hatten als das hier. Auch blöd, als hätten sie keine Familien, mit denen sie die Zeit verbringen konnten. Und dann wunderten sie sich, wenn sich ihre Kinder umbringen.
„Du bist wunderschön in diesem Anzug!” meine Mutter zupfte noch ein bisschen an meinen Hemd herum und dann musste ich mich wieder hinstellen wie eine Statue. Als dann endlich die Haustüre aufging und die ersten drei Männer hereinkamen, waren wir alle froh, dass sie uns von unserem Leid erlöst hatten.
„Wie es mich freut, sie endlich wieder bei uns begrüßen zu dürfen, es ist ja schon so lange her!" meine Mutter schüttelte kräftig Hände und brachte unseren Besuch dann ins Wohnzimmer, wo kleine Häppchen bereitstanden und der Butler gleich Champagner herumtragen würde.
„Und jetzt ist sie weg, können wir dann auch einfach verschwinden und keiner wird es mitbekommen?" fragte ich, aber Quentin schüttelte den Kopf.
„Wir warten hier auf einen wichtigen Geschäftspartner. Bis Vater da ist, werden wir beide ihn beschäftigen. Elvira kann ja ein bisschen mit seinem Sohn flirten, sollte er dabei sein.”.
Besagter Partner lies auf sich warten. Wirklich lange. Aber Quentin hielt mich und Elvira immer zurück, wenn wir gehen wollten. Dann endlich ging die Tür auf und ein Mann kam herein, welcher weder in diesen Anzug noch auf die Veranstaltung gehörte. Er war sogar noch kleiner als ich, seine Haare waren ordentlich zurückgegelt, die Augen schauten einen an wie die eines Kindes und er lächelte fröhlich.
„Mister Johansson, ich bin so erfreut, sie endlich einmal wieder zu sehen!" wurde der Mann von Quentin begrüßt und dann gingen die Beiden schon zurück zu uns. "Das sind meine Geschwister, sie erinnern sich bestimmt noch an sie." stellte er uns vor.
„Natürlich! Aber anders herum wird das wohl kaum noch der Fall sein." er lachte und reichte uns die Hand.
„Tut mir leid, aber ich erinnere mich nicht an sie." gab ich zu und er nickte wissend.
„Das wundert mich kaum, das letzte Mal als wir uns begegnet sind, warst du erst zwölf und wir haben nur zwei Blicke ausgetauscht. Aber die wunderschöne Dame neben dir sollte sich doch an mich erinnern, nicht?" fragte er und gab ihr einen Handkuss.
„Natürlich, Noah, nicht?" sie lachte und zog ihre Hand weg, nachdem er sie wieder losgelassen hatte.
„Ja, genau, wir kennen uns noch von letztem Jahr."
„Wie wäre es, wenn wir unser Gespräch in einem anderen Raum fortsetzen, dann werden uns die Eintreffenden nicht stören." schlug Quentin vor und Noah nickte nur, bevor er voran in das Wohnzimmer ging. Wir folgten ihm natürlich und konnten so sehen, wie er die ganze Zeit von wirklich jedem im ganzen Raum ausführlich begrüßt wurde. Nach gut vierzig Minuten des Small Talks in dem wir ihm nur gefolgt waren und uns gelangweilt hatten, hatte Elvira uns verlassen und Quentin wurde gerade von einem Freund unseres Vaters in ein Gespräch verwickelt, also waren Noah und ich alleine. Meine Aufgabe war es, ihn bei Laune zu halten, also versuchte ich, ein Gespräch anzufangen.
"Was arbeiten die eigentlich, dass sie so viele der Leute hier kennen?" fragte ich und er zuckte mit den Schultern. "Alles. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Außerdem kann ich dir doch nicht einfach meine grandiosen Marketing-Tipps mitteilen!" neckte er mich und lachte dann. "Ich fühle mich echt noch zu jung für diese Art von Zusammenkünften. Die sind hier doch eh alle über fünfzig, mit Ausnahme von dir und deinen Geschwistern vielleicht.” er lachte und nahm sich von dem Kellner, der an uns vorbei ging, von dessen Tablett noch einen Champagner, welchen er runterkippte wie einen Shot. Komischer Vogel.
„Warum sind sie dann gekommen, wenn sie keine Lust darauf haben? Sie hätten ja immerhin auch diese Tage mit der Familie verbringen können, wenn sie eine haben.” warf ich ihm vor.
„Ja, und das wäre auch bei weitem sinnvoller gewesen. In gewisser Weise hat mein Mann mich dazu gedrängt, herzukommen und ich kann ihm einfach keine Wünsche abschlagen.” erklärte er und ich merkte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen schlich.
