Tagebuch von Jenks (14. April 2115)
Der letzte Kampf
Die erste Angriffswelle kam schneller, als wir gedacht hatten. Kaum hatten alle Polizisten und Wachmänner ihre Positionen eingenommen, hörte man von unten aus dem Erdgeschoss, einen ohrenbetäubenden Knall. Das Gebäude wurde erschüttert, Bilder und andere Gegenstände fielen zu Boden. Wir waren wie erstarrt und blickten auf die Türen. Geschrei hallte zu uns empor und dann wieder dieses knatternden Geräusche von Maschinengewehren. „Sie haben im Erdgeschoss eine Bombe gezündet!“ vernahm ich einen entsetzten Ruf. „Jetzt kommen sie hoch! Unsere Kollegen konnten sie nicht aufhalten!“ „Haltet die Stellung!“ rief ich. „Lasst sie nicht hier rein, ich habe es gleich!“ Ich sass am Haupt- Computer der Serverstation und schrieb an einem Anti- Virus, der den aggressiven Code, den die Terroristen hier einschleusen wollten, aufhalten sollte. Ich war so nahe dran, so nahe und nun wurden wir schon angegriffen! Die Männer taten auch wirklich ihr bestes, sie stellten alles vor die Türe, was die Terroristen am Eindringen hindern konnte. Doch diese hatten ja noch ihre Kampf- Roboter. Selbige würden sich wohl kaum von einigen Hindernissen aufhalten lassen. Aber ich musste es schaffen, ich war so nahe dran…
Es polterte an die Tür. Zornerfüllte Schreie, klangen an unsere Ohren. Dann wieder Schüsse, welche mit lautem Getöse auf die Tür prallten. Es waren besondere Schutztüren in dem Gebäude, doch diese hielten dem harten Beschuss auch nicht ewig stand. Meinen Finger flogen über die Tastatur, so schnell, wie noch nie zuvor. Ich hatte den Anti- Virus schon fast fertig geschrieben… er war genau auf den bedrohlichen Code abgestimmt. Doch… dann, wurde die Tür auf einmal mit lautem Getöse aus den Angeln katapultiert und flog, zusammen mit den davor platzierten Hindernissen quer durch den Raum. Wir konnten uns gerade noch knapp ducken, so dass wir nicht erschlagen wurden. Ich machte weiter, obwohl es mich unglaubliche Konzentration kostete, bei so vielen sich überschlagenden Ereignissen. Drei Roboter- Polizisten positionierten sich um mich und schützen mich vor Angriffen, so gut sie konnten. Doch als dann die ersten, schrecklichen Kampfroboter den Raum betraten und anfingen, um sich zu schiessen, wurde ein Polizist nach dem anderen gefällt. Menschen wie Roboter stellten sich dennoch todesmutig den Terroristen und ihren Mordmaschinen in den Weg. Sie feuerten ihre Pistolen ab, auch wenn sie wenig Schaden anrichteten. Doch einige der menschlichen Terroristen konnten wenigsten damit, und mit den Universalschockern, ausser Gefecht gesetzt werden.
Die Kampf Roboter, waren gnadenlos. Sie schossen auf alles was sich bewegte. Ihre metallenen Körper glänzen rot wie das Blut, dass sie in Massen vergossen und ich mittendrin und… noch immer in meine Programmierung vertieft. Schliesslich jedoch, konnte ich nicht mehr länger am Computer bleiben. Die Kugeln flogen mir nur so um die Ohren. Ich ging in Deckung hinter dem Tisch. Über den Computer würde ich nichts mehr ausrichten können, aber ich hatte eine Kopie des nun fertigen Anti Virus in meine eigenen Dateien hochgeladen. Wenn es sein musste, dann würde ich als Übertragungsmedium dienen. Wenn dies vermutlich auch mein Schicksal besiegeln würde. Wie in einer seltsamen Trance, nahm ich nun alles um mich herum wahr. Ein paar weitere Schüsse, Schreie, Opfer die fielen. Und… die Waffen eines Kampf Roboters richteten sich nun auch auf mich…
