Slytherin
Er führte mich immer tiefer in diese Katakomben, die er wie eine Westentasche zu kennen schien. Ich sah auf seinen hochaufragenden, geraden Rücken und sein strahlend blondes Haar, das in dieser Finsternis wie ein Leuchtfeuer wirkte. Was er wohl wollte und wo er hin wollte? Dies ging mir alles durch den Kopf, auch wusste ich doch, dass es fast Mitternacht war und ich eigentlich für ein Uhr mit den Twins verabredet war. Aber während ich ihm so folgte, flogen meine Gedanken zurück zu Snape. Er war mir, Hermione, seiner Schülerin, körperlich noch nie so nah getreten, da er sich immer sehr korrekt verhielt! Ich musste ihn wirklich bis aufs Blut gereizt haben und da bezog ich den ganzen Abend mit ein, weil ich nicht dachte, dass nur Dracos Erwähnung so eine Reaktion erzeugt hatte.
Ach Göttin, da fiel mir ja noch ein, ich musste mich ja noch bei Draco für den Tipp im Zug bedanken. Oh Mann, heute geschah aber auch alles hintereinander, da konnte man ja nur Kopfschmerzen bekommen, wie gut das mein Schädel so dick und stur war. Schließlich blieb er vor einer beliebigen Steinmauer stehen, drehte leicht süffisant lächelnd den Kopf zu mir und flüsterte aber für mich verständlich „Schlangengrube“ und schon bedeutete er mir einzutreten. Wenn ich nicht seit Jahr und Tag trainiert hätte meine Gefühle zu unterdrücken, wäre jetzt wohl ein Zeitpunkt gewesen, um erstaunt auszusehen.
Der Slytherinprinz persönlich brachte mich gerade wirklich in das Heiligtum der Schlagen, in den Gemeinschaftsraum von Slytherin. Ich war sprachlos, schritt ihm aber forschen Schrittes hinterher. Am liebsten hätte ich ihn gefragt, ob das so die geniale Idee war, aber da er hier der Chef war, dachte ich mal, das er wusste was er tat und so sah ich denn den Gemeinschaftsraum, welchen ich bisher nur aus Erzählungen von Harry und Ron aus unserem zweiten Jahr kannte, weil sie sich damals mithilfe des Vielsafttranks Zutritt beschafft hatten und mich hatten zurücklassen müssen, zu meiner großen Verärgerung. Mein Eindruck, Harry und Ron waren von ihren Vorurteilen den Schlangen gegenüber echt geblendet gewesen, da sie mir von der abgrundtiefen Hässlichkeit und Kälte erzählt hatten. Nun muss ich sagen, dass der hohe Raum mit den steinernen Säulen, durchbrochen von mehreren Glasscheiben, durch die man in den leicht grünlich schimmernden See blicken konnte und den großen, runden Kugellampen, die von der hohen Decke hingen, dem großen Kamin, mit der voluminösen, einladenden Ruhelounge und den vielen Sesseln und alles in den Farben Grün und Silber gehalten, durchaus einen gewissen Chic hatte, der meinen Geschmack sehr wohl traf.
Somit war ich mehr als positiv überrascht eine so schöne Umgebung vorzufinden, da dies hier auch viel großzügiger gestaltet war als der Gryffindorraum, der vielleicht heimeliger an sich war, aber dies hier hatte auch etwas Herrschaftliches und Beeindruckendes. Draco schritt zielstrebig auf die Insel vor dem Kamin zu. Der Raum war Menschenleer, wie ich nach einem forschenden Blick von mir festgestellte hatte.
„Nimm Platz!“, deutete bestimmend auf die Couch. So ließ ich mich mal wieder auf den mir zugewiesenen Platz auf der Couch nieder, während er den mir gegenüberliegenden Sessel wählte.
„Was hast du am Laufen mit meinem Patenonkel?“, kam er gleich zur Sache.
„Deinem, was? Patenonkel…?“, das erwischte mich dann doch kalt. Snape war der Patenonkel von Malfoy, war ja so was von klar, trotzdem schüttelte ich kurz meinen Kopf, um den Gedanken an die richtige Stelle zu bekommen. Hatte Snape deshalb so stürmisch reagiert? Wollte er sein Patenkind schützen? Oder was war es? Ja, was? Eifersucht, fragte ich mich. Unsinn! Angst, dass ich sein geliebtes Patenkind verderben könnte? War Draco das bis zu einem gewissen Grad eh nicht schon?
„Da bleibt dir die Sprache weg, was Granger?“, frotzelte Draco gutgelaunt und lehnte sich lässig zurück.
„Mhm…, dass ihr so zueinander steht, war mir nicht klar!“, stimmte ich ihm ehrlich zu.