„Ist das nicht schön? Wenn man jemanden so sehr liebt? Er muss sich wirklich toll fühlen, wenn du ihm alle Wünsche erfüllst!” vermutete ich und Noah nickte.
„Er fühlt sich toll, da bin ich mir sicher. Weißt du, es ist nicht einfach mit ihm zusammen zu sein, vor allem nicht wenn andere Menschen die ganze Zeit deine Beziehung kritisieren. Es ist sicher für keinen Menschen leicht, der Ehemann oder die Ehefrau eines Mannes mit viel Geld zu sein, aber für meinen Partner wird es wohl sehr schwer sein, sich ständig mit Vorwürfen herumschlagen zu müssen, die darauf abzielen das ich das Geld verdiene und er zu Hause bei den Kindern bleibt, obwohl er doch ein richtiger Mann ist. Oder weil er mir einen Heiratsantrag gemacht hat, obwohl ich der bin, der das Geld dazu hat. Die Leute sind noch viel zu sehr in dieser Vorstellung vom erwerbstätigen Mann und der Frau zu Hause geprägt, aber das auf eine homosexuelle Beziehung abzubilden ist absoluter Blödsinn. Genau wie das typische Mann-Frau Verhältnis. Ich weiß nicht wie du das siehst, aber meine Tochter wird einmal ganz sicher nicht zu Hause vor dem Herd stehen und als kochendes Sexspielzeug für ihren Mann da sein.” schimpfte er und wurde dabei immer leiser, damit niemand ihn hören konnte.
„Sollte ich jemals eine Tochter haben, werde ich ihr verbieten, Hausfrau zu werden. Meine Mutter gibt mir auch das Gefühl, dass die jahrzehntelange Emanzipation von nur einem Menschen den Bach hinunter getrieben wird.”.
„Das ist zumindest ein sehr guter Ansatz. Du siehst mir ja nicht gerade begeistert aus, wenn ich das mit deiner Schwester oder deinem Bruder vergleiche, die in solchen Sachen hier aufgehen.” er machte eine elegante Handbewegung, welche den ganzen Raum einschloss.
„Nein, ich mag das alles nicht. Mir werden die Menschen schnell zu viel und vor allem dieses Gerede über Aktien und all diesen blöden Wirtschaftskram langweilen mich, ich bin einfach zu jung für sowas.” ich schüttelte den Kopf. „Es ist einfach nicht meine Welt, obwohl ich unheimlich gerne mitreden würde.”.
„Du fühlst dich also zu jung für solche Diskussionen? Nein, du bist nicht zu jung. Ich würde eher sagen, du hast dich noch nicht genug mit den Themen auseinandergesetzt. Und das bleibt leider keinem erspart. Jetzt sag mir ganz kurz einmal die Ehrlichkeit, wie siehst du deine Zukunft? Möchtest du eine Frau heiraten, und sie auch nur als Betthäschen zu nutzen? Oder stellst du dir etwas anderes vor?” er hatte seine Hand auf meinen Arm gelegt. Wie alt war der Typ eigentlich? Wusste er, dass ich schwul war? Wenn nicht, sollte ich es ihm sagen? Warum auch eigentlich nicht, er sollte ja nichts dagegen haben, wenn er mir schon die ganze Zeit von seinem Mann erzählt.
„Nein, ich bin schwul. Ich weiß nicht, ob ich jemals jemanden finden werde. Vor allem nicht hier, die sind alle so alt und homophob.” gab ich zu.
„Es freut mich immer, Menschen kennenzulernen, welche die selben Interessen haben wie ich. Das freut mich.” er nahm seine Hand von meinem Arm und schaute aus dem Fenster vor uns. „Du bist so ein intelligenter Junge, wieso treibst du dich noch mit diesen Menschen herum, wenn es dir gar keinen Spaß macht? Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass auch du deinen Traumprinzen finden wirst, bei diesem Körper kann ich es zumindest für den Mann nur hoffen!” komplimentierte er und ich musste kichern.
„Flirten sie mit mir? Sie sind doch verheiratet!” schimpfte ich ihn spaßeshalber.
„Das würde ich mir aus Respekt gegenüber meinem Ehemann niemals erlauben! Glauben sie mir. Ich wollte ihnen eigentlich ein Angebot machen.” schlug er vor und lächelte mich dabei an, auch wenn es freundlich wirken sollte, machte es mir etwas Angst.
„Ich weiß nicht, ob ich ein Angebot von ihnen annehmen sollte oder darf, also müssen sie mir nicht unbedingt eines machen.”.
„Genau das ist es! Ich möchte dir eine Unabhängigkeit von deinen Eltern anbieten, einen Weg, leicht an ein bisschen Geld zu kommen, dann musst du nicht mehr auf sie hören und kannst das machen, was dir Spaß macht! Und ich verspreche dir, du wirst Spaß an deinem Job haben, wenn du mein Angebot annimmst und vielleicht findest du in der Gesellschaft in der ich mich herumtreibe einen Mann, der mehr deinen Ansprüchen entspricht!” schwärmte er und nahm meine Hände in die seinen.
