Früh am nächsten Morgen, klingelte Nicos Handy. Verwirrt öffnete er die Augen und griff nach seinem Handy, um es wieder auszumachen. Heute war der Tag. Hoffentlich klappte alles genauso wie er es geplant hatte. Schnell sprang er unter die Dusche, zog seinen Anzug an und rannte runter zu seinem Auto.
Als er grade einsteigen wollte, hörte er wie jemand rief: „Guten Morgen, wo willst du denn so früh hin?“ Nico erkannte die Stimme sofort. Es war Daniela.
„Ich mach einfach nur eine kleine Spritztour“, antwortete er leise. Er wollte nicht, dass alle Welt mitbekam, dass er wegfuhr.
„Du weißt, dass du mir immer sagen musst, wenn du irgendwohin möchtest. Vor allem wenn du so schick angezogen bist“, ermahnte sie ihn.
Nico verdrehte die Augen: „Okay gut, ich fahre zu einem Schlachthof.“
„Zu welchem?“
„Nach Montesilvano.“
Daniela riss erschreckt die Augen auf. „Was genau möchtest du dort? Ich verbiete dir dort hin zu fahren!“
Nico setzte sich in sein Auto. „Ach noch eins, erzählen sie bitte nichts Leonie-Sue.“ Mit diesen Worten fuhr davon. Daniela straffte wütend die Schultern. Das konnte doch nicht wahr, fuhr der freche junge Mann einfach weg, obwohl sie es ihm verboten hatte. Schnellen Schritts ging sie zur Hauseingang. Sie erblickte Sheona an der Hauswand.
„Hat dir keiner beigebracht, dass man nicht lauschen darf?“ Sheona zuckte mit den Schultern. Ihr war jegliches Ausschimpfen von Daniela egal.
Aber was wollte Nico bei dem Schlachthof?! Was hatte er da verloren? Schnell rannte sie zu ihrem Auto und fuhr Nico hinterher. Bei einer Tankstelle hielt er. Sheona parkte etwas abseits und beobachtete, wie er sein Auto tankte und in der Tanke verschwand. Irgendwie kam er nicht wieder. Genervt holte Sheona ihr Handy aus ihrer Hosentasche. In diesem Moment ging ihr Tür auf.
„Na so ein Zufall, dass wir uns hier treffen“, meinte Nico grinsend. Vor Schreck ließ Sheona ihr Handy fallen.
„Also was willst du? Warum verfolgst du mich?“, fragte Nico gereizt.
„Was soll ich tun?“
„Jetzt tu nicht so“, gab Nico zurück. Wieso wollten grade heute alle wissen, was er tat? Sonst hat es doch auch keinen interessiert.
„Erstens bist du viel zu unwichtig, um dich zu verfolgen und zweitens warte ich hier auf jemanden“, log Sheona.
„Mach was du willst. Lass mich aber in Ruhe.“ Mit diesem Worten drehte er sich auf dem Absatz um und ging wieder zu seinem Auto. Sheona atmete tief aus. Da hatte sie echt noch einmal Glück gehabt. Trotzdem quälte sie der Gedanke, dass Nico zu dem Schlachthof fuhr. Was mochte Leonie nur an so einem Menschen?! Er war eingebildet, arrogant, selbstsüchtig und einfach immer richtig gemein. Und Leonie Sue? Ihre beste Freundin, war liebevoll, stets gut gelaunt, half allen die Hilfe gebrauchten und war sehr gefühlvoll. Wobei sie sich in letzter Zeit doch etwas verändert hatte. Sheona konnte nicht ganz sagen wie, aber es stand fest. Leonie war anders als sonst. Und das gefiel Sheona ganz und gar nicht, sie wollte ihre beste Freundin wieder zurück. Ihre normale beste Freundin. Sie war wieder zu Hause angekommen und setzte sich niedergeschlagen auf die Gartenschaukel.
„Na, wie geht es meinem wunderschönen Mädchen?“, fragte Leo, der sich grade zu ihr setzte. „Ist Leonie in letzter Zeit irgendwie komisch?“, fragte Sheona, anstatt zu antworten.
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ich habe sie nicht so oft gesehen“, antwortete ihr Vater.
„Ich finde sie benimmt sich komisch. Andauern geht es um Nico. Nico hier und Nico da. Und ach Nico ist ja so toll“, beschwerte sich Sheona.
Leo lächelte. „Weißt du, als ich Anna näher kennengelernt habe, hat mein Zwillingsbruder sie auch gehasst. Aber irgendwann hat er gemerkt, dass ich genauso sein Bruder bin wie vorher.“ Sheona runzelte die Stirn. Bestätigte ihr Vater grade wirklich ihre Vermutung?! Mochte Leonie Nico tatsächlich mehr, als gut für sie war?
„Toll Papa, du hast es grade noch schlimmer gemacht“, ärgerte sich Sheona. Doch Leo grinste.