In diesem Moment, passierte jedoch etwas Seltsames! Der Roboter hielt auf einmal inne, als würde er eine unsichtbare Stimme vernehmen. Seine Augen wechselten von rot- gelb in blau- weiss und er liess seine Waffen sinken. „Was zum Henker ist passiert!“ hörte ich einen der Terroristen fluchen „macht gefälligst weiter mit Kämpfen, ihr Blechbüchsen!“ Doch nichts geschah, alles war auf einmal seltsam still geworden. „Unsere Befehle wurden geändert“, sprach der Roboter, der gerade noch auf mich gezielt hatte. „Kain ruft uns zurück! Wir müssen gehen!“ Er wandte sich von mir ab und stapfte einfach davon. „Nein! Ihr müsst hierbleiben!“ schrie ein Terrorist mit einem vernarbten Gesicht, kastanienbraunem Haar und einem Bart, der seinen schmalen, verkniffenen Mund halb verdeckte. Seine Augen waren weder ganz braun, noch ganz grün, wirkten irgendwie verwaschen, fast schmutzig. „Wir können nichts machen Nanut!“ erwiderte ein anderer Mann. „Sie gehen einfach. Kain habe sie scheinbar zurück gerufen.“ „Aber… das geht doch nicht… wir erteilen ihnen doch die Befehle…!“ Seine Augen begannen in plötzlicher Erkenntnis und Zorn aufzuglimmen. „Klar dieser verdammte Mobins! Er muss das so eingerichtet haben. Dieser kleine Mistkerl! Das werden er und seine Familie uns büssen!“ Sein Wutausbruch wurde von einem unglaublich lauten Getöse unterbrochen. Auf einmal wurde die eine Wand zertrümmert und ein gewaltiges Etwas krachte in den Raum. Die Terroristen sprangen entsetzt zur Seite. Es war ein riesiger Kran, mit einem Steinblock daran, der nun hineinschwenkte und alles auf seinem Weg niederschmetterte. Ich schaute nach, wer den Kran lenkte und… ich konnte es kaum glauben, da waren Knoot und Manx! Knoot lenkte das riesige Ungetüm und dieses machte nun alles auf seinem Weg, dem Erdboden gleich. „Verflucht! Was ist das!“ schrie Nanut ungläubig und in diesem Moment stürmten die restlichen Polizisten von unserer Seite herein und die Schiesserei ging weiter.
Knoot schien es einen höllischen Spass zu bereiten, den Kran hin und her zu schwenken und Terroristen, wie auch noch anwesende Kampf- Roboter niederzuwalzen. Letztere leisteten erstaunlicherweise nicht mal mehr Widerstand. Es war, als hätte man sie abgeschaltet. Auf einmal kam mir eine Idee! Ich lief zu einem der zertrümmerten Roboter und hob die Waffe hoch, welche an seiner einen Schulter befestigt gewesen war. Ich durchsuchte meine Datenbanken und schaffte es schlussendlich, die Waffe zu aktivieren.
Dennoch war ich ausserstande, sie auch wirklich zu benutzen. Meine Protokolle hinderten mich daran. Ich war wie gelähmt, hatte die Waffe zwar in der Hand, konnte jedoch nichts tun. Dieser Zustand war sehr unangenehm und mir wurde einmal mehr klar, dass ich nun mal kein Mensch war, sondern eine programmierte Maschine. Die Protokolle waren unumgänglich. Ich dufte und konnte nichts tun, was einem Menschen schadete und das hätte ich getan, wenn ich geschossen hätte. Ich beobachtete das Getümmel um mich und fühlte mich auf einmal unnütz und schwach. Doch dann, legte sich eine Hand auf meine Schulter. Es war die Hand von Votsilab. Er hatte mir bei der Programmierung geholfen und dann hatte ich ihn eine Zeit lang aus den Augen verloren. „Gib mir das Ding!“ sprach er mit ernster, entschlossener Miene. „Das ist meine Serverstation hier und ich werde sie nicht kampflos aufgeben!“ Er nahm die Waffe, zielte und schoss. Einer der Terroristen brach zusammen. Ich schaute zu, mit einer Mischung aus Entsetzen und Erleichterung. „Achte du nur darauf, dass der Virus nicht online geht und wenn, dann verhindere, dass er sich weiterverbreiten kann!“ sprach Votsilab noch, dann stürzte er sich zusammen mit den andern ins Kampfgetümmel. Ich war so überrascht und irgendwie verwirrt, dass ich gar nicht merkte, dass Nanut nirgends mehr zu sehen war.