„Samuel, ich biete dir an, für mich zu arbeiten und das für sehr gutes Geld. Kein Mensch auf dieser Welt würde das alles abschlagen. Bitte, es ist keine große Sache und es wird dir so viel Freiheit schenken, wie du dir wünschst!” schwärmte er mir vor.
„Ist es etwas, dass ich auch schaffen kann? Ein Mensch für schwere körperliche Arbeit oder für Dinge, bei denen man versagen kann bin ich nämlich nicht.” gestand ich ihm und er schüttelte den Kopf.
„Nein, es ist keine schwere Arbeit. Ich biete einen kleinen Escortservice für Männer an, die genug Geld haben und auch bereit sind, dieses für ein paar Abende in netter Gesellschaft auszugeben.” erklärte er und ich wich einen Schritt zurück.
„Sie wollen das ich mich prostituiere? Nein!” ich achtete zwar darauf, dass ich keine Aufmerksamkeit auf uns zog, aber er sollte merken, wie wenig ich von der Idee hielt.
„Das ist es doch nicht wirklich. Escorts begleiten diese Männer nur. Du musst keinen Sex mit ihnen haben und auch keine anderen sexuellen Handlungen vollziehen. Nur Abende mit ihnen verbringen. Viele meiner Kunden suchen nur nach Gesellschaft von jungen Männern und erfreuen sich an dieser. Natürlich, solltest du sexuelle Dienste anbieten wollen, kannst du dich noch spontan dazu entscheiden, aber das ist keine Sache die ich meinen Kunden verspreche, nur um das klarzustellen. Natürlich vermittle ich auch Prostituierte, aber ich halte es gerne streng getrennt, es sind ja auch zwei verschiedene Dinge.” erklärte er und ich musste darüber kurz nachdenken, bis ich erneut den Kopf schüttelte.
„Ich glaube kaum, dass das etwas für mich ist! Ich meine, schauen sie mich doch an, ich kann nicht mit Menschen reden, wenn ich sie nicht kenne und ich bin auch kein unheimlich hübscher Mann.” redete ich mich schlecht.
„Sag doch sowas nicht, du siehst wundervoll aus, wie ein Mann der viele Verehrer hat und dem niemand widerstehen kann. Du bist einer der schönsten Männer die ich je gesehen habe. Glaub mir, das ist der perfekte Beruf für dich. Und selbst wenn du dich jetzt noch nicht damit angefreundet hast, mit fremden Männern zu reden, das lernt man. Und es wird dir sicher noch viel im Leben bringen zu lernen, wie man sich in solchen Gesellschaften verhält.” versprach er mir.
Ich war mir nicht sicher. Immerhin wollte ich schon das Geld haben und auch war es irgendwie nicht so schlecht neue Leute kennenzulernen, die sich solche Treffen leisten konnten, aber es war doch trotzdem irgendwie Prostitution. Und ob sich das ganze überhaupt lohnen würde?
„Wie viel Geld würde ich denn für eines dieser Treffen bekommen?” das war eine blöde Frage! Jetzt wusste er ja, dass ich Interesse an seinem Angebot hatte!
„Zwischen tausend und dreitausend Euro. An nur einem einzigen Tag. Das ist sehr viel Geld und wie gesagt, es würde dich sehr weit bringen. Auch in die Unabhängigkeit. Und du könntest deine Beziehungen ausbauen, es würde wirklich helfen, dich mit all den Geschäftsmännern deines Alters vertraut zu machen. Du musst mir auch nicht jetzt sofort antworten, ich kann dir gerne ein paar Tage Zeit geben, wenn du diese brauchst!” bot er mir an, aber ich schüttelte den Kopf. Für eintausend Euro würde ich mit jedem Mann auf diesem Planeten ficken! Also, das war jetzt etwas übertrieben, aber ich würde auf jeden Fall einen Abend mit ihm verbringen!
„Nein, ich brauche keine Zeit! Ich mache es!” ich fing an zu grinsen und er nickte lächeln, dann holte er sein Handy aus der Tasche.
