Dann berührte er sie. Nur am Kinn. All seine Wärme schien in sie zu sickern. Ganz langsam drang die Wärme tiefer und tiefer in sie ein. Als ob heißes Wasser das vorherrschende Kalte verdrängen würde. Doch diese Wärme, so heiß sie auch war, war ganz und gar nicht unangenehm. Und plötzlich umarmte er sie und seine andere Hand lag auf ihrem Rücken und füllte sie auch dort mit Wärme. Als wäre sie nun zwischen zwei Heizungen gepresst die auf die höchste Stufe eingestellt waren, lag sie regungslos in seinen Armen. Nie wieder wollte sie das er sie loslässt. Und sie war ihm so unendlich dankbar für diese Wärme. Die Glückseligkeit übermannte sie so sehr das man in einem solchen Moment eigentlich nur noch hätte weinen wollen, doch noch nicht einmal das vermochte sie augenblicklich. Auch wenn er kein Wort sagte so war es vollkommen klar das es ein uneigennütziges Geschenk an sie sein sollte. Ein Geschenk, vergeben aus unendlicher Liebe.
Dann wachte sie auf. Nun aber kullerte ihr eine Träne über die Wange. Sie wischte sie weg und schob es auf die noch müden Augen. Wieder einer dieser Träume. Schon seit sieben Tagen hatte sie jede Nacht einen dieser Träume. Sie stellte den Wecker ab den sie heute nicht mehr brauchen würde, denn wieder einmal war sie vor dem Signal wach geworden. Ihre Füße und Hände waren eiskalt, auch wenn sie am Torso schwitzte. Es war immer so, besonders nach diesen Träumen. Dann ging sie ins Bad und ließ das übliche Prozedere Ablaufen ohne es wirklich bewusst mitzubekommen. Das Bewusstsein und ihre Körpersprache begannen sich erst nach ihrer ersten Tasse Milch zu aktivieren. Viele sagten, Milch mache müde, doch bei ihr war es umgedreht. Der erste kühle Schluck ließ sie nun bewusst die Augen öffnen. Das Haus war wieder einmal totenstill an diesem frühen Morgen. Sie packte gewissenhaft ihren Rucksack und verließ das Haus. Musik aus ihrem MP3-Player brachten sie den zwanzigminütigen Weg zur Schule. Beim betreten dachte sie wie froh sie sei das es doch schon Donnerstag war. Nicht nur das. Morgen wäre der letzte Schultag. Der aller letzte. Nie wieder Schule. Sie konnte den Gedanken noch gar nicht richtig begreifen. Weit über zehn Jahre bestand ihr ganzes Leben nur aus Schule. Sie wollte es sich nicht eingestehen, aber auch wenn sie Schule hasste konnte sie sich ein Leben ohne sie nicht wirklich vorstellen. Sie hob den Blick und atmete noch einmal tief ein bevor sie wieder ihr falsches Lächeln aufsetzte. Nicht weil sie die Persönlichkeit mochte die sie vorspielte, sondern einfach weil sie diese Fragen über ihren traurigen und ernsten Gesichtsausdruck satt hatte. Das war nun mal ihr Gesichtsausdruck, was sollte sie tun? Gesichtsoperation?
Schnell wischte sie die Gedanken beiseite. Sie traf auf ihre Klasse. Noch waren nicht viele da und schon gar nicht welche mit denen sie sich unterhalten würde. Sie setzte sich auf einen der Tische die vor der Tür von dem Raum standen in dem sie jetzt Unterricht hatte. Die Zeit schritt voran und während sie so vor sich hin döste füllte sich langsam der Gang vor dem Raum.
Erschrocken blickte sie plötzlich auf. Ihn hatte sie ja total vergessen. Der Junge aus ihrem Traum. Er war kein Unbekannter, sondern ein Klassenkamerad und kam gerade den Gang entlang. In diesen Träumen waren er und sie schon so oft und innig zusammen gewesen, das sie immer noch nicht glauben konnte das sie sich in der Wirklichkeit nicht mal grüßten.
Sie erinnerte sich an einen vorherigen Traum in dem die Beiden vollkommen nackt ineinander gekuschelt waren. Sie sprachen kein Wort und doch war das wohlige Glück das sie verspürten fast greifbar. Die Erinnerung an diesen Traum füllte ihren Kopf mit wohlig glücklichen Gedanken.