„Was gibt es da zu grinsen?“
„Du solltest lieber mit Leonie reden, als dich zu ärgern“, riet Leo. Sheona schüttelte energisch den Kopf. Sie würde darüber kein einziges Wort verlieren, sonst wäre sie am Ende noch schuld an diesem grässlichen Desaster!
Inzwischen war Nico an dem Schlachthof angekommen. Er wusste gar nicht wo er zuerst hinschauen sollte. Leonie hatte ja gesagt, dass es hier heruntergekommen war, aber so schlimm hatte Nico sich das nicht vorgestellt. Ein hoher Zaun mit Stacheldraht umgab den gesamten Hof. Das Tor hatte drei fest verschlossene Schlösser. Als der Besitzer das Tor öffnete, bellten vier Wachhunde laut los. Nico ließ sich aber nicht von seinem Vorhaben entmutigen. Mit einem freundlichen Lächeln stieg er aus und begrüßte den Besitzer: „Wunderschönen guten Morgen, Herr Agostini.“ Nico ekelte sich vor sich selbst, er klang wie seine Eltern.
„Morgen“, brummelte dieser und ging vor ihm in das zerfallene Haus. Nico wunderte sich, wie ein Mensch in so einem dreckigen Haus freiwillig wohnen konnte. Er setzte sich auf den angebotenen Stuhl
„Kommen wir gleich zur Sache“, sagte Herr Agostini.
„Natürlich. Ich würde mir gerne ein genaues Bild von dem Hof hier machen. Ist das möglich?“, fragte Nico freundlich.
„Nur, wenn du mir ungefähr sagst, was du mir für eine Summe bieten kannst“, meinte sein Gegenüber unfreundlich.
„Durch meinen ersten Eindruck, ist ihr Gestüt, vielleicht so um die 50.0000€ wert“, sagte Nico. Es stank fürchterlich nach vergammelt. Hier müsste man alles vom Grundriss an erneuern. Eigentlich war es nicht mal 1.000€ wert. Aber Nico war klar, dass Herr Agostini eine hohe Summe verlangen würde.
„Das muss mehr werden“, sagte der Besitzer bestimmend.
„Wird es bestimmt noch, aber vorher muss ich mir diese Anlage erstmal anschauen“, versuchte Nico den Mann zu überreden. Dieser nickte widerwillig und stand auf.
„Das ist das Wohnhaus, auf dieser Etage gibt es ein Wohnzimmer, eine Küche und ein Badezimmer. Unten im Keller gibt es vier Räume, die du nutzen kannst wie du willst. Oben sind ein paar Schlafzimmer.“ Die beiden gingen auf den Hof. Nico musste sich zusammenreisen. Er war kurz davor sich zu übergeben. Es stank draußen einfach noch schlimmer, als drinnen.
„Der Hof ist ziemlich groß, das gefällt mir“, sagte Nico lobend. Der Besitzer nickte nur mürrisch und ging in den Stall. Dieser war dunkel, klein und überall klebte Blut. Nico würgte. Hier starben die armen Tiere also.
„Hier bringe ich die Tiere immer unter. Außerdem haben Sie hier Platz für mehr als 10 Viecher“, erklärte Herr Agostini. Zu dem Hof gehörten noch eine kleinere Koppel und eine Verbrennungsanlage. Nico wollte sich gar nicht erst vorstellen, was darin passierte.
Als sie wieder im Haus waren, sagte Herr Agostini: „Du wirst hier wahrscheinlich eh eine Villa hinstellen.“
Nico schüttelte den Kopf. „Nein, da liegen sei falsch.“ Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern: „Mach was du willst. Ich verlange mindestens 150.000€!“
Nico schüttelte den Kopf. „Ich kann Ihnen höchstens 70.000€ anbieten.“
„Nein, dann lebe ich hier ja sogar besser“, lehnte er ab.
„Okay 90.000€, höher kann ich wirklich nicht gehen. Hier muss man ja so einiges umbauen und renovieren, da kommen auch noch kosten auf mich zu“, erklärte Nico freundlich. Der Besitzer schien zu überlegen und nickte schließlich.
Nico lächelte:“ Sehr gut, dann unterschreiben sie doch bitte den Kaufvertrag. Wenn sie sich denn nochmal…“ Nico schwieg, Herr Agostini hatte schon unterschrieben. Wie konnte man sich nur über Tisch ziehen lassen?!
„Wann bekomme ich das Geld?“
„Ich werde es morgen auf Ihr Konto überweisen. Und da Sie schon unterschrieben haben, müssen Sie hier in den nächsten zwei Wochen raus“, sagte Nico. Herr Agostini nickte und begleitete Nico wieder zu deinem Auto.
„Danke für das gute Geschäft“, sagte Nico und reichte dem Mann die Hand. Dieser schlug kräftig ein.
„Auf nimmer Wiedersehen, du Halsabschneider.“ Nico antwortete nichts. Stattdessen verließ er so schnell er konnte, den Hof.