„Ich möchte ja nicht unhöflich auf dieser Veranstaltung wirken, aber ich müsste dir ein paar klitzekleine Angaben abnehmen, um dich in unserer Datenbank aufzunehmen, wir können das jetzt machen oder du kommst auf eine meiner Partys und machst dich mit ein paar zukünftigen Kunden bekannt. Was hältst du davon?” schlug er mir vor und ich fand die Idee super! Warum denn auch nicht? Immerhin konnte ich endlich Anschluss an meine Geschwister finden, die schon oft auf solche Partys gegangen waren. Sie hatten schon Beziehungen in den Gesellschaftsschichten in welche wir geboren wurden. Anders als ich, ich hatte nie Anschluss dort gefunden und wahrscheinlich war ich auch einfach zu dumm für die Menschen, die sich gerne unterhielten und sich über Politik und Aktien austauschten. Mich interessierten solche Dinge nicht und ich hatte noch weniger Lust mich mit ihnen zu beschäftigen als mit meiner Mutter. Das war alles so langweilig und eintönig, ich verstand nicht wie die Leute sich mit sowas auseinandersetzen konnten.
„Ich würde gerne auf diese Party gehen. Schickst du mir eine Einladung an meine Wohnung?” bat ich und er nickte.
„Natürlich. Die Adresse kannst du mir schnell aufschreiben, was hältst du davon?” er hielt mir sein I-Phone hin und ich gab schnell meine Adresse ein, bevor ich es zurückgab.
„Dankeschön! Es freut mich, dass wir uns so gut verstehen. Und natürlich freue ich mich auch auf unsere zukünftige Zusammenarbeit.” wir schüttelten uns die Hände und dann ließ Noah mich einfach stehen, anscheinend war unser Gespräch für ihn beendet.
„Du stehst da wie ein im Regen gelassener Hund, so kannst du dich hier doch nicht aufführen!” meine Mutter hatte mir einen Champagner in die Hand gedrückt und zog mich mit zu meinem Vater, welcher gerade mit drei Männern die ich nicht kannte redete und dabei sichtlich Spaß hatte.
„Meine Herren, kennen sie noch meinen jüngsten Sohn, Samuel?” meine Mutter schubste mich praktisch nach vorne und ich lächelte gezwungenermaßen die Herren an.
„Natürlich! Schon ganz früh ein bezauberndes Kind, fast wie seine Schwester nur in männlich und etwas frecher.” einer der Männer lachte und die anderen, auch mein Vater, stimmten mit ein. Bezauberndes Kind? Sowas sagte man doch zu Menschen, die man nicht ernst nahm! Was sollte das denn?
„Ich bin schon lange nicht mehr nur bezaubernd und ich finde es falsch, einen erwachsenen Mann so zu nennen.” verteidigte ich mich.
„Das war doch nur ein Scherz! So sensibel kann man doch gar nicht sein. Aber wenn man sich so lange und intensiv mit Noah Johansson unterhält, kann man schon schließen, wie du gepolt bist.” redete er weiter und meine Mutter schüttelte empört den Kopf, sagte aber nichts dazu. Sicher störte sie nicht was er über meine Sexualtität gesagt hatte, aber das er mich als Erwachsenen Mann noch nicht Siezte, das konnte sie nicht glauben. Es war ja auch ein Zeichen davon, dass er nicht sehr viel von mir hielt.
„Meine Herren, wir wollen uns jetzt doch nicht wegen meines dummen Sohnes streiten, weil er nicht den selben Humor hat wie wir. Kommen wir zu unserem Gespräch zurück.” lenkte mein Vater alles wieder in die richtige Richtung und meine Mutter zog mich am Arm weiter.
„Was erlaubst du dir eigentlich, so frech zu sein? Wir haben einen Ruf und ich möchte nicht, dass du ihn durch den Dreck ziehst!” schimpfte sie, als wir draußen auf der Terrasse angekommen waren. Hier standen nur ein paar Leute herum und rauchten, unter anderem auch Quentin, welcher sich gerade mit Noah unterhielt und dabei immer wieder lachte. Wusste er denn nicht, dass der Mann verheiratet war?
„Hörst du mir überhaupt zu, während ich dich tadle?” fragte meine Mutter plötzlich und ich nickte energisch, um nur nicht noch mehr Ärger zu bekommen. Sie glaubte mir natürlich nicht.
„Du bist eine Schande für diese Familie und ich bereu es, dich hierher eingeladen zu haben. Du gehst jetzt sofort auf dein Zimmer, klar!” schimpfte sie laut und wollte mich gerade Ohrfeigen, als Noah ihre Hand nahm und sie nett anlächelte.
„Ich möchte nicht, dass ihr Sohn geht. Mein Gespräch mit ihm war sehr unterhaltsam und auch wenn ich den Grund für ihre Wut nicht kenne, würde ich doch sehr gerne noch einige weitere Worte mit ihrem Sohn wechseln. Übrigens genieße ich diesen Empfang sehr!” sagte er zu ihr, woraufhin ihr Gesicht von wütend wieder zu ganz weich wechselte und sie lächelte sogar.
„Wirklich? Das freut mich zu hören, ich fühle mich immer sehr geschmeichelt von solchem Lob!”.
