Als ich auf den Parkplatz des Schwimmbads einbog, stand die Sonne so steil am Himmel, dass ich selbst in meinen kurzen Shorts und meinem Tanktop anfing zu schwitzen. Also beeilte ich mich besonders und sah deshalb, als ich zu den Umkleiden abbog nicht den Typen, in den ich geradewegs hineinlief. Wir knallten zusammen und der gesamte Inhalt meiner Schwimmtasche lag nun verstreut auf den leicht feuchten Kacheln des Fußbodens
„Sorry, tut mir leid. Warte ich helfe dir.“ Erst registrierte ich nicht einmal, dass der Typ mit mir sprach, da ich gerade zu einer Entschuldigung ansetzte, aber nachdem ich mich gefasst hatte konnte ich ihm auch antworten, naja in ganzen Sätzen sprechen konnte ich natürlich nicht. Er war ja schließlich ein Wesen vom anderen Geschlecht und diese hatten es so an sich, dass meine Stimme verlernte, wie sie sprach.
„Nein, Quatsch! Ich, ich meine ich äh das war doch meine Schuld. Ich hätte nicht so schnell, nicht so schnell um die Ecke laufen dürfen.“ Er schaute mir sichtlich amüsiert und lachend entgegen.
„Naja ist ja jetzt auch egal, wer die Schuld trägt. Wenigstens habe ich jetzt einen Vorwand um ein hübsches Mädchen zu fragen, ob es mit mir Pommes im Schwimmbad essen möchte.“ Herausfordernd starrte er mich an. Und was tat ich? Ich vermasselte die Chance meines Lebens indem ich pampig „Nein, danke“ sagte und mich mit hochrotem Kopf in die nächste Umkleidekabine verkroch. Dort setzte ich mich auf die Bank und wünschte, ich könnte meine unhöfliche Reaktion irgendwie rückgängig machen. Ich musste immer gleich zickig werden, wenn ein Junge versuchte, sich mir zu nähern, oder auch nur einen harmlosen Anmachspruch von sich ließ. Mit Tränen in den Augen zog ich mich schnell um und jetzt konnte mich noch nicht mal mehr mein neuer Bikini aufheitern, auf den ich vor einer Stunde noch so stolz gewesen war. Das gute Stück mit den blau weißen Längs-Streifen hatte mich vierzig Euro gekostet. Ich wusste, dass er zum Bahnen schwimmen wie ich es tat ungeeignet war, da er wirklich sehr knapp geschnitten war und wahrscheinlich sofort verrutschen würde, sobald ich in den Pool sprang, jedoch fühlte ich mich in Sportbikinis oder Badeanzügen immer wie eine Wurst in der Pelle.
Nachdem ich mich noch einmal kurz im Spiegel betrachtet hatte, um sicherzugehen, dass ich keine vom Weinen geröteten Augen hatte, machte ich mich auf den Weg zum Kampfschwimmbecken. Ich prüfte kurz mit meinen Zehen, wie warm das Wasser war, fröstelte bei der Vorstellung darin zu schwimmen, überwand mich dann aber doch und sprang, ohne groß darüber nachzudenken wie immer mit einem Köper ins kalte Wasser. Hätte ich nachgedacht, wäre mir vielleicht mein neuer Bikini eingefallen, bevor meine Hose hinuntergerutscht und mein Oberteil aufgegangen war. Schnell zog ich meine Hose wieder hoch und sah mich hektisch um. Niemand achtete auf mich. Gut, dann hatte ich wohl noch einmal Glück im Unglück gehabt. Ich schwamm, meine linke Hand fest an meinen Rücken gedrückt um die losen Bänder zusammenzuhalten, zum Beckenrand und versuchte eine Schleife, oder wenigstens einen Knoten hinzubekommen. Pustekuchen! Es hört sich blöd an, aber wenn man versucht mit beiden Händen eine Schleife auf seinem Rücken zu binden, diese Hände aber gleichzeitig braucht, um sich über Wasser zu halten, funktioniert weder das eine noch das andere. Einfach aus dem Becken steigen konnte ich aber ja leider auch nicht, weil ich dafür ja auch beide Hände gebraucht und mein Bikini sich dann völlig verabschiedet hätte. Ich muss wohl einen ziemlich hilflosen Eindruck gemacht haben, denn plötzlich hörte ich hinter mir eine wie mir schien bekannte Stimme.
„Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“, fragte der Typ, den ich eben noch vor meiner Umkleidekabine stehen gelassen hatte. Nein! Dachte ich. Peinlicher kann das doch jetzt nicht mehr werden! Doch alles, was ich herausbrachte, war mal wieder nur sinnloses Herumgestammel.
„Ähm, äh, keine äh Ahnung.“ Hilflos deutete ich mit meinem Kopf auf meinen Rücken. Er warf einen kurzen Blick auf meine Hände, die immer noch fest um die losen Bänder lagen und machte sich dann daran, meinen Bikini zu schließen. Als er fertig war, sah er mich lächelnd an. Ich konnte nur zurücklächeln und ein wahrscheinlich unverständliches Danke stammeln. Doch das war gar nicht nötig, denn der Typ hatte in genau diesem Moment auch schon wieder begonnen zu reden.
