Am nächsten Morgen zogen wir weiter. Káilanba wurde auf den Rücken eines Pferdes getragen, das Aglur hieß und Usongu gehörte. Béilo schritt neben ihr her, wachte über sie, wie über einen wertvollen Schatz. Die Zwerge hatten die Vorräte gut eingeteilt und die Elben fanden frische und saubere Wasserquellen, so kamen wir in den nächsten drei Tagen gut voran. Bruno stieg ab und zu auf einen der hohen Felsen die hier und da aus dem Boden stachen. Der Boss jedoch war der Einzige, der mit den ungewöhnlichen Dingen etwas anfangen konnte, die der Riese uns sagte.
"Der rote Punkt ist noch einen Tagesmarsch voraus und die Quelle liegt im Westen." Noch dazu stellte Usongu ihm genauso ungewöhnliche Fragen:
"Und der Fußabdruck von Kruza?"
"Nicht weit von hier, in östlicher Richtung." antwortete Bruno.
"Gut! Das bedeutet wir sind auf dem richtigen Weg und außerdem bald da." stellte der Söldner zufrieden fest.
Mir wurde schlecht bei dem Gedanken an jenes Ziel, das wir bald erreichen sollten. Chase und Funny waren sowieso mit jedem anderen beschäftigt, nur nicht mit mir. Und ich war ganz froh darüber. Der Gaukler blieb die meiste Zeit bei Usongu und beriet ihn was zu tun sei. Der Boss vertraute dem Blinden, der offenbar wusste, was er tat.
So war ich trotz all der Leute um mich herum wieder nur allein. Nur Falum und Askrim, in meinem Schlepptau, und natürlich Lamor, der an die Beiden mit einem Seil angebunden war, hatte ich noch. Sie blieben bei mir und stupsten mich manchmal an, wenn ich wegen der Walddämpfe einzuschlafen drohte oder sie mich einfach wissen lassen wollten, dass sie noch da sind.
Trotz der Tatsache, dass Béilo mir nun wieder allabendlich vor dem Schlafengehen einen Tee machte, wurden die Träume immer schlimmer und realer. Einmal wäre es mir fast nicht mehr gelungen aufzuwachen. Das war gestern Nacht und ich hatte beschlossen heute nicht mehr einzuschlafen.
Und der einzige Trost der mir blieb, war der Gedanke an die mögliche Rettung Cenishentas, die in greifbare Nähe zu rücken schien.*
(Béilo)
"Autsch!"
"Was ist? Sollen wir ne Pause machen?" Ich hatte Flash ehrlich gesagt immer für etwas weichlich gehalten, weil er sich dermaßen Gedanken um diese Fürstin machte. Jetzt hielt ich ihn für stärker als mich selbst. Was er durchmachte musste schrecklicher sein, als der Tod. Wenn er wie ich die Leiden seiner Geliebten teilte, hatte er viel zu ertragen.
"Nein, es geht schon. Es gab schon schlimmere Verletzungen und ich habe sie alle überwunden."
Stark und stolz sah sie von Aglur auf mich herunter.
"Du musst den Auftrag nicht bis zu Ende mitmachen." begann ich.
"Doch, der Boss hat eingeschlagen und ich gehöre zu seinen Leuten, somit bin ich genauso an den Auftrag gebunden wie er."
"Flash würde nie verlangen, dass du das tust! Und der Boss sähe es lieber wenn du gar nicht mehr hier im Wald wärst." Verzweifelt versuchte ich sie davon abzubringen uns zu den Dämonen zu begleiten.
"Ich weiß." stur wandte sie sich ab. "Würdest du an meiner Stelle aufhören?"
"Was? Natürlich nicht, aber ich bin ja auch keine Fr..." Ich geriet ins stocken, zu spät...
"Keine was? Sprich dich aus! Ja, ich bin eine Frau, aber stark genug um es mit jedem Mann aufzunehmen!" Zornig funkelte sie mich an.
"Weiß ich doch! Schließlich hast du mich vor der Drachenmutter gerettet." flüsterte ich.
"Außerdem kann ich hier gar nicht weg." Ihr fester Blick fing mich ein. "Ich kann doch nicht weg von dir, dass hast du selber gesagt. Lass mich nicht allein, tu mir das nicht an. Das hast du gesagt und nun schickst du mich fort? Was soll ich glauben Béilo, was soll ich nun glauben..."
'Dass ich dich liebe.' dachte ich bei mir. 'Und dass ich dich nicht wieder verlieren will.'
*
(Chase)
Funny ging fast schon schlendernd neben mir. "Also lass uns nochmal durchgehen, was wir schon haben." Zum zwanzigsten mal wiederholten wir alles was wir über unsere Begleiter herausgefunden hatten:
"Emre und Eray waren Schmiedemeister im Zwergenreich." begann ich. "Sie hatten Familien, die während des Krieges von Orks überfallen, ausgeplündert und umgebracht worden sind."
"Stimmt und Marselion war einer der Anführer der Zwergenarmee. Er hat sich der Gruppe nur angeschlossen, weil er nichts anderes kennt, als den Kampf. Schrecklich." ergänzte Funny. "Die Zwillinge wollten nichts von sich erzählen und die Elben wollten gar nicht mehr damit aufhören." lachte sie. Die Elben hatten uns von ihrem Land jenseits der Berge erzählt, von grünen Wiesen und Blumen und einem Leben, wie man es sich schöner nicht vorstellen konnte. Doch auch das sei von den Monstern vernichtet worden. Bruno sprach nur selten mit uns und ihn auszufragen trauten wir uns auch nicht. Funny behauptete aber, er wäre klüger, als er vorgibt zu sein. Pedro aber war ein Fall für sich. Er spielte immer nur seine wundersame Flöte. Immerhin versuchte er uns zu antworten, wenn wir ihn etwas fragten.*
(Flash)
"Endlich bist du zum Greifen nah..."
Blind stehe ich im nichts. Jemand greift mich an der Hand.
"Komm mit..." zischte eine Stimme. "...zu mir..."
"Wohin führst du mich heute Nacht?" fragte ich.
"Ihihihi sei nicht so neugierig, mein Junge. Das erfährst du noch früh genug."
"Gut, dann bring mich hin." Völlig ruhig akzeptierte ich mein Schicksal. Was nutzte es mir vor Angst zu vergehen, was brachte es sich verrückt zu machen, wenn es doch nichts half. Ich ließ mich fallen und plötzlich...
...wachte ich auf. "Du hast mich besiegt..." sprach meine Furcht zu mir und ging in Rauch auf. Von dieser Nacht an, hatte ich nie wieder Alpträume.