Ich weiß nicht genau wie ich hier gelandet bin. Alles hat so friedlich angefangen, unbeschwert, behütet. Außerhalb dieser Hölle, weit weg von großen Entscheidungen oder gar einem Krieg. Begonnen hat es mit einem Geständnis der Königin der Hochelfen, mit der Zerstörung der Lüge, die ich einst mein Leben nannte.
Ich war gerade auf dem Weg meine Ausbildung abzuschließen, dachte immer ich werde wie mein Vater vor mit ein Magister, ein Wächter der alten Bücherei in Solhafen. Magie war schon immer das einzige was uns verbunden hat, auch wenn die seine warm, und die Meine eiskalt war. Ich dachte immer das wäre ein Überbleibsel meiner Mutter, aber ich habe mich getäuscht.
Vater kam wie immer erst nach Wochen von einer Reise nach Solhafen zurück, was er dort machte hatte ich schon lange aufgegeben zu fragen. Er sagte immer nur ich würde die Bücherei von Solhafen früh genug sehen. Sein blondes Haar unter der Kapuze seines blauen Umhangs verborgen, gestützt auf einen Wanderstock. Ich sah ihn schon von weitem über den schlecht gepflasterten Weg kommen. Die Gegend um Weststurz besteht aus vertrockneten Äckern und ein paar alten Höfen, die meisten sind verlassen und werden nur noch von Landstreichern bevölkert. Die kleine Burg Lima ist das einzige aus Stein gemachte Gebäude im Umkreis von vielen Kilometern. Nie hätte ich gedacht die öden Hügel und die triste Stille einmal zu vermissen. Ich hatte gerade versucht den Haushalt zu erledigen, also die Hühner zu füttern und unserem Mastiff Brutus einen Besen um zu binden, in der Hoffnung das er damit ein wenig Staub fegen würde. Natürlich hatte er nur den Besenstiel zerbissen, aber ich war noch nie eine gute Hausfrau. Ich beschloss Vater entgegen zu gehen, schließlich gab es nur einem Mann in ganz Weststurz mit einem blauen Umhang. Also lief ich einfach aus dem Haus, Brutus begleitete mich natürlich. Ich habe mich nicht einmal umgesehen, ich war mir so sicher das mein ganzes Leben so verlaufen würde, Haushalt, Tiere füttern, lernen und warten bis ich Magister werden würde. Nicht einen müden Silbertaler hatte ich in der Tasche, nichts, ich dachte ich würde in höchstens 2 Stunden wieder daheim am Tisch zu sitzen. Brutus wurde immer unruhiger als wir an den alten und mittlerweile sehr verfallenen Höfen vorbei kamen, ihm waren die Landstreicher nicht geheuer. Aber an diesem Tag entdeckte ich eine seltsame Gestalt vor einem der Höfe, er war nicht wie ein Landstreicher gekleidet, ein Edelmann allem Anschein nach. Weiter darüber nach zu denken viel mir damals nicht ein, ich ging einfach daran vorbei. Da sah ich sie, die Menschenmenge, direkt vor dem Tor das Weststurz von den Wäldern des Königs der Muriel trennte. Selten sah man in dieser Einöde so viele Leute auf einem Fleck, eine Stadtwache schien auch dabei zu sein, und vom Tor näherten sich weitere Wachen. Brutus schien nun völlig durchzudrehen, er wimmerte und jaulte, wurde hektisch und zog den Schwanz ein. Sein Verhalten machte mir Angst, ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich kannte einige der Menschen vom sehen her, Bauern und Händler, einer entdeckte mich und begann nervös zu gestikulieren. Da sag ich es. Ein blauer Umhang am Boden. Ich blieb stehen, hoffte mich zu täuschen, schloss die Augen und stellte mir vor, dass nichts mehr dort liegen würde wenn ich die wieder öffnen würde. Plötzlich wurde ich grob an der Schulter gepackt, erschrocken starrte ich in die Augen eines Rüstungsträgers, das gelbe Banner des Königs prangte von seinem Waffenrock. "Bist du Aurora?", seine Stimme klang nett, zu nett. Ich nickte verunsichert, er winkte noch ein paar Wachen zu sich. "Du solltest hier bleiben, das sind Craig und Tamar, sie passen auf dich auf!", er sprach mit mir als wäre ich ein kleines Kind, als würde ich nicht begreifen was hier vor ging. "Ist er tot?", fragte ich, schockiert darüber wie kleinlaut und weinerlich meine Stimme klang. "Mach dir keinen Kopf Kleine", Wache Craig lächelte gezwungen unter seinem Helm heraus, Wache Tamar machte einstweilen den Fehler mich am Arm fest zu halten. Ich wollte mich instinktiv los reisen, natürlich hatte ich keine Change mit meiner eher minimalistischen Statur. Aber irgendetwas schien in diesem Moment mit dem armen Tamar zu passieren, er wurde fast grau im Gesicht, wankte zurück und musste sich übergeben. Erschrocken wich auch Craig mir nun aus und rief verzweifelt nach dem ersten Mann, der mit mir gesprochen hatte: "Markus, wer ist der Tote? Ist es Magister Isac?" Wache Markus warf einen Blick auf die Leiche, die ich bis jetzt noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, ich betete das er es verneinen würde. "Bleib weg von ihr!", schrie Wache Markus auf einmal panisch "fasst sie nicht an!"