Sie sah das er an seinen üblichen Leuten mit denen er zusammen hing vorbei ging. Ihr Herz schlug schneller. Wie in Zeitlupe schritt er den Gang hinunter. Sah er sie etwa an? Er schien auf sie zuzugehen. Ein echtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er streckte die Hand aus und sie öffnete den Mund, bereit ein freudiges 'Guten Morgen' heraus zu schmettern. Dann lief die Zeit wieder normal und er begrüßte mit einem Handschlag seinen Kumpel der sich in der Zeit ihrer geistigen Abwesenheit neben sie auf den Tisch gesetzt hatte.
Knacks
Wie berstendes Eis konnte man ihr Herz brechen hören. Es schmerzte sie so unglaublich das sie ihr weinen kaum zurückhalten konnte. Krampfhaft sah sie zur Seite und hoffte das man nicht bemerkte das sie den Tränen nahe war. Jetzt war es ihr auch noch unheimlich peinlich das sie ihn angestarrt hatte. Hoffentlich hatte er es nicht bemerkt. Wo blieb auch nur der Lehrer? Der Unterricht hatte doch schon seit fünf Minuten angefangen. Ausgerechnet heute war auch ihre Tischnachbarin nicht da. Die einzige Schülerin die sie wirklich mochte und sogar als Freundin bezeichnen würde. Endlich waren die beiden Lehrer da und schlossen die Tür auf. Der Unterricht begann im Lernbüro, dort waren immer zwei Lehrer anwesend.
Im Lernbüro spielte man ein Unternehmen und die dazugehörigen Außenpositionen nach um auf echte Büroarbeit vorbereitet zu werden. Eigentlich wie Freistunden. In fünf Minuten tippte man das von Lehrer angeforderte Pensum ab und tat den Rest der vier Unterrichtsstunden so als ob man immer noch damit beschäftigt wäre. Und gerade heute sollte es eine kleine Planänderung geben. Die Lehrer wollten das man mal die Posten wechselt damit man das ganze auch aus einem anderen Blickwinkel erfährt.
'Schnapsidee',
war das einzige was ihr dazu einfiel. Die Schule war eh bald vorbei, also was zogen die Lehrer den Unterricht noch so streng durch.
Nein, sie war heute wirklich nicht in bester Stimmung. Und gerade als sie damit anfing sich an dem Computer ihres jetzigen Platzes die nötigen Dokumente heraus zu suchen um ihren neuen "Job" nachzugehen blieb ihr der Atem weg. Eine Tischgruppe weiter setzte er sich. Er! Sie hatte hinter ihrem Monitor einen perfekten Blick auf ihn ohne das er mitbekommen konnte das sie ihn beobachtete. Er war so wunderschön.
Nein! Nein! Nein!
Sie kniff die Augen zusammen und versuchte ihn aus ihren Gedanken zu schieben. Für heute hatte er ihr genug angetan. So ein Schwachsinn! Was hatte er ihr denn angetan? Sie bekam einfach keinen klaren Kopf mehr. Vorsichtig blinzelte sie mit einem Auge nach ihm. Er lächelte. Nun öffnete sie ganz die Augen, betäubt von seinem umwerfenden Lächeln. Sie starrte auf seine vollen, roséfarbenen Lippen. Sie waren sicher samten und geschmeidig. Was hätte sie dafür gegen in diesem Moment sie nur einmal berühren zu dürfen, von einem Kuss gar nicht zu reden. In ihren Träumen hatte sie seine Lippen schon so oft küssen dürfen. Und als ob er wüsste was gerade in ihr Vorging und als ob er sie ärgern wollte strich er sich mit seiner Zunge langsam und sexy über seine Lippen. Einen kurzen Moment war sie davor einfach aufzuspringen und ihn zu küssen. Doch dann drangen ein paar Gesprächsfetzen an ihr Ohr. Er erzählte von seiner Freundin.