„Na dann, gehen wir doch nach drinnen und sie erzählen mir, woher sie diese wunderschönen Blumen haben, in Ordnung?” schlug er vor und sie nickte begeistert.
„Es wäre mir eine große Ehre!”.
„Tja, da hat dich aber jemand gerade noch gerettet, was?” Quentin, der durch den kleinen Streit seinen Gesprächspartner an unsere Mutter verloren hatte, war zu mir gekommen und hatte seine Hand auf meine Schulter gelegt. „Keine Sorge, er ist immer sehr gut darin, Menschen in lange und nette Gespräche zu verwickeln. Der Mann würde einem Scheiße in einer Schachtel verkaufen können, wenn er wollte.” scherzte mein Bruder.
„Wie meinst du das?” ich verstand die Anspielung nicht so ganz.
„Er hat ein unheimlich großes Talent zum reden und überreden. Und zwar egal wie. Wenn er etwas will, kriegt er es auch. Und er hat bisher noch jedem das Verkauft was er ihm verkaufen wollte.” erklärte Quentin. „Vielleicht weiß er einfach was derjenige hören will und sagt genau das? Er könnte bestimmt jeden Mann auf dieser Welt kriegen!” scherzte er. Irgendwie bereute ich meine schnelle Zusage jetzt. Wie kam ich denn bitte auch darauf, dass es eine gute Idee war? Geld war nicht so wichtig wie der gute Ruf! Und meine Mutter würde mich bestimmt enterben wenn sie davon Wind bekam was ich vorhatte zu tun. Oder dann eben schon getan hatte, weil ich jetzt nicht einfach wieder absagen konnte, ich hatte mich ganz alleine in die Scheiße geritten und jetzt war auch ich der, der das ausbaden musste.
„Erde an Samuel! Kommst du?” weckte mich Quentin aus der Vorstellung, wie meine Mutter mich schimpfen würde.
„Warum denn? Ich mag es eigentlich hier draußen ganz gerne!” ich wollte nicht zurück nach drinnen und vor allem wollte ich weder Noah, noch meiner Mutter, noch dem Mann der mich vorhin so angemacht hatte, wieder über den Weg laufen.
„Weil es Essen gibt und du gerade vor ein paar Minuten davor gerettet wurdest, deinen Kopf zu verlieren und es ganz sicher nicht noch einmal aufs Spiel setzen solltest?” schlug er ironisch vor und ich folgte ihm mit einem kurzem Nicken, welches meine Aufgabe signalisierte.
Drinnen saß ich zum Glück zwischen Quentin und Elvira, sodass ich mich wenigstens an dieser Stelle nicht wieder mit jemandem streiten konnte. Aber trotzdem schaute mich der Mann von vorhin noch ziemlich böse an und zwar die ganze Zeit, während das Essen gebracht wurde.
„Du hast wohl Scheiße gebaut, was? Mutter ist ziemlich böse auf dich!” Elvira flüsterte mir das im Geheimen zu, während das Essen aufgetischt wurde. Den ganzen Abend hatte ich noch nicht wieder mit ihr geredet, aber es war offensichtlich das an diesem Abend viele der Augen auf ihr lagen. Immerhin sah sie aus wie eine griechische Gottheit, mit ihrem wunderschönen, weißen Kleid und den hochgesteckten Haaren. Unglaublich was aus dem kleinen Mädchen, welches mit zwölf einen Schulverweis bekommen hatte, weil es mit Jogginghose in die Schule gegangen war, geworden war. Sie war eine wirklich hübsche Junge Frau und sie hatte die Aufmerksamkeit die sie bekam sicher verdient.
„Ja, ist sie. Aber das ist alles nicht wichtig, sie ist doch immer böse auf irgendjemanden!” flüsterte ich zurück und sie musste kurz lachen, dann lehnte sie sich etwas weiter zu mir herüber um sicher zu sein, dass sie keiner hören konnte, während sie sprach.
„Siehst du den Typen da drüben? Das ist einer der neuen Geschäftspartner von Papa. Er ist durch seinen Vater eingestiegen, der wiederum mit Papa befreundet ist und ich glaube, er hat Interesse an mir!” freute sie sich. Und tatsächlich, der junge Mann war ein hübsches Kerlchen. Ein bisschen alt für sie vielleicht.
„Wie alt ist der Typ? Du bist bestimmt viel zu jung für den!” zweifelte ich an ihrer Freude.
„Er ist erst dreißig. Und sag jetzt ja nichts, er ist der jüngste Mann in diesem Raum, der nicht zur Familie gehört!” schimpfte sie und dann musste sie sich wieder gerade hinsetzen. Unsere Mutter schaute schon wieder, als hätte ihr jemand etwas in den Champagner getan. Trotzdem ließ ich mich davon nicht von Gesprächen abschrecken.