Wache Tamar neben mir brach nun zusammen, spuckte Blut und riss sich die Handschuhe herunter. Mir wurde schlecht als ich seine Finger sah, sie waren pechschwarz an den Spitzen, und rissig, als hätte er sich schwere Erfrierungen zu gezogen. Ich wandte mich wieder Wache Craig zu, dieser begann rückwärts von mir weg zu gehen und hob beschwichtigend die Hände, meinte ich solle mich beruhigen. Wie sollte ich das bitte, irgendwo bei Wache Markus lag die Leiche von Magister Isac, meinem Vater. Mein Puls raste, ich versuchte nicht in Tränen aus zu brechen, die ganze Situation wuchs mir über den Kopf, da passierte es! ich habe sie alle getötet. Auch wenn ich bis heute nicht weiß wie...
"Denkst du wirklich es hilft dir das alles auf zu schreiben?", die arrogante Stimme von Eritos lies Aurora zusammen fahren. Er war einfach hinter ihr aufgetaucht und hatte ihr über die Schulter geschaut, als sie in einer der wenigen ruhigen Minuten versucht hatte ihr Tagebuch auf den neuesten Stand zu bringen. Aurora war bewusst das er ein leichtfüßiger Elf war, aber ein wenig Respekt hatte sie durch aus erwartet. "Findest du das etwa komisch?", sie erhob sich von dem kleinen Schreibtisch aus Holz und drehte sich zu ihm um. Sein dunkelbraunes Haar viel in perfekten Wellen über seine Schultern, seine spitzen Ohren und extrem feinen Gesichtszüge erinnerten sie an einen Fuchs. Eritos setzte seine unschuldigste Miene auf: "Nie würde ich mich über dich lustig machen Aurora, Tochter des..." "Sag es nicht!", unterbrach sie ihn "das ist kein Titel mit dem man sich rühmen kann!" Eritos packte sie an den Schultern und schob sie mit sanftem Druck vor den großen Wandspiegel: "Schau hinein, du bist eine der letzten Hochelfen, wenn auch nur zur Hälfte, aber darum geht es nicht, egal was er getan hat, dein Vater war ein mächtiger Mann, sei froh um sein Vermächtnis!" Aurora starrte in den Spiegel, sie konnte nichts darin entdecken was für die noch einen Sinn ergab. Anhand von Bildern hatte sie heraus gefunden, dass ihr beinah weißes Haar wohl große Ähnlichkeit mit dem ihres Vaters aufwarf, genau wie die hellgrauen Augen. Nur die hohen Wangenknochen und der helle Hautton stammte von ihrer Mutter. Genervt wandte sie sich ab und warf sich auf das mit grünem Samt überzogene Sofa neben dem Schreibtisch. Eritos hob eine Braue: "Mit dir auf einer Mission, Miss erträgt nicht einmal ihr eigenes Spiegelbild!" Aurora packte einen der Polster und warf ihn nach dem Elf, dieser wich natürlich geschickt aus. "Ich schätze das Gespräch mit deiner Frau Mama ist nicht gut verlaufen?", schlussfolgerte er und setzte sich auf ihren Stuhl. "Sie hat mir erklärt sie konnte mich nicht behalten weil sie immer meinen Vater in mir gesehen hat! Sie dachte ein Magister könnte mich kontrollieren!" Eritos lachte und hob den Polster, der neben dem Stuhl am Boden gelandet war, auf: "Das klingt ja herzlich, wie rechtfertigt sie jetzt dich als Köder zu benutzen für das Ungeheuer das einst deinen Vater tötete?" Er warf Aurora den Polster zu und versuchte ein verständnisvolles Gesicht aufzusetzen. Er ging auf diese Mission weil er die Ehre dafür einheimsen wollte, sie wurde dort hin geschickt um den Schrecken