„Hör mal, wegen eben. Das tut mir leid. Es war ziemlich blöd von mir dich so anzumachen. Tut mir leid. Ich bin übrigens Wes.“ Über den Beckenrand hinweg streckte er mir seine Hand hin und ich konnte irgendwie nicht anders als ihn anzulächeln und sie entgegenzunehmen. Während meine Hand auch nach dieser kurzen Zeit im Wasser schon ziemlich schrumpelig geworden war, fühlte seine sich sonderbarerweise weich und glatt an.
„Schon Ok“, sagte ich, doch ich konnte meine Augen immer noch nicht von ihm nehmen. Erst jetzt viel mir auf, wie gut er eigentlich aussah. Braune Locken, wunderschöne grüne Augen, hohe Wangenknochen und der Körper eines Leistungssportlers. Außerdem hatte seine Haut einen leicht dunklen Teint und er musste mindestens 1,90m oder so groß sein. Ich hatte ihn wohl etwas zu offensichtlich angeglotzt, da er mich sehr amüsiert anschmunzelte.
„Normalerweise sagt man seinen Namen, wenn der andere sich vorstellt. Aber sieh dich zu nichts gezwungen. Guck mich nur weiter so an.“ Da hatte er wohl durchaus Recht. Ich war aber auch irgendwie noch von der gesamten Situation etwas überrumpelt.
„Oh klar mh… Ich bin Emily. Sorry ich war noch etwas überwältigt von der Situation.“ Verlegen musste ich seinem Blick ausweichen bevor ich weitersprach, weil ich spüren konnte, wie ich langsam aber sicher rot anlief. „
Danke! Du hast mich echt gerettet.“ Jetzt war ich dran mit Lächeln. Ich hatte es geschafft eine sinnvolle Antwort zu geben. Ich war richtig stolz auf mich.
„Also, Emily was ist denn jetzt?“ Er durchbohrte mich förmlich mit seinen Blicken. „Liegt es an den Pommes oder an mir? Mein Angebot von eben steht noch.“ Ich konnte es nicht glauben. Dieser Junge flirtete mit mir und hatte mich grade nach einer Art Date gefragt. Das wollte ich jetzt auf keinen Fall wieder vermasseln. Deshalb versuchte ich so cool wie möglich zu antworten, was jedoch natürlich gehörig in die Hose ging.
„Nein, Quatsch nicht an dir und nicht an den Pommes. Ich meine ähm ach was ich meine ist äh ich würde gerne mit dir Pommes essen gehen.“ Smile smile smile von meiner Seite. Man wie dumm hatte das denn geklungen? Ich würde gerne mit dir Pommes essen. Man Emily! Ich dachte, ich hätte es schon wieder versaut, doch anscheinend amüsierte mein albernes Gestammel ihn auch noch. Er lachte kurz, fand dann aber doch seine Stimme wieder.
„Ok, dann lass uns mal einen freien Tisch suchen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten (worüber ich aus gegebenen Gründen eigentlich ziemlich froh war), schwang er sich über den Beckenrand aus dem Wasser und reichte mir einen seiner extrem muskulösen Arme, um mir herauszuhelfen. Auf dem Weg zum Schwimmbadimbiss kam ich mir dann doch ziemlich blöd vor, weil ich mal wieder keine Ahnung hatte, worüber ich reden sollte und er die ganze Zeit nur blöd vor sich hin grinste. Wahrscheinlich hatte ich mich so auffällig verhalten, dass ihm längst klar sein musste, was für eine Wirkung er auf mich hatte. Ich benahm mich aber auch unmöglich. Ein Mädchen sollte dem Jungen gegenüber ja eigentlich nicht so hilflos und ihm ganz verfallen wirken. Also beschloss ich die Situation irgendwie zu retten, indem ich ihn so cool wie möglich das Erstbeste fragte, was mir in den Sinn kam:
„Kommst du eigentlich aus Amerika oder so?“ Dieses Grinsen regte mich langsam richtig auf. War der irgendwie arrogant oder so?
„Meinst du wegen meines Namens? Meine Mutter stammt aus LA. Sie hat auf einer Reise nach Deutschland meinen Vater kennengelernt und ist hier bei ihm hängengeblieben. Muss wahre Liebe gewesen sein. Ich jedenfalls könnte mir nicht vorstellen, freiwillig von LA nach Köln zu ziehen.“ Schon wieder dieses Grinsen. Da ich nicht wusste, wie ich darauf antworten sollte, tat ich es ihm einfach gleich und lächelte einfach vor mich hin. Inzwischen hatten wir auch einen Platz gefunden und setzten uns grade einander gegenüber hin, als ich Anna, Ginas allerbeste Freundin, erblickte.