„Warum sind hier eigentlich nur drei Frauen Quentin?” fragte ich nach einem Blick in die Runde meinen großen Bruder.
„Weil es der Tag nach Weihnachten ist und die meisten sich entweder um ihre Kinder kümmern oder irgendwo im Urlaub sind, während ihre Männer sich hier amüsieren?” schlug er vor. „Mutter ist eben die Gastgeberin, Elvira ledig und von Judith müssen wir nicht anfangen, keiner weiß warum sie noch mit ihrem Mann verheiratet ist.” erklärte er und ließ es dann auch bleiben. Nicht das wir noch mehr Augen auf uns zogen, wobei das dann ja nicht mehr ganz so viele wären, denn Elvira und der Mann, dessen Namen ich nicht kannte, schauten sich in die Augen als wären sie ein verliebtes Pärchen. Ich hatte kotzen können. Dann endlich hatte jeder sein Essen und wir wollten gerade anfangen, als Noah plötzlich aufstand.
„Ich möchte einen Toast aussprechen.” sagte er und nahm sein Sektglas in die Hand. Auch alle anderen nahmen das ihre, wobei Quentin mich zuerst mit dem Ellbogen stoßen musste, damit ich es ihnen gleichtat.
„Auf unseren Gastgeber und seine wundervolle Frau, möge Gott sie lange und gut leben lassen.” er trank aus seinem Glas. „Und natürlich auch so spendabel!” fügte er zwinkernd hinzu, bevor er sich wieder hinsetzte.
„Das ist aber wirklich sehr nett von euch, vielen Dank!” meine Mutter breitet die Arme aus. „Lasst uns jetzt anfangen zu essen, bevor alles kalt wird!”.
Während des Essens entwickelten sich viele Gespräche. Nur ich saß einfach nur da und aß, wodurch ich auf viel schneller fertig wurde als die anderen und von meiner Mutter wieder böse Blicke abbekam. Vielleicht hatte ich mich einfach nicht genug darin angestrengt, langsamer zu essen. Man, dieser ganze Abend regte mich unheimlich auf! Und er würde noch mindestens drei Stunden gehen! Wie sollte ich das nur aushalten? Am liebsten hätte ich meinen Kopf auf den Tisch gehauen, aber dann wäre es wahrscheinlich endgültig vorbei und mein Platz im Stammbaum würde von meiner Mutter weggebrannt werden. Ja, so könnte es enden.
„Ich finde es übrigens sehr interessant, Anna, wenn man sich ansieht wie gut ihre beiden Kinder erzogen sind und dann muss man feststellen, dass ihr jüngster Sohn weder Feingefühl noch Interesse für diese Gesellschaft aufbringen kann.” der Mann von vorhin hatte angefangen, sich sehr sehr laut mit meiner Mutter zu unterhalten und alle Blicke lagen auf einmal auf mir. Während mich Quentin mitleidig anschaute, wollte Elvira mit gerade den Kopf umdrehen.
„Wie kommen sie denn zu diesem Schluss? Er ist doch ein ganz passabler junger Mann.” mischte sich Noah, oder Mister Johansson, wie ich ihn nennen wollte, um nicht zu persönlich zu werden, ein.
„Er weiß einfach nicht, wo er in dieser Gesellschaft steht und anscheinend findet er auch keinen Gefallen daran, sich an gewissen Dingen wie ihrem Toast zu beteiligen.” gab er zurück.
„Mister Ritter, ich hoffe ihnen ist bewusst, was für Vorwürfe sie da gerade erheben! Immerhin denke ich sehr wohl, dass er genug Interesse für diesen Abend aufbringen kann. Wissen sie, auch für mich ist es nicht sehr erfreulich immer wieder mit Männern wie ihnen reden zu müssen, denn ihr Humor und auch ihre Art sind einfach nur schrecklich und das einzige, was in einer solchen Gesellschaft ganz und gar nichts verloren haben. Einen jungen Mann dafür zu verurteilen, jung und unerfahren zu sein, macht sie nicht zu einem besseren Menschen und es zeigt nur, wie wenig Verständnis sie aufbringen können. Wenn sie weiterhin mit mir zusammenarbeiten wollen, sollten sie endlich aufhören sich gegenüber Jüngeren so zu verhalten, ist das klar?” schimpfte Noah Herrn Ritter, welcher nur schwer schluckte. Alle anderen im Raum waren still und Johansson wartete noch immer im stehen auf eine Antwort.
„Es ist sehr klar geworden, ja.” bekam er diese endlich und setzte sich dann auch wieder hin.