des Ostens für diesen Handel zu interessieren. "Was denkst du Eritos, werden wir jemals aus Kenas zurück kehren? Eigentlich will niemand dort hin...", begann Aurora und rollte sich auf dem Sofa herum, sodass sie aus dem kleinen Fenster auf den Hafen schauen konnte. Die Schiffe und das Meer hatten sie die letzten Tage zumindest ein bisschen beruhigt, genau wie salzige Lust die durch das Fenster strömte. "Ich denke wir werden zurück kehren, als Helden! Dann können wir machen was wir wollen, sobald der Krieg gewonnen ist versteht sich!", Eritos starrte nun auch verträumt auf die See. Im Gegensatz zu Aurora sah er der Mission mit freudiger Erwartung entgegen. Die letzten Tage hatte er genutzt um dem Bauernmädchen, welches den Umbruch von allem ihr bekannten erlebt hatte, zu erklären was eigentlich hinter der Mission steckte.
Der König der Menschen, Muriel, hatte seine Länder im Westen, dort am Rande der Zivilisation war Aurora aufgewachsen. Im Süden wirkten unter Führung des Magisters Hephaistos die Elfen, Eritos stammte aus der Hauptstadt Solhafen. Im Norden in den verschneiten Bergen thronten die Nordmenschen, ihr Anführer konnte angeblich mit Tieren sprechen. Sein Name war lang, nicht einmal Eritos war er noch einfallen. An der Ostgrenze in den Wäldern lebten die letzten Hochelfen, Abkömmlinge des Mondgottes wie sie selbst sagten, mit der Natur verbundene Wesen. Die verschiedenen Völker hatten sich Jahre lang bekriegt, Ansprüche auf Ländereien des anderen gestellt. Das hatte aufgehört als einer der Menschen, Taljan, in den Bergen hoch im Norden etwas gefunden hatte, eine uralte verfluchte Waffe. Das Schert hieß Seuchenbringer, es stammte aus einem alten Riss in der Welt, angeblich hatte es einem mächtigen Dämon gehört. Seine Truppe starb qualvoll an der Krankheit, die des Schwert verbreitete, danach kehrten sie zurück, aber ihre Seelen waren finster, sie waren die Marionetten des Taljans.
Taljan war ein guter Hauptmann des verstorbenen Königs gewesen, treu, rechtschaffen und gerecht, aber Seuchenbringer veränderte auch seine Seele. Mit Hilfe der Hochelfen gelang es den vereinten Völkern zwar ihm Seuchenbringer zu entreisen und das verdammte Schwert zurück in die Hände des Dämons, der es einst auf diesem Kontinent gelassen hatte, zu bringen. Aber Taljans Macht war dadurch nicht versiegt. Er verbreitete Angst und Schrecken, bis die Magister ihn schließlich mit Hilfe eines anderen Dämons besiegen konnten.
"Hat Magister Isac dir nie etwas über deine Mutter erzählt?", fragte Eritos und unterbrach Auroras Gedanken mit seinen Worten. "Er hat nicht erwähnt das sie die Königin der Hochelfen ist, nur das sie uns verlassen hat, als ich noch ein Kind war. Ich wünschte er wäre mein Vater gewesen!", Aurora setzte sich auf. Ihr Kopf brummte, die letzten Wochen, nach der Ermordung von Magister Isac hatten sie zu tiefst verwirrt. Ein plötzliches Klopfen an der hölzernen Tür lies beide erschrecken. "Geh du", bat Aurora Eritos "und verscheuche wer auch immer mir jetzt noch auf den Geist gehen möchte!" Eritos erhob sich und ging zur Tür, als es lange still blieb hob Aurora ihren Blick. Der Elf war verschwunden, aber ihre Mutter stand vor ihr.