Natürlich hatte so jemand wie er eine Freundin! Was bildete sie sich denn auch ein. Starr blickte sie auf ihren Bildschirm und ging ihrer Arbeit nach. In der kürzesten Zeit hatte sie auch ihre neue Aufgabe bewältigt. Aber was war das? Es überwältigte sie irgendwie. Plötzlich tränten ihre Augen und sie wusste nicht weshalb. Warum musste sie unbedingt jetzt anfangen zu weinen. Sie versuchte sich ein wenig zu verstecken und zu warten bis es vorbei war. Doch in ihrem Kopf dröhnte es nur. Dann sprach sie jemand von gegenüber an, "Alles in Ordnung?" Es war ihr neuer Tischnachbar. "Ja, ja, es ist alles in Ordnung. Es ist nur …" Sie kam in Erklärungsnot, doch da unterbrach er sie und gab ihr eine gute Ausrede. "Ach so, ja. Du bist ja erkältet." "Ja … so ungefähr.", nuschelte sie. Es war nicht wirklich gelogen. Letzte Woche hatte sie noch eine starke Grippe die jetzt aber am abklingen war. "Hier bitte." Er reichte ihr ein Taschentuch. "Danke." "Willst du kurz mal raus?" Das war gar keine so schlechte Idee.
Sie mochte diesen Jungen. Er war wirklich nett. Es war zu schade das er das Spottobjekt der Klasse war. Ja, Gruppenzwang war eine große, furchtbare Macht. Sie war niemals fies zu ihm oder ähnliches, aber sie konnte sich all die Zeit die sie Klassenkameraden waren, auch nicht mit ihm befreunden. In jeder Klasse gab es Mobbing und Mobbing-Opfer, aber nie hatte sie eine Klasse erlebt die so grausam war wie diese. Und sie war ganz froh das sie relativ gut ignoriert wurde. Sie durfte nicht ins Visier geraten. Es tat ihr zwar sehr leid wegen des Jungen, aber wer nach so dermaßen harten Demütigungen immer noch ein so freundliches und zuvorkommendes Gemüt hatte, würde es überstehen. Vielleicht mit ein paar schweren Wunden und Narben auf der Seele, aber nichts was ihn kaputt machen würde.
Sie trocknete sich die Tränen und begab sich dann zur Tür. Natürlich sah der Lehrer ihre roten Augen als sie sich kurz abmelden wollte. Er fragte ob etwas sei, doch sie sagte das sie nur kurz mal raus müsste. Sie blieb nicht mal stehen während sie ihm das sagte und huschte einfach vorbei. Es war ihr unangenehm wenn Leute die es nichts anging sich in ihr Gefühlsleben einmischten. Gerade wenn sie dieses nicht mal selbst verstand.
In dem kleinen Bad war es etwas kühl. Es war zum Glück niemand hier. Also zog sie das Taschentuch noch einmal heraus und wollte sich ausweinen. Doch es kam nicht mehr sehr viel, sie beruhigte sich hier ziemlich schnell. Sie sah auf das Taschentuch und dachte wieder an den freundlichen Jungen. Warum war er nur so unheimlich freundlich nach allem was ihm angetan wurde. Wie überstand er das alles nur? Und warum schaffte sie das nicht? Sie sollte sich ein Beispiel an ihm nehmen. Nur wegen einer Serie von Träume so auszuflippen war doch lächerlich. Sie schmiss das Taschentuch weg und wusch sich dann mit ein wenig eiskaltem Wasser das Gesicht. Dieser stille, gekachelte Raum und das klare, kalte Wasser brachten sie wieder zur Vernunft.
Sie ging zurück und nahm sich vor sich bei diesem Jungen zu bedanken. Immerhin hatte er mehr getan als ihr nur ein Taschentuch zu schenken. Doch als sie wieder in den Raum kam war er nicht mehr an seinem Platz. Stattdessen saß dort ein Mädchen das erst vor kurzem von einer Parallelklasse hier her geschickt wurde. Sie verstand sich wohl dort nicht sehr gut mit einigen Klassenkameraden und da das Schuljahr eh bald zu Ende war empfand man diese als die beste Lösung. Und bei ihr saß der Junge aus ihrem Traum und unterhielt sich mit ihr. Zum Glück war sie selbst wieder normal und man sah ihr nicht an das sie geweint hatte. Sie ließ sich nichts anmerken als sie sich wie selbstverständlich wieder auf ihren Platz setzte. Und ihre Ohren spitzten sich als sie begann das Gespräch zu belauschte.
