Hektisch suchend gleiten meine Finger von Buchrücken zu Buchrücken. Verdammt, wo finde ich es bloß?
Normalerweise genieße ich es außerordentlich, durch Buchläden zu stöbern und mir dabei viel Zeit zu nehmen - aber in der Weihnachtszeit verwandelt sich das Ganze in eine eigenständige kleine Hölle. Futsch ist sie dann, die schöne Ruheoase. Ständige ungewollte Berührungen, gemurmelte Entschuldigungen und dröhnendes Stimmengewirr haben es vom Rest des Einkaufszentrums nun auch in die Buchläden geschafft. Stöbern is nich, denn da steht schon einer hinter dir, der ans selbe Regal will - oder aber man ist selbst dieser jemand, der gezwungen ist, zu warten, bis man dran ist.
Wenn ich nicht unbedingt dieses Buch für meine Mutter besorgen müsste, wäre ich auch gar nicht hier. Nun aber kommt erschwerend hinzu, dass ich keine Ahnung habe, wo ich es finde.
Die Angestellten sind alle beschäftigt, was mich ehrlich gesagt sehr erleichtert. Für einen Menschen, wie mich, der nicht nur schüchtern ist, sondern auch unter einer leichten Sozialen Phobie leidet, ist es schon alleine eine Herausforderung, sich in einem solchen Getümmel überhaupt erst aufzuhalten.
Ich erschrecke, als meine Finger gegen andere Finger stoßen. "Entschuldigung" murmle ich, ohne aufzusehen, und fühle wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. In diesem Moment fällt mir auf, dass jemandes Hand mit meiner zu berühren mir oft viel intimer vorkommt, als eine einfache Umarmung.
Die Hand hat sich gut angefühlt, warm aber rau von der harten Winterluft. ich denke daran, wie lange es her ist, seit ich zum letzten Mal meine Finger mit denen einer anderen Person verschränkt habe - und denke daran, wie intim diese simple Geste ist, und dass es niemanden gibt, mit dem ich das tun würde.
Diese raue, warme Hand hat mich daran erinnert, wie gut sich solche simplen Berührungen anfühlen.
Ich fasse meinen Mut zusammen, blicke auf, und entdecke ein neues Universum in fremden, doch seltsam vertrauten Augen.