„Cinderella! Wie oft soll ich eigentlich rufen, bis… oh hallo, wer bist du denn?“, Die Frau, offensichtlich Cindys Mutter, die das Zimmer vor ein paar Sekunden betreten hatte, sah mich überrascht an.
„Ich äh ich bin Emily, eine Freundin von Wes. Das ist eine ganz blöde Geschichte. Ich habe meinen Schlüssel zu Hause liegen gelassen und meine Eltern sind das ganze Wochenende über nicht da. Ich wollte auch gar keine Umstände machen. Aber Wes hat darauf bestanden, dass ich hier übernachte.“, antwortete ich rasch, die Stimme noch ganz rau vom Schlaf. Irgendwas von dem, was ich gesagt hatte, hatte sie wohl erfreut, denn nun strahlte diese fremde Frau mich an.
„Das ist aber schön. Wir freuen uns immer über Besuch. In zehn Minuten gibt es Frühstück. Glaubst du, du schaffst es bis dann fertig zu sein und Cindy geweckt zu haben? Auf mich hört sie aus Prinzip nicht.“
„Klar“, sagte ich, erleichtert von ihrer freundlichen Reaktion. Als sie wieder draußen war, stand Cindy sofort auf und stellte sich vor ihren Spiegel um Creme aufzutragen. „Morgen!“, murmelte sie noch ganz schlaftrunken. „Wenn du duschen willst, weißt du ja, wo das Bad ist. Aber dann musst du dich beeilen, weil es ja schon in zehn Minuten Frühstück gibt. Ansonsten kannst du auch einfach später duschen. Hier!“ Sie warf mir eine graue Jeans, ein weißes Top und einen rosanen Pullover zu. Eigentlich überhaupt nicht mein Style, aber ich konnte mich ja jetzt wohl schlecht auch noch über die Klamotten beschweren, die sie mir netterweise lieh.
„Das kannst du anziehen.“
„Danke, ich meine nicht nur für die Klamotten, sondern auch, dass ich hier übernachten durfte und so. Ich glaube ich dusche jetzt noch schnell. Ich komme dann nach zum Frühstück.“, erwiderte ich, während ich mir die Kleidung über den Arm hängte und ins Bad verschwand. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, setzte ich mich erst einmal auf die geschlossene Klobrille und legte meinen Kopf in die Hände. Was genau machte ich hier eigentlich? In einem fremden Haus, mit fremden Leuten. Einem Kerl gefolgt, der anscheinend seltsame Stimmungsschwankungen hatte und bei dem ich absolut keine Ahnung hatte, woran ich bei ihm war. Und niemand wusste, dass ich hier war. Ich hatte meinen Eltern noch nicht einmal auf die Mailbox gesprochen. Als ich letzte Nacht vor dem Einschlafen noch kurz halbherzig versucht hatte, sie zu erreichen, war ich mehr als erleichtert, als die automatische Ansage ansprang. Die wären sonst wahrscheinlich sofort nach Hause zurückgekommen, wenn ich ihnen erzählt hätte, wo ich war. Und vielleicht machte ich mir auch einfach zu viele Gedanken, weil ich so etwas normalerweise nie machen würde. Einfach mitten in der Nacht mit zu einem Fremden nach Hause fahren und da übernachten. Aber Cindy schien super nett zu sein und auch ihre Mutter hatte sich anscheinend über meine Anwesenheit gefreut. Ich legte die Klamotten auf die Ablage neben der Dusche und zog mich aus bevor ich mich unter den angenehmen Strahl aus heißem Wasser stellte und versuchte, meine Sorgen für einen Moment zu vergessen.