Was man dabei indirekt heraus hören konnte war, das das Mädchen eigentlich nur ein wenig Hilfe mit ihrer Arbeit brauchte die sie nicht schaffte und er nur jemanden der ihm zuhörte. Er erzählte von seiner Beziehung. Aber was er da erzählte war wirklich unglaublich. Da hat jemand das große Glück gerade ihn als festen Freund zu haben und dann hält sie ihn zum Narren. Natürlich streitet man sich immer mal ein wenig, aber diese "Psychoterror"-Geschichten die er von seiner Freundin erzählte waren wirklich unbegreiflich, fast schon erschreckend.
Er tat ihr leid und jetzt wollte sie ihn in den Arm nehmen. Oder wenigstens ihm sagen das sie ihm zuhören würde wenn er noch mehr erzählen möchte, einen zum ausquatschen bräuchte. Doch sie waren wie Fremde. Sie grüßten sich morgens ja noch nicht einmal. Wer weiß ob er überhaupt ihren Namen kannte. In ihren Träumen waren sie immer so eng zusammen, doch das hatte rein gar nichts mit der Realität zu tun. Sie konnte nicht einfach aufspringen und sagen "Schütt' mir dein Herz aus!"
Aber war sie selbst besser? Nein! So jemand wie sie hatte ihn schon längst nicht verdient. Das wäre ja als würde man ihn bestrafen. Wieder wand sie sich an ihren Monitor und tat irgendetwas anderes nur um sich abzulenken.
Und nach einem ziemlich langweiligen Tag war die Schule vorbei.
Am Morgen wachte sie auf. Sie gähnte lang und tief. Es fehlten ihr die Worte um ihren momentanen Gefühlszustand zu beschreiben. Irgendwie … leer. Wie jeden Morgen lief alles seinen gewohnten gang. Bad, Milch, Rucksack packen, das Haus verlassen. Erst auf dem Weg zur Schule wurde ihr eines klar. Sie wollte nicht mehr ohne ihn sein. Sie konnte seine Abwesenheit einfach nicht ertragen. Der Grund aus dem dieser Gedanke entstand war ganz einfach dieser. Sie hatte in der letzten Nacht keinen Traum mehr gehabt. Dieses Mal hatte sie nicht von ihm geträumt. Letzte Nacht kam er nicht und legte sich zu ihr oder füllte sie mit Wärme. Und deswegen fühlte sie sich auch so leer. Mit einem Lächeln stürmte sie in die Schule. Das war ganz und gar nicht ihr übliches Verhalten! Niemals würde sie unüberlegt und direkt handeln. Doch heute war ihr alles egal. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Einmal in ihrem Leben würde sie allen Mut zusammen nehmen. Sie würde direkt auf ihn zugehen und ihm alles über ihre Gefühle zu ihm gestehen. Nicht über drei Ecken mit einem Brief oder über Freunde. Es war ihr so egal ob er sie ablehnt oder sich sogar über sie lustig macht, er musste es einfach erfahren. Ein wenig aufgeregt war sie schon und noch mehr überrascht über ihren plötzlichen Mut. Einmal in ihrem Leben würde sie für das kämpfen was sie will und sich nicht entmutigen lassen. Sie konnte kaum glauben was sie sich da vornahm. Immer war sie schüchtern und zurückhaltend und schaffte es schon gar nicht für sich selbst einzustehen. Irgendwie war dieses Verhalten fast schon ein wenig erschreckend.
Erwartungsvoll und mit einem starken Herzklopfen kam sie zum heutigen Klassenraum. Er war noch nicht da. Sie stellte sich neben die Tür und blickte begierig umher. Wieder sammelte sich nach und nach der Rest der Klasse vor der Tür und dieses mal war der Lehrer sogar überpünktlich. Sie setzte sich noch freudig an ihren Platz. Er wird kommen! Der Unterricht hatte früher begonnen. Er würde sicher noch nachkommen.
Doch der Unterricht verging und er war nicht zu sehen. Heute am letzten Schultag hatten sie nur zwei Schulstunden. Zeugnisausgabe. Aber das war im Moment das Letzte was sie interessierte. Wo konnte er nur sein?