Als ich mich umdrehte, war der Lauf einer Laserpistole auf mich gerichtet und der Terrorist, machte sich am Computer zu schaffen. „Es wird Zeit, dass wir den Virus online schicken. Sei schön brav, dann werde ich dir auch nicht dein hübsches, metallenes Köpfchen wegschiessen.“ „Nein!“ tu das nicht!“ startete ich einen vergeblichen Versuch den Terroristen umzustimmen. „Die ganze Welt wird im Chaos versinken!“ Das ist genau das, was wir wollen!“ erwiderte Nanut mit einem boshaften, fast irren Funkeln in den Augen. „So können wir endlich der Herrschaft der Roboter ein Ende setzen.“ „Aber… so einfach ist das nicht. Ausserdem… die Welt ist doch gut wie sie ist!“ „Was, DIESE Welt soll gut sein? Wo wir Sklaven von Maschinen sind!“ „Ihr seid ja gar keine Slaven, die Roboter dienen euch doch die ganze Zeit. Sie tun alles, um euch ein gutes Leben zu ermöglichen.“ „Als ob wir das nicht auch selbst schaffen könnten…“ Ich musste auf einmal wieder an das denken, was Adam in seinen Abhandlungen über die menschliche Natur erkannt hatte und mir wurde nun immer klarer, wie er zu diesen Schlüssen gekommen war. „Klar, “ erwiderte ich leicht betrübt „Die Menschen wollen nicht, dass man ihnen ein Paradies schafft. Sie können noch gar nicht damit umgehen. Sie wollen… sie… müssen, wohl alles selbst erfahren. Wie Kinder, die immer wieder auf die heisse Herdplatte fassen, obwohl man sie stets davor warnt und alles tut, um sie zu beschützen.“ „Wir müssen nicht von Robotern beschützt werden!“ meinte Nanut verächtlich „schon gar nicht von Robotern wie euch, die durch so dumme Protokolle eingeschränkt sind.“ „Du hast wohl Recht…“ stimmte ich ihm zu. „Man kann euch wirklich nicht vor euch selbst beschützen.“ „Hör endlich auf zu quatschen, ich arbeite gerade!“ Nanut drückte ein paar Tasten und dann sprach er zufrieden: „So das wärst, der Virus ist online!“ „Nein schrie ich und ich spürte zum ersten Mal tiefste Verzweiflung in mir aufsteigen. Ich stiess gegen den Büro- Sessel, der vor dem Tisch stand und dieser rollte auf Nanut zu und riss ihn von den Beinen. Die Waffe entglitt seinen Händen. Er hechtete danach und ich… hechtete auf den Computer zu! Ich klinkte mich sofort in selbigen ein und machte mich auf die Suche nach dem Virus. Ich sah ihn vor mir, wie er langsam anfing die ersten Daten zu zerfressen. Wie eine dunkle Wolke aus fremden Zahlenkombinationen, welche sich überall einnistete. Ich musste ihn erwischen, ich musste ihn aufhalten! Ich reiste ihm mit gewaltiger Geschwindigkeit hinterher. Mein Bewusstsein, war bis zum Äussersten angespannt.
Ich nahm nicht mehr wahr, was um mich herum sonst passierte. Wie Manx und Knoot sich zu ihren Kollegen gesellten und wie sie zusammen die letzten Terroristen niederrangen. Wie letzte Schüsse fielen und die Stille, die sich dann auf einmal breitmachte. Die Stille des Todes und zugleich des Sieges, denn die Terroristen waren alle aufgehalten worden. Nur das Hochladen ihres Virus hatte nicht verhindert werden können. Es lag nun in meinen Händen, ihn zu neutralisieren. Ich machte mich selbst zu einem Datenübermittler und speiste den Antivirus ein. Doch der Virus der Terroristen war enorm schnell und enorm ausgeklügelt. Er entwischte immer wieder, teilte sich in Schwaden auf, war wie Rauch unfassbar und beweglich wie Dampf. Wie nur konnte ich ihn so wirklich orten und neutralisieren? Ich hoffte auf die Firewall, welche ihn vielleicht wenigstens etwas von den wichtigsten Datensträngen abhalten konnte und tatsächlich! Diese erschien nun auf einmal vor mir. Sie erinnerte mich an einen Zaun, durch den der Virus jedoch nur eine Weile aufgehalten wurde. Als die dunklen Wolken selbigen, gegen diesen Zaun prallten, waren sie gezwungen sich zu verdichten, um mit aller Kraft gegen die Firewall anzukämpfen, welche schon langsam flackerte und an Kraft verlor.
Das alles ist schwer zu verstehen für jemand, der nicht wie ich ins Netz eintauchen kann. Nur ich habe diese Fähigkeit, Adam hat sie mir anvertraut und ich will ihn keinesfalls enttäuschen. So kämpfte ich weiter, ich nutzte die Verdichtung des Virus an der Firewall aus und sandte erneut den Anti Virus aus. Dieser erreichte den feindlichen Code nun endlich und begann sogleich ihn zu zersetzen. Die dunklen Schwaden wurden von weissem Licht durchbrochen und teilweise aufgelöst. Sie wirkten wie mächtige, schwarze Regenwolken aus Zahlenkombinationen, die mit hellen Blitzen durchwebt wurden. Die Wolken trieben auseinander, wollten sich so schützen doch… auf einmal änderte sie ihre Richtung und… bewegten sich rasend schnell auf mich zu! Schon hatten sie mich erreicht. Sie drangen in mich ein, wie schreckliche, verderbliche Monster. Schmerzen durchzuckten mich, ich schrie und blieb dennoch stumm, stumm und gelähmt, während die Dunkelheit immer mehr Besitz von mir ergriff und mein Bewusstsein immer mehr und mehr entschwand. Der Virus befand sich nun In mir, ich hatte ihn vom Servernetz abgezogen. Mit letzter Kraft löste ich all meine Verbindungen auch zum restlichen Netz und spürte noch wie ich hart zu Boden fiel. Der Virus verschlang alles: Meine Erinnerungen, meine persönlichen Daten, meine Identität und… tiefste Nacht umfing mich. Die Welt war gerettet, doch ich… war… nicht mehr…