„Du hast auf meine Frage nicht geantwortet“, rief er mir ins Gedächtnis. „Aber warte. Twinks!“, rief er herrisch in den Raum und schon poppte es und eine kniehohe Hauselfe erschien, die mit schlackernden Ohren Draco ergeben anstarrte. „Master Draco, was wünschen, Master Draco?“, piepste das kleine Ding demütig.
„Bring uns zwei Mal heiße Schokolade, mit einem Schuss Whiskey!“, forderte er und wedelte mit seiner Hand. Worauf die Elfe auch nur Sekunden später, das gewünschte servierte und die heißdampfenden, riesigen, dunkelbraunen Tassen vor uns standen und den süßlich herben Duft der Schokolade zu uns wehen ließen, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
„Danke!“, sagte ich und nahm die Tasse, um meine Hände zu wärmen. Draco lehnte sich auch entspannt mit seiner Tasse zurück, pustete in sie und ließ mich nicht aus seinen Augen.
„Ich wollte mich noch bei dir für den Tipp mit dem Hund bedanken, das war sehr freundlich von dir. Danke!“, bedankte ich mich tatsächlich freundlich.
„Das war doch das was du nach deinem Angebot erreichen wolltest! Oder habe ich da was falsch verstanden?“, fragte er lauernd und hob eine dieser weißblonden Brauen an und hierbei erklärte sich immer mehr warum er so viel von Snape an sich hatte. Sein Patenonkel! Dinge gab's, herrlich.
„Nein, nein, ich… das ist völlig richtig. Ich war nur überrascht und sehr erfreut, dass du dich anscheinend für mich entschieden hast und das auch noch so unerwartet schnell!“, lächelte ich ihn nun an und hob ihm zu prostend meine Tasse entgegen. Wenn Snape nach der Geschichte von vorhin und seiner Drohung wohl wüsste, dass ich hier im Slytherin-Gemeinschaftsraum saß und mit Draco leckere Schokolade trank, würde er mich auseinander nehmen. Der Gedanke ließ mich doch glatt kichern. Ich liebte halt das Spielen, so gefährlich es auch werden konnte und dass Snape gefährlich war, stand außer Frage.
„Klingt das jetzt nur für mich zweideutig, oder ist dir das so rausgerutscht, Granger?“, fragte er interessiert. Ich zuckte bei solch direkten Fragen mal wieder mit den Schultern, denn was sollte ich auf so was antworten, da schwieg ich besser.
„Frage, ist es nicht zu gefährlich für uns hier zu sitzen und gemütlich etwas zu trinken, wenn jemand von den anderen Slytherins kommt?“, sah ich mich neugierig in dem großen Raum um.
„Granger, ich bin der Chef des Hauses, ich habe befohlen, dass alles ab dreiundzwanzig Uhr im Schlafsaal zu sein hat und sie nicht mehr heraus dürfen. Sie werden nicht gegen den Befehl verstoßen!“, meinte er sehr arrogant und von oben herab.
„Wow!“, entfuhr es mir beeindruckt. Was sollte man dazu sagen, ohne sein Ego noch mehr aufzublasen, haha das schien ihm nicht zu gefallen, dass ich nichts mehr dazu zu sagen hatte.
„Glaub aber nicht, dass ich durch dein Geplappere deine Antwort auf meine Frage vergessen hätte, ich warte!“, forderte er nun ungeduldig.
„Du meinst wegen Snape?“
„Ja genau, was läuft da? Ich meine, du warst fast zwei Stunden in seinen Räumen. Er lässt nie Schüler hinein, selbst ich darf nur kommen, wenn ich sterbe und dann kommst du raus und man kann eindeutig sehen, dass ihr euch geküsst habt!“, seine Augen nahmen mich nun gefangen. Sie spießten mich auf wie silbriger Stahl, so dass sie mich richtiggehend zwangen eine Antwort zu geben.
„Du hast angeboten wir sollen eine, äh Beziehung aufbauen, ich finde, ich habe heute schon einiges an gutem Willen gezeigt, von dir jedoch kam bisher wenig, Hermione!“, meinte er sehr vertraulich und oh, dieser manipulative Mistkerl nannte mich doch glatt jetzt Hermione. Ich sagte ja, Draco war gut, aber bei Lehrern wie Snape und seinem Vater, dem Politiker, war das echt kein Wunder. Er hatte mich gekonnt in eine Ecke gedrängt, aus der ich nicht mehr herauslavieren konnte. Scheibenkleister aber auch. So schloss ich ergeben seufzend meine Augen und wusste, wenn ich sie öffnen würde, dass mir ein Siegesgrinsen entgegen strahlen würde und wie recht ich doch hatte. Dreckiger ging's kaum, als sein Grinsen, was ihn aber teuflisch gut aussehen ließ.
„Ok, Draco, du hast gewonnen, aber bevor ich auch nur ein Wort sage, musst du mir erlauben ein paar Zauber auf den Raum zu legen, denn keiner darf wissen, was ich dir nun sage und das ist kein Zweifel an deiner Autorität in Slytherin, nur eine reine Vorsichtsmaßnahme“, hatte ich ausführlich und schnell erklärt, da er mich hatte unterbrechen wollen so, aber letztendlich nickte er mir akzeptierend zu, etwas was ich nicht erwartet hätte. So sicherte ich den Raum mit einem Imperturbatio und dem Muffliato, damit uns niemand belauschen konnte.
„Zufrieden?“, meinte Draco nur. Ich schüttelte verneinend den Kopf.
„Nun kommt der schwierige Teil, um ehrlich zu dir sein zu können, müsste ich einen Zauber auf dich werfen, der verhindert, dass du über meine Geheimnisse reden kannst, der Verschwiegenheit zu meiner Person garantiert und bevor du nein sagst, er macht nichts! Ehrlich, und der Professor hat auch eingewilligt und ihm geht es gut“, erklärte ich wieder schnell, wollte auf jeden Fall verhindern, dass er mich unterbrach. Er sah mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle, seine Maske war leicht verrutscht, würde ich sagen.
„Waassss… Se… Severus hat sich von dir verhexen lassen?“, stotterte er nicht sehr Malfoy-mäßig, aber darauf sollte ich ihn lieber nicht hinweisen.
„Ja, hat er und er hat es nicht bereut!“, lächelte ich sanft.
„Ich weiß nicht… du verlangst viel“, meinte er abwägend langsam und rieb sich nun über sein Gesicht. „Und du lügst mich nicht an?“, forschte er tief in meinen Augen nach der Wahrheit.
Ich sah ihn gelassen an. „Ich schwöre, ich lüge dich nicht an, Draco“, kam es ernsthaft über meine verlogenen Lippen. Er sah mir tief in die Augen, wieder trafen sich Rehbraun und Hellgrau und erneut spürte ich diese tiefe, ruhige Verbundenheit, wie heute im Zug und er anscheinend auch, da er langsam nickte. Ich zog schnell meinen versteckten, weißen Stab und sprach „Credere tacientiae, 'Hermione'“!
„So das war's schon, danke für dein Entgegenkommen Draco“, dankte ich freundlich und zog nun, da ich mich richtig heimisch zu fühlen begann, meine Füße unter meine Beine und kuschelte mich in die Couch. Es war ja auch schon richtig spät.
„So, nun erwarte ich antworten! Was läuft da alles?“, forderte umgehend und hatte meine häusliche Einrichtung zynisch lächelnd betrachtet. „Und schön, dass du dich in Slytherin schon so heimisch fühlst“
„Wo fang ich da nur an? Du hast die Wunde ja gesehen und du wolltest als Beweis, wie sehr ich dir traue, dass ich dir sage wo ich sie her habe. Ich hatte das unheimliche Glück in einem reinen Muggelgebiet auf zwei Death Eater zu stoßen…“, hier unterbrach er mich rüde.
„Was… Was… wie konnte das passieren, ich dachte die passen auf euch auf!“, meinte er aufbrausend und sah mit einmal richtig fuchsig aus. Wow, das hätte ich echt nicht erwartete, da hätte mir Draco auch so einiges zu erklären.
„Tja, nun ist halt blöd gelaufen“, zuckte ich ergeben mit den Schultern.
„Blöd gelaufen, du hättest tot sein können! Ich meine, sieh dir die Verletzung an, die war nicht ohne, was war es überhaupt?“, fragte er nun wieder ruhiger, nachdem er meine Coolness wahrgenommen hatte.
„Mhm… war nicht schön… ein Messer“, meinte ich abrupt, denn ich sprach immer noch nicht gerne darüber.
„Was… was…?“, ein sprachloser Malfoy, sah man nicht so oft und dieser Anblick heiterte mich auf.
„Also Draco, wirklich, langsam hörst du dich an wie eine Platte mit Sprung“, witzelte spottend ich, was mir von ihm einen komischen, bösen Blick einbrachte.
„Sei nicht böse, ist nicht einfach für mich, denn… die zwei waren Derrick und Bole. Du kennst die beiden bestimmt!“, meinte ich blöde, da sie letztes Jahr noch hier gewesen waren, wie sollte er diese Schlangen daher nicht kennen, aber wie gesagt, das Thema war nicht leicht für mich. Jetzt starrte er mich mit riesigen Augen an, die beinah aus seinen Höhlen traten, da er seine Maske komplett verloren hatte. Anscheinend wusste er was den beiden widerfahren war.
„Severus hat dich gerettet?“, stieß er schnell hervor. Ich schüttelte darauf meinen Kopf.
„Nein, ich hab mir selbst geholfen!“, meinte ich leise, was dazu führte, dass er mich mit offenem Mund anstarrte. Er ließ die Maske noch ein bisschen mehr fallen.
„Ja, oh Mann, das wird wohl eine lange Nacht und eigentlich hab ich noch einen Termin“, murmelte ich.
„Du denkst doch wohl nicht, dass ich dich jetzt gehen lasse!“, drohte Draco mir und erhob sich leicht aus seinem Sitz.
„Das ist schon klar, hab auch nicht vor abzuhauen und aufgrund deiner Reaktion entnehme ich an, dass du weißt was Bole zugestoßen ist und ja, ich war beides. Ich habe ihn abgeschlachtet und Derrick einen Obliviate aufgehalst!“, sprach ich sehr kalt, denn schon wurde ich wieder sauer und packte meine Tasse wie eine Waffe und war um den enthalten Whiskey mehr als froh.
„Du… Du meinst du hast… Bole so zugerichtet?“, stotterte er erregt. „Vater sagte, er sei fast geköpft worden…“, und wuschelte sehr ungewöhnlich für einen Malfoy durch seine Haarpracht.
„Boah, echt? Das… das wusste ich nicht, ich hab nur seine Kehle aufgeschlitzt und er hat mir ein Messer rein gerammt“, erklärte ich schwerlich beherrscht und deute auf meine Körpermitte, die heute Mittag von ihm versorgt worden war. Diese Info war neu. Ich überlegte, hatte ich so viel Kraft in den Schnitt gelegt? Mann, war ich stark!
„Wow“, entkam ihm erstaunt, doch ich ließ ihn nicht ausreden, sondern entledigte mich meines Schales, was er mit ungläubigem Staunen verfolgte, denn ich präsentierte ihm meinen geschundenen Hals. Er erhob sich geschmeidig, glitt neben mich und näherte sich mir langsam, begutachtete fasziniert die sichtbaren Abdrücke, dann erhob er wie in Trance seine Hand und sah mir nun fragend in die Augen. Ich erteilte ihm die Erlaubnis auf die unausgesprochene Bitte und schon konnte ich seine kalten, glatten Finger auf meiner leicht erhitzten Haut fühlen, wie sie die Spuren leicht entlang fuhren. Er begann mich zu streichelten. Es war ein sehr schönes Gefühl.
„Wie barbarisch, aber von Bole kann man nichts anderes erwarten“, sagte er verachtend.
„Sie wollten mich umbringen. Ich musste mich wehren, deswegen tut es mir auch nicht leid!“, meinte ich entschlossen, aber war selbst erstaunt, wie leicht es mir fiel ehrlich zu Draco zu sein. Dieser starrte noch immer, nickte aber und trank aus seiner Tasse als wäre es purer Alkohol.
„Snape hat mich verarztet, deswegen habe ich auch den Zauber auf ihn gelegt. Ich wollte absolut kein Risiko eingehen, du verstehst und was gerade bei ihm passiert ist… er hat mich nochmal verarztet und zum Schluss habe ich ihn gefragt, wie ich dich einzuschätzen hätte! Diese Frage hat dazu führte, dass er auf mich zugeschossen ist und mich hart an die Wand gestoßen und geküsst hat! Tja und dann hat er mich noch gewarnt von dir die Finger zu lassen und keine Spielchen mit dir zu spielen… vielleicht könntest du mir dies ja erklären?“ Draco starrte noch immer, lehnte sich jetzt zurück und schloss seine hellen Augen und schien zu überlegen.
„Das ist ein Hammer Granger, jetzt kann ich die ganzen Zauber verstehen. Das hätte ich dir nie und nimmer zugetraut, denn Potter und Wiesel machen dich so was von alle, wenn sie davon erfahren sollten“, sinnierte er und begann auf einmal einen ausgewachsenen Lachanfall zu bekommen, aber anstatt beleidigt oder wütend zu sein, steckte er mich an und so lagen wir beide mehr auf der Couch, als dass wir saßen und hielten uns unsere vom Lachen schmerzenden Bäuche.
Ich, das Mudblood Granger und der reinblütige Malfoy beim gemeinschaftlichen, freundschaftlichen Lachen. Das tat so gut, war so befreiend. Wir wischten uns die Lachtränen aus den Augenwinkeln.
„Weist du was ich am Schockierendsten finde? Du hast schon ein Menschenleben auf dem Gewissen. Wie kannst du da so locker sein, das muss doch furchtbar…“ Ich unterbrach ihn abrupt mit einer Handbewegung und legte ihm die Hand dann auf seinen Mund und hörte sofort auf zu lachen.
„Draco, das