Knisternd spendeten brennende Scheite im Kaminzimmer wohlige Hitze. Auf einem ausladenden Tisch standen zwei eiserne Schälchen parat. Eines gefüllt mit Holz- das andere mit einem Stückchen Steinkohle.
Für den Maestro und seiner Besucherin warteten warmer Tee und saftige gewürztes Lammbrett und duftende Brotscheiben auf verzehr.
Dick gewebte Teppiche und Felle hielten die Kälte der Mauen im Zaun und ließen den Raum gemütlicher wirken.
In seiner menschlichen Gestalt stand er mit auf dem Rücken verschränkten Armen vor der Feuerstelle und beobachte das Ausglimmen einiger Fichtenzweige.
»Rongard halter Haudegen. War mir nicht so, dass du einen Turm zu verteidigen gedachtest?«
»Ich freue mich auch dich zu sehen, Lu.« Er sah weiterhin in die Flammen, konnte jedoch nicht anders. Er lächelte mit geschlossenen Augen. Luan war noch Jung, obgleich ihr Mundwerk oftmals an das eines Erwachsenen erinnerte. Schon seltsam aber unbestreitbar. So einige, die das Mischwesen in seinem Leben kennen lernen durfte oder musste, konnten sich eine gehörige Scheibe von der Assassine abschneiden. »Du hast uns gefunden. Sag, wie war dein Weg?«
Angesprochene sah sich um, ihr Fagerleuer stets auf Schulterhöhe und nicht weit von ihr entfernt. Das kleine feurige Wesen schien die Schälchen unlängst bemerkt zu haben und surrte immer wieder in deren Richtung.
»Wenn ich sage ... anstrengend ... reicht dir das?«
Nanu, so ernst? Er sprach es nicht aus, dachte sich hingegen sein Teil und legte sich die abenteuerlichsten Begegnungen zurecht. »Es soll mir genügen. Schwere Zeiten belasten uns alle und die wenigsten davon dürften angenehmer Natur sein.«
»Ay.«
»Nun sag deinem Calcifer schon, er darf sich an der Kohle bedienen. Steht ja nicht umsonst da.« Einladend hielt er Luan die Hand und wies ihr den angedachten Platz.
Er wusste nicht genau, was ein Gentleman so tat, aber dachte den Stuhl unter ihr Gemächt zu schieben, könne dazugehören.
»Hopla«, ihr entwich ein freudiges Lachen. »Sag, was treibst du hier?« Augenscheinlich wollte sie das Thema nicht auf sich beruhen lassen.
»Ich?«
»Wer, wenn nicht du?«
»Mmh.« Mit der Linken strich sich das Mischwesen über das Kinn und täuschte vor nachzudenken.
»Quatschkopf. Los raus mit der Sprache. Dass du ein Tänzchen vor der Akademie abgehalten hast, ist ja nun alles andere als ein Geheimnis. Apropos ...« Sie hob wissend den Zeigefinger.
»Du meinst die Leute da draußen«, bestimmte der Maestro oder Rongard, wie man ihn auch nennen mag, und fiel seinem Gast ins Wort. »Es sind die Gemeinen, die den Turm in das hier ...« Theatralisch hob er die Hände und drehte sich um die eigene Achse. »... ermöglichten.
»Hm. Ja. Ist klar. Leuchtet vollkommen ein. Du hast mit alledem so rein Garnichts zu tun. Wie war das doch gleich mit der Akademie?«
Ein Schnauben entwich ihm und Calcifer sah hell leuchtend auf. »Wie kann eine so junge Dame nur dermaßen neugierig sein?«
»Dame?«
»Soll ich lieber sagen ... Holde?« Fragend hob er die rechte Braue und sein gegenüberliegender Mundwinkel hob sich seicht. Sie kam nicht umhin, seine funkelnd blauen Augen zu mustern.
»Nein.«
»Dacht ich's mir.« Er schüttelte den Kopf und griff nach dem Lammbrett. »Es ist wie ich sagte. Die Leute taten eigenständig, was du hier siehst. Ich scheine lediglich als Motivation zu dienen.«
»Motivierend oder als Schlächter?«
Seine Züge entglitten ihm. Sein Blick wurde forschend und ermahnte zur Vorsicht. »Da draußen rotten sie sich zusammen und vernichten, dessen sie habhaft werden. Uns zu wehren, entscheidet über Sieg oder Niederlage. Ich bin kein Mann der Magie, in mir klingt das Lied der Klingen.«
»Aber ... was ist mit deiner Fantasie?«
»Dies obliegt einzig jenem, der nebst meinen Worten, auch meine Taten umschreibt.«
»Du bist selbstbestimmt und keine Marionette von irgendjemanden. Erzähl nicht so einen Unfug«, erhob Luan ihre Stimme und hieb unbeabsichtigt mit der Faust auf den Tisch. »Rongard. Setze Grenzen und behaupte dich frei zu sein. Wir sind Belletristica.«
»Mmh. Weißt du ... ich bin frei zu tun, was immer mich bewegt. Ich folge keinem vorherbezeichneten Weg oder plott.
Ich gehe, wohin ich gehen möchte und tue Dinge, die ich tun möchte. Ich bestimme, wohin meine Reise mich führt. Mein Schöpfer schreibt lediglich ... wie ich mich entwickle. Nicht mehr, nicht weniger.«
»Aber ...«
Beruhigend legte er seine Hand auf die ihre. »So wie ich, erschufen sich auch meine Brüder und Schwestern. Der Fanstasie entsprungen zwar aber mit einem Eigenleben.«
Tief sog Luan Luft in ihre Lungen. »Wenn du frei bist, von allem was die Schöpfer uns auferlegen, wie gedenkst du der nahenden Horde zu begegnen?«
Wissendes lächeln begleitete seine Worte, als er sich erhob und zurück zum Kamin schritt. »Ich habe noch ein Ass im Ärmel.«