Ich erwachte mit schmerzenden Gliedern und pochendem Schädel. Um mich herum die nur allzu bekannte Finsternis. Stöhnend mühte ich mich aufzustehen, doch eine kleine Bewegung meines Kopfes reichte schon aus, um mich zum Gegenteil zu bewegen. Angestrengt versuchte ich nun mich wieder in meine derzeitige Lage zu versetzen. Es fiel mir jedoch schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Was war geschehen, bevor ich zusammengebrochen war?
Mein Gehirn ratterte und spuckte wirre Erinnerungsfetzen aus. Ich war davongelaufen... Auf der Flucht vor einer dieser Kreaturen.
Oh nein! Voller Panik horchte ich in die Stille, doch kein Laut war zu vernehmen... Es schien fast so, als wäre ich dem Biest entkommen. Meine Aufregung legte sich wieder etwas.
Langsam und vorsichtiger als vorhin, richtete ich mich auf.
Hier saß ich nun auf dem steinigen Boden, fühlte mich allein gelassen und hatte keine Ahnung, wie mein nächster Schritt aussehen sollte. Ich hatte nie das Bedürfnis verspürt ein Held zu sein. Doch was blieb mir anderes übrig?
Ganz verstand ich zwar nicht, wie ich das alles schaffen sollte, aber mehr denn je wollte ich in mein altes Leben zurück. Ich hatte nicht das Geringste zu verlieren...
Langsam tastete ich meinen Nacken und meine Schultern ab. Nichts.
Nur ein leichtes Pochen unter der Haut. Jedenfalls schienen keine Verletzungen durch das brennende Gefühl vor meinem Zusammenbruch entstanden zu sein. Aber mein Hemd war hin, es hing verklebt und zerfetzt an mir.
Kurz entschlossen riss ich mir die Überbleibsel vom Leib und wischte mir damit den kalten Schweiß von der Stirn.
Wieder protestierte mein Kopf durch die Bewegungen und ich sog scharf die Luft ein. Ich musste mich ausruhen, so würde ich keinen einzigen Schritt tun können...
Mit angezogenen Beinen und dem brummenden Schädel auf meinen Knien gebettet, saß ich da und merkte dabei erst gar nicht, wie sich etwas hinter mir bewegte.
Erst als ein knirschendes Geräusch an meine Ohren drang, zuckte ich zusammen und wollte davon rennen. Doch meine Beine gaben unter mir nach und ich fiel zurück in meine sitzende Position. Nein bitte nicht! Nicht schon wieder!
Mit vor Angst verkrampften Gliedern versuchte ich wegzukriechen, als mich von hinten eine Hand am Arm packte.
Ich keuchte auf und wurde zurückgerissen. Zwei Arme legten sich um meinen zitternden Oberkörper und hielten mich fest umschlungen.
Strampelnd setzte ich mich zur Wehr, doch ich war gerade zu schwach, um irgendetwas auszurichten. Angst und Verzweiflung legten sich um meine Kehle und schnürten mir die Luft ab. Dieses Mal war es wohl wirklich vorbei...
Ein warmer Atem kitzelte meinen Nacken und ich hörte eine Stimme an meinem linken Ohr. "Hey, es ist alles gut. Bitte hab keine Angst!"
Verwundert hielt ich in meinen kläglichen Abwehrversuchen inne.
"Ich bin keines dieser Dinger, bitte glaub mir. Ich bin ein Mensch so wie du!"
Diese Stimme... Ich hatte sie schon einmal gehört... Beim ersten Mal war ich weggerannt, doch diesmal blieb ich sitzen. Sollte ich es wirklich glauben? Ein Mensch...? Tom hatte ja gesagt, dass hier mehrere Seelen gefangen waren. Trotzdem wollte das nicht so recht in meinen Kopf.
Der Griff um meine Schultern lockerte sich und ich entspannte mich etwas. Die Person, eine Frau wahrscheinlich, schien das zu spüren und redete weiter.
"Bist du in Ordnung? Du warst unmächtig..."
Ich richtete mich etwas auf.
"Bitte! Renn nicht weg und bleib hier!"
Ein Paar zitternder Arme umschlang mich von Neuem und ich hörte ein leises Schluchzen an meinem Ohr.
"Bitte..."
Vorsichtig legte ich meine Hände auf die Arme der weinenden Frau. Meine Zweifel hatten sich mit einem Mal in Luft aufgelöst.
"Ich gehe nicht weg.", antwortete ich ruhig und nahm die schmalen Handgelenke kurz weg von meiner Brust. Langsam drehte ich mich um und tastete in der Dunkelheit nach dem Körper der jungen Frau.
Meine Hand glitt über ihre Haare und strich dann beruhigend über ihren Rücken, der von lauten Schluchzern geschüttelt wurde.
Ich konnte es noch immer nicht fassen... Ich war nicht alleine hier drin! Überschwänglich legte ich einen Arm um die Taille der Frau und zog sie an mich. Für einen Moment verblieb ich in dieser Position, ließ sie jedoch ebenso schnell wieder los.
"Entschuldigung!", krächze ich beschämt. Ich Hornochse hatte mich gerade einfach gehen lassen...
"Schon okay. Ich bin dir wirklich nicht böse.", hörte ich eine leise Stimme sagen. "Ich bin Anna. Und wie heißt du?"
"Ich heiße Michael.", antwortete ich.
Verwundert spürte ich Tränen an meinen Wangen herabfließen. Meine Hoffnung, die ich fast schon aufgegeben hatte, kehrte langsam zu mir zurück.