„Gut, dass sie meinen Standpunkt verstehen.” er atmete tief durch und begann dann wieder zu lächeln, während er mich anschaute. „Ich denke wir sind bereit für den nächsten Gang, oder?” fragte er dann in die Runde und meine Mutter nickte und gab dann den Kellnern ein Zeichen, damit diese mit ihrer Arbeit weitermachen konnten. Auch die Gespräche entwickelten sich wieder sehr schnell, auch wenn dieser Ritter da saß als wäre er ein begossener Pudel.
„Ich denke, du hast dir einen mächtigen Freund gemacht, Samuel. Das ist doch ein guter Anfang!” Quentin zwinkerte mir zu und ich konnte nur den Kopf schütteln.
„Warum hört jemand wie der Mann eigentlich auf Mister Johansson? Er ist doch mindestens zwanzig Jahre älter, oder?” hakte ich nach und Quentin nickte. „Ja, ganz genau sogar. Noah ist dieses Jahr 36 Jahre alt geworden, aber sprich ihn nicht darauf an, er findet es nämlich gar nicht toll.” gab er mir einen Tipp. „Und zu deiner Frage, es geht hier nicht um das Alter oder die Erfahrung. Sondern einzig und allein um die Macht und von der hat Noah genug, um diesen Ritter komplett aus dem Game zu verbannen. Das letzte Mal, dass ihm jemand so gekommen ist, konnte der seine Firma gleich dichtmachen. Noah hat viel mehr Einfluss auf die ganzen Leute hier und während er die Existenz von manchen auslöscht, stampft er wo anders neue Milliardäre und Multimillionäre aus dem Boden wie nichts Gutes. Vor allem bei älteren Herrschaften ist er gefürchtet, weil er von den meistens kaum etwas hält.” erklärte er und auf einmal stand Noah in einem ganz anderen Licht da. Nicht mehr wie der nette Mann, der die ganze Zeit lächelte.
„Und wie hat er das geschafft? Hat er von reichen Eltern geerbt?” fragte ich Quentin, welcher anscheinend langsam von meinen Fragen genervt war.
„Nein, Noah hat sich jeden einzelnen Cent selbst erarbeitet und ein wirklich riesiges Imperium in nur ein paar Jahren aufgebaut. Auch wenn ihm von seiner Hauptfirma nur 55 Prozent gehören, verdient er im Jahr mehr Geld als alle anderen hier zusammen. Viele wetten darauf, dass er bald von irgendeinem Land eingesperrt wird, wegen Korruption oder sowas, aber ich bezweifle, dass sie ihn jemals wegen irgendetwas drankriegen werden. Dazu ist er viel zu intelligent. Und jetzt lass mich bitte endlich weiter essen, sonst werden wir nicht mehr fertig!” bat er. Also ließ ich ihn in Ruhe und aß still meinen Hauptgang und nach diesem das Desert auf. Während des Essens redete Mister Johansson mit dem Mann neben sich, aber er schaute immer wieder zu mir und lächelte mich dabei warm an. Er wirkte sehr entspannt und seine Art erinnerte mich an Vincent. Dessen Jacke noch immer in meinem Zimmer auf dem Boden lag, weil ich es einfach nicht übers Herz brachte, sie anzufassen und die ganzen Erinnerungen hochkommen zu lassen. Aber er hatte mich auch immer vor allen verteidigt, die mir etwas böses gewollt hatten. In der Schule sogar vor den Lehrern und auch meine Mutter hatte er nie von seiner Wut verschont. Unglaublich, wie sehr ich ihn wieder vermisste, obwohl er mich hatte sitzen lassen. Eigentlich war er ein verdammt schlechter Bruder!
Nach dem Essen machte ich mich ganz gemütlich auf den Weg nach draußen, während ich die Zigaretten aus meiner Tasche holte. Ich hatte einfach schon zu lange keine mehr geraucht und ich brauchte es so dringend, um alles was heute passiert war, zu verarbeiten.
„Rauchen ist eine sehr schlechte Angewohnheit und es riecht wirklich nicht gut.” wurde ich draußen davon zurückgehalten mir die Zigarette, welche schon zwischen meinen Mundwinkeln steckte, anzuzünden. „Ich empfehle dir, wie ich auf elektronische Zigaretten umzusteigen, die machen dir sogar noch einen angenehm frischen Atem und dabei stören sie kaum jemanden.” riet Mister Johansson mir und bot mir seine E-Zigarette an. Sie war schön lang, glänzte im Licht silbern und hatte ein rote Flüssigkeit im Tank, wenn man das so nannte. „Probier ruhig.” ermutigte er mich dann weiter und ich zog ein bisschen daran. Es schmeckte tatsächlich ziemlich gut! „Du solltest dir wirklich überlegen, umzusteigen, es ist besser für das Geschäft in welches du einsteigen wirst.” erklärte er und zog dann selbst ein bisschen, während ich meine Zigaretten wieder wegpackte.