Und als der Lehrer dann zehn Minuten eher die Klasse entließ packte sie die Angst. Er könnte doch in den zehn Minuten noch kommen! So langsam sie konnte packte sie ihre Sachen zusammen und als alle Fragen an den Lehrer gestellt und alle Schüler den Raum verlassen hatten ging sie auf den Lehrer zu. "Entschuldigen Sie. Wissen sie warum Damian heute nicht da ist?" Sie konnte kaum glauben das sie auch noch seinen Namen benutzte. Aber ihr Unterbewusstsein feuerte diesen Satz schneller raus als sie darüber nachdenken konnte. "Der kommt heute nicht." Ihr Herz blieb kurz stehen, dann redete der Lehrer weiter. "Aber wenn du ihn noch mal sprechen möchtest, dann warte am besten vor dem Lehrerzimmer. Er hat gesagt er kommt so um diese Uhrzeit um noch sein Zeugnis abzuholen." Mit einem kleinen Hüpfer setzte sich ihr Herz wieder in Bewegung. "Dankeschön.", sagte sie fröhlich und ging schnellen Schrittes zum Lehrerzimmer.
Das Schicksal meinte es gut mit ihr. Ein Treffen nur für sie alleine. Sie würde ihn alleine antreffen, in einer so gut wie leeren Schule. Aufgeregt wartete sie. Das Lehrerzimmer war am Ende einer Sackgasse so konnte sie genau sehen wer hier entlang kam. In diesen 25 Minuten die sie hier wartete kam allerdings nicht einer vorbei. Nicht mal ein Schüler. Schon merkwürdig, aber sie wunderte sich nicht weiter darüber, sondern wartete geduldig weiter. Sie würde nicht einfach aufgeben oder sich entmutigen lassen so wie es sonst immer war. Heute würde sie mal nicht den einfachen Weg gehen. Dieses eine mal in ihrem Leben würde sie mutig sein. Und als ob sie in diesem Augenblick für diese Einstellung belohnt werden sollte erschien eine Gestalt am Ende des Ganges. Es war eindeutig ein Mann, aber in dem dunklen, langen Gang konnte man ihn nicht genau erkennen. Dann beim näher kommen war es eindeutig. Es war nicht er. Dieser Mann der den Gang entlang kam war sehr viel älter. Und als er fast vor ihr stand erkannte sie ihn sogar. Es war ihr Lehrer. "Ach du wartest ja noch auf Damian. Das hab ich vergessen. Er ist mir schon am Klassenzimmer über den Weg gelaufen, da hab ich ihm sein Zeugnis gegeben. Jetzt ist er allerdings schon weg. Er hatte es sehr eilig."
War das ein schlechter Witz? Sie wusste nicht was sie denken sollte. War das hier verkehrte Welt oder so? "Danke", sagte sie ohne den Lehrer auch nur anzusehen und verließ fluchtartig die Schule aus einem Hinterausgang. Sie war traurig, nein anders, sie war leer, nein auch dies war nicht die passende Umschreibung. Innerlich war sie gerade gestorben. Ein einziges mal wollte sie alle Bedenken von sich werfen und dumm und naiv tun was ihr Herz ihr sagte. Ihren Gefühlen nachgehen.
Ja, das war wirklich dumm!
Nun war die Schule aus, für immer. Auf dem Weg nach Hause dachte sie nach. Es war besser so. Was konnte sie ihm auch schon bieten. Sie war ein kaltherziger Gefühlskrüppel und er wohl die gutherzigste Person auf der ganzen Welt. Wen er auch immer lieben würde, sie kann sich mehr als glücklich schätzen. Er würde für seine Liebe die Welt auf den Kopf stellen und sich einen Arm ausreißen. Wie konnte sie nur glauben das sie so eine Liebe verdient hätte.
Nein, nein. Es war besser so. Für alle.
Und außerdem hatte er eine Freundin. Er würde doch seine Beziehung nicht einfach aus heiterem Himmel aufgeben, nur weil irgendeine Tussi aus seiner Klasse von ihm geträumt hatte. "Hallo, ich kenn' dich nicht, aber ich hab von dir geträumt. Willst du mit mir gehen?"
Ja, und das war wirklich naiv!
Und wer weiß ob er tatsächlich so war. Verdammt noch mal, sie kannte ihn doch nur aus diesen Träumen. Sie waren sich einander noch nicht einmal so bekannt das sie sich morgens grüßten. Er konnte auch vollkommen anders sein.
Aber zumindest wurde ihr nun eines klar. Das es ein Hinweis darauf sein sollte das sie ihn nicht mehr sehen würde.
Deswegen hatte sie die letzte Nacht nicht mehr von ihm geträumt.