Wie schwer er atmete, wie sein gesamter Körper bebte. Ich riss die Augen auf als mir Mikes Worte ein weiteres Mal ins Gedächtnis kamen. „Papa, bitte.“ Ich versuchte mich aus seinen Armen zu befreien, um ihn irgendwie zu beruhigen. Er würde sterben. Sehnsüchtig klebten seine Augen an mir, umso schwerer wurde es für mich ihn sanft nach hinten zudrücken, wodurch er wieder in eine liegende Position kommen konnte. „Alles wird gut.“, versuchte ich ihn zu überzeugen, doch ich glaubte es mir selbst kaum. Meine Stimme zitterte, war kaum hörbar durch das tiefe Schluchzen, dennoch versuchte ich so ruhig wie möglich zu reden um ihn nicht noch mehr aufzuregen. „Bitte vertrau mir.“, flehte ich und half ihm dabei sich nach hinten zu legen. Er vertraute mir wirklich, doch kaum, dass er lag bemerkte auch er die Folgen seiner Leichtsinnigkeit. Seine Hand suchte verzweifelt meine, was nur noch mehr Schmerzen brachte. Er schnappte panisch nach Luft. Mike, er war der Einzige, der jetzt helfen konnte. Ich sprang auf, wollte ihn holen, als der Griff meines Vaters mich wieder vom Gehen abhielt. „Ich hole nur Hilfe. Ich verspreche dir, dass ich wieder komme.“, meinte ich sanft als ich mich zu ihm hinunter beugte und über seine Wange strich. Kaum ließ er mich los, war nichts mehr von meiner eben noch erzwungenen, ruhigen Art vorhanden. Ich stürmte aus der Tür und fiel dem Königlichen Arzt sofort in die Arme, der wie versprochen vor der Tür auf mich gewartet hatte. Verwundert über meine stürmische Art fing er mich auf, doch noch bevor er irgendetwas sagen konnte platze das verzweifelte Kleinkind aus mir heraus. „Vater, er stirbt. Du musst ihm helfen, schnell!“, mit Tränen in den Augen und Panik in der Stimme brachte ich nicht mehr als dies heraus. Mike zögerte nicht lang und schob sich an mich vorbei, hinein ins Zimmer meines hoffentlich noch lebenden Vaters. Ich hingegen kam nicht auf die Idee jetzt in diesen Raum zurückzukehren. Ich lehnte mich an eine Wand und sank bitterlich weinend zu Boden, wartend darauf, dass Mike zurückkam. Doch er kam nicht, er kam nicht heraus und ich machte mich schon auf die Worte bereit, die ich vor vielen Jahren schon beim Tod meiner Mutter gehört hatte. Eine Stunde lang saß ich auf den kalten Boden, das Gesicht feucht von meinen Tränen und mein Herz voll von Verzweiflung, als sich endlich die Tür mit einen Knarzen öffnete und Mike einen Schritt herauskam. Erwartungsvoll schaute ich zu ihm hoch um irgendeine Information aus seinen Gesicht nehmen zu können, doch vergebens. So sehr ich mich auch anstrengte, ich wusste nicht was hinter der Steinwand wartete. Langsam kniete er vor mich und nahm meine Hände. Wieder stiegen die Tränen in mir auf und noch bevor er etwas sagen konnte fiel mein Kopf, vor Erschöpfung, in meinen Schoß. „Es geht ihm gut.“ Ungläubig blickte ich in an und sah in ein verdutztes Gesicht. „Ich weiß nicht wieso. Tausende Male habe ich mir vorgestellt, wie dieser Moment sein wird, wie ich versuche dein Herz zum Schlagen zu bringen und jedes Mal starb er. Er ist zu schwach. Er hätte diesen Herzinfarkt gar nicht überleben dürfen.“ Verwirrt und müde schaute ich zur Tür neben mir. „Er will dich sehen.“ Und wieder in die Augen meines Ersatzvaters. „Wozu? Um einen weiteren Infarkt auszulösen.“ Ja, ich gab mir die Schuld daran. Ich wusste wie krank er war und trotzdem ging ich hinein. Ohne jegliche Vorwarnung stand ich nach 12 Jahren einfach da. „Ich glaube du bist der Grund, weshalb er noch lebt. Du hast ihm einen Willen gegeben.“ Heftig schüttelte ich den Kopf. „Er braucht dich.“ Wieder drehte ich den Kopf Richtung Tür, während Mike mich an den Händen hochzog und mich vor diese Stellte. Mit den Händen auf meinen Schultern flüsterte er mir zu: „Rede einfach mit ihm. Zeig ihm, dass du da bist.“ „Was ist, wenn es wieder passiert?“, fragte ich voller Angst im Herzen. „Versuch ihn etwas zu beruhigen.“ Er küsste meinen Hinterkopf und öffnete die Tür für mich. Und wieder lag Papa da, mit einen müden Lächeln auf den Lippen schaute er zu mir als könnte er nicht glauben, dass ich wirklich real war. „Ich habe also nicht geträumt.“, flüsterte er mehr zu sich als zu mir, als ich auf ihn zuging. „Nein Vater. Ich bin wirklich hier.“ Auch ich lächelte sanft und legte die Hand auf sein Herz um nachzusehen, ob es immer noch schlug. „Tatsächlich.“ Wieder versuchte er mein Gesicht zu berühren, doch kam er nicht annährend so nah heran, wie beim letzten Mal. Ich hielt ihn auf aus Angst dasselbe wieder durch zu leben und weil ein gequältes Gesicht mich dabei ansah. Ich hockte mich kurz auf den Boden und presste die Lippen auf die vor Schmerz geballte Faust. „Alles ist gut, ich bin hier.“ Eine einzelne Träne tanzte seine Wange hinunter. „Es tut mir so leid. Alles was ich getan habe tut mir so leid. Seid du weg warst verging kein Tag an dem ich meine Taten nicht zu tiefst bereut habe. Ich weiß“, er stockte, als bekäme er wieder keine Luft, „keine Entschuldigung der Welt macht es wieder gut. Doch wenn du mir verzeihst, kann ich endlich meinen Frieden finden.“ Ich schüttelte den Kopf und bemerkte sofort wie schnell sein Puls wurde. „Ich kann dich deinen Frieden nicht finden lassen.“, meinte ich sanft, setzte mich wieder auf die Kante und strich ihm die Tränen von den Augen. „Das würde bedeuten dich gehen zulassen und das kann ich noch nicht.“ „Wie gern ich dich jetzt in meine Arme schließen würde.“ „Wie gern ich mich jetzt in ihnen wiederfinden würde.“ Wie lang ich wohl beim ihm saß? Vielleicht war es nur eine halbe Stunde, vielleicht waren es drei. So viel Zeit hatte ich ewig nicht mehr mit ihm verbracht. Doch irgendwann sank ich mit der Hand in seiner zu Boden und schlief mit den Kopf aufs Bett gelehnt ein.