„Ich wollte mich übrigens noch bei Ihnen bedanken, dafür, dass sie mich so leidenschaftlich verteidigt haben.” bedankte ich mich bei ihm, aber er lachte nur.
„Du darfst mich gerne Noah nennen, ich duze dich ja auch schon den ganzen Abend. Das ist kein Problem für mich.”.
„Ok, dann danke Noah.” mehr wusste ich nicht, was ich sagen könnte und er nickte nur.
„Keine Ursache, ich kann ihn einfach nicht leiden. Mit dieser überheblichen Art und dem grässlichen Humor hat er nichts bei uns zu suchen. Außerdem kommt manchmal doch noch ein bisschen der Anwalt durch, nicht?” scherzte er.
„Du bist Anwalt? Wie kommt man denn davon dazu, eine Firma zu leiten?” hakte ich nach.
„Du hast gar keine Ahnung, wer ich bin oder was ich mache, nicht? Was für ein blöder Arsch Quentin doch ist, wenn er dir nicht einmal das erzählt hat! Gemeinheit! Naja, ich denke eher, ich bin zum Anwalt durch die Firma gekommen, weißt du, ich habe mich nie wirklich für Recht interessiert, aber ein Studium vorweisen zu können, ist nie etwas schlechtes und außerdem ist es nie schlecht, ein Ass im Ärmel zu haben, sollte es nicht doch einmal zu einer großen Katastrophe kommen.” erzählte er mir und stieß sich dann von dem Geländer weg.
„Ich hoffe du bist mir nicht böse, wenn ich jetzt gehe und dich hier alleine lasse, ich habe versprochen heute Nacht noch nach Hause zu kommen. Mein Mann würde mich umbringen wenn ich ein Versprechen an unsere Kinder brechen würde!” er zwinkerte mir zu und wollte gerade gehen, da fiel ihm anscheinend noch etwas ein und er drehte sich wieder um und kam ein paar Schritte zurück zu mir, nahe genug, um meine Hand nehmen zu können.
„Ich hätte jetzt beinahe vergessen, dir schöne Grüße von Vincent zu sagen, ich Dummerchen. Also, ich soll dir ausrichten, dass es ihm gut geht, er sich freut, dass du anscheinend deinen Weg im Leben gefunden hast und dass er dich gerne einmal wieder treffen würde, wann immer du dich bereit dazu fühlst.” gab er mir weiter. „Ach ja, und du sollst ihn unbedingt Mal wieder anrufen, er vermisst dich ziemlich.” er zwinkerte mir zu und drehte sich dann um und ging weg, während ich dastand und keine Ahnung hatte, was gerade passiert war. Woher? Und wie? Und warum? Das war mir gerade wirklich viel zu viel.
„Oh, ist Noah schon gegangen, ich dachte eigentlich, er würde noch ein bisschen bleiben und sich mit mir und dir unterhalten!” Quentin kam zu mir und legte mir einen Arm um die Schultern. „Du siehst aus, als wäre dir eine Laus über die Leber gelaufen! Was ist denn los?” fragte er und ich schüttelte seinen Arm ab.
„Woher kennt Noah denn Vincent? Und warum hat er mir das gerade alles gesagt? Und warum kann Vincent mich nicht selber anrufen? Häh?” ich fuchtelte mit den Händen wild in der Gegend herum, bis mich Quentin an den Schultern nahm und festhielt. „Und was hast du mir nicht gesagt, was du mir hättest sagen müssen, dass er dich einen Arsch nennt?” Fragen über Fragen, die ich ihm stellte, aber ich bekam vorerst keine Antwort.
"Beruhige dich erst einmal ein bisschen, dann können wir darüber reden, in Ordnung?” versuchte er mich zu beruhigen, aber ich konnte mich jetzt nicht beruhigen! Ich musste wissen, was mit Noah und Vincent und ihm los war! „Ich hab es dir nicht erzählt, weil ich nicht wollte das du Noah lange damit nervst, es ist wirklich alles in Ordnung!” er nickte bekräftigend.
„Sind Noah und Vincent Partner und müssen sich wegen geschäftlichen Dingen treffen, oder wie muss ich das verstehen? Sag es mir gefälligst, ich hab ein recht darauf, es zu wissen!” verlangte ich und Quentin nickte.
„Ja, du hast recht, es ist dein gutes recht es zu wissen. Und nein, Noah und Vincent arbeiten nicht zusammen, sie kennen sich einfach nur. Er hat ein neues Leben angefangen und wir müssen damit klarkommen. Ok? Es ist alles gut, freu dich doch, dass er wieder etwas mit dir zu tun haben will!” Quentin nahm seinen Arm wieder weg und nickte bekräftigend. „Komm, wir gehen rein, es ist echt kalt hier und wenn wir wollen doch nicht krank werden, oder?.”