Zu zweit schlenderten sie durchs betriebsame Lager, wo Fendriks Trupp sich damit beschäftigte, ihren Abmarsch vorzubereiten. Karren standen hintereinander aufgereiht und waren zum Teil bereits beladen. Fendrik trabte mit seinem Beritt aus besagten zwei Zehnen heran und brachte sein Pferd vor Ben und Eric mit verhaltenem »Brrrr« zum Stehen. »Wir sind so weit, die Karrenladungen werden noch verteilt und unbenötigte zurück an ihren Platz geschafft. Die Arbeiter suchen anschließend ihren persönlichen Tant zusammen, sodass wir in spätestens einem halben Zehnteltag aufbrechen können.«
»Kommt mir Heil an, mein Freund. Gönne deinen Leuten vor Ort etwas Ruhe und beginnt sodann mit dem Aufbau der Palisade und der Bereinigung des Passes. Wir werden uns bald wiedersehen. Viel Erfolg und einen sicheren Ritt.«
Zum Abschied griffen sich Fendrik und Ben an den Handgelenken und drücken freundschaftlich zu.
»Spannt die Pferde vor und verstaut euren Kram, wir wollen noch vor der Dämmerung der zweiten Tageswende am Pass sein. Erst in diesem können wir ohne Gefahr wärmende Feuer errichten und unsere Glieder strecken!«, trieb Fendrik seine ausgewählten Helfer und Arbeiter an. Mit gestikulierten Händen, wies er seinen Jägern, ihnen zur Hand zu gehen.
Eric schaute seinem sich entfernenden Freund hinterher und lächelte nickend. »Du hast Fendrik nicht ohne Grund mit dieser Aufgabe betraut?«
»Nein, das habe ich nicht. Du hattest mir mal den Rat erteilt, ihn etwas auf Abstand zu seinem Bruder zu halten. Ich habe diesen nicht vergessen und so hat er die Möglichkeit sich zu entfalten, ohne in dessen Schatten zu stehen. Nur so kann er Eigenverantwortlichkeit lernen.«
»Stimmt. Schau sie dir an, niemand lungert herum. Alle sind bestrebt, ihren Aufgaben gewissenhaft nachzukommen. Sie fühlen, dass der Aufbruch naht.«
»Zu Recht. Bald wird dieses Lager weitestgehend verlassen sein. Nur ein zurückgelassener Entsatz wird die Stellung halten und Nachrückende auf das vorbereiten, was sie erwartet.«
»Willst du die Schlucht nach wie vor ausbauen? Ich meine, wenn von hier aus weitere folgen sollen, müssen wir auch für entsprechenden Schutz aufbieten können.«
»Darüber habe ich mir gleichermaßen Gedanken gemacht. Diese Herausforderung soll ebenfalls die deines besten Freundes sein. Ich möchte ihn hier in Middellande belassen und ihm die wichtige Aufgabe übertragen, über unsere Nachschübe zu wachen. Die Schlucht hat letztlich nur einen Zugang, den er mithilfe der Nachrückenden befestigen soll. Es werden weitere Menschen kommen, einige davon sicherlich auch im Kampf begabt, sodass er sich eine eigene feste Besatzung ausbilden kann. Dieses Lager soll die Verbindung zwischen uns sein.«
»Aber er kann dieser Aufgabe niemals allein gerecht werden«, widersprach Eric und schaute seinem Gegenüber vorwurfsvoll an. »Jarik wird keinesfalls von deiner Seite weichen. Er würde für dich als Erster in den Tod springen, sodass du ihn nicht von dir weisen kannst. Yaeko wirst Du auch nicht wieder los. Nehme es mir nicht krumm, aber ich werde hier bei Fendrik bleiben. Ich lasse ihn mit dieser schweren Aufgabe nicht allein zurück. Du hast zwei äußerst fähige Männer als Stütze. Wenn sie nicht mehr hier sind, fehlt ihm die rechte Hand.«
Ben blieb lächelnd stehen, schaute zu Eric und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Genau aus diesem Grunde habe ich dich zurückgehalten. Ich wollte mit dir darüber reden und fragen, ob du mit ihm bleiben magst. Ich weiß, dass ihr beide sehr gute Freunde seid und du ihm die bestmöglichste Unterstützung gewähren wirst. Wir können Middellande nicht ohne fähigen Schutz lassen und ihr beide zusammen, seid durchaus in der Lage, weitere Kämpfer um euch zu scharen.«
Eric nickte und gemeinsam schritten sie ausdruckslos und schweigend weiter, bis sie das Gelände einmal umrundet und wieder vor den Hütten standen.
»Wann wirst du Fendrik zurückbeordern?«
»Sobald wir abmarschbereit und am Pass angekommen sind. Jarik wird zwar nicht erfreut sein und gegenhalten, aber das ist mein Problem. Wenn ich mit meinem Beritt abreite, bleiben dir noch weitere zwei Zehnen zuzüglich derer, die mit Fendrik den Pass vorbereiten. Ihr solltet in Kürze wieder über einen kompletten Beritt verfügen. Ich möchte dich bitten, bei euren Ausritten und Patrouillen weiterhin Landmarken auf die Karte zu setzen, die euch Thanh überlassen wird.«
»Mein Wort darauf, sobald du vom Norden wieder hierher zur Visite reitest, wird die Schlucht ausgefüllt mit Nachschubgütern sein, umgeben in der Art deines Modelles. Unsere Wachposten werden in Türmen stehen und nicht mehr in den Kronen der Bäume hocken müssen. Wie lange gedenkst du Fendrik Zeit zu geben, die Vorbereitungen zu vollenden?«
»Ich erwarte in zwei Zehntagen den Melder. Sollte dieser nicht eintreffen, reiten wir. Der Tross wir groß und lang, zuzüglich eines kompletten Berittes. Viele Karren und Pferde zum Bewegen von schweren Materialien, Verpflegung und Persönlichem. Eric, wir benötigen eine Menge Menschen für unseren Weg. Nimm dir zwei Scharen und besuche die Siedlungen. Je zwei deiner Männer sollen die künftigen Bewohner der neuen Mark zu den Wegemarken führen. Wir können von hier aus nicht alle zusammentreiben. Um im nächsten Sommer mit der Ernte der ersten eigenen Verpflegung beginnen zu können, müssen etwa fünfhundert Menschen mit uns ziehen.«
Eric erstarrte verblüfft und versuchte in Bens Gesicht eine Spur von Schalk zu erkennen. »Fünfhundert? Wir beherbergen in der unsrigen Siedlung mal mehr, mal weniger als Zwei. Ich befürchte jedoch, dass du eher vorhast, weiträumig die Leute zusammenziehen zu wollen?«
»Wenn wir diese Siedlung hier komplett verlegen würden, bliebe niemand mehr, der den Flüchtlingen aus den flussnahen Provinzen erklärt oder beschreibt, wie es sich in der hiesigen verhält. Daher können wir nicht einfach zwei oder drei Siedlungen umsiedeln. Nicht alle werden bereit sein diesen beschwerlichen Weg zu gehen, Eric. Außerdem müssen wir mit Bedacht vorgehen. Denk nur an Grimfield, der würde es glatt fertigbekommen, das gesamte Unterfangen zu versauen.«
»Du hast wohl recht.« Eric rümpfte bei der Vorstellung die Nase und spuckte aus. »Gut, ich werde mich darum kümmern und mit ausgewählten Männern ausrücken. Wir treffen uns dann entsprechend an einem der Wegepunkte.«
»So wird es sein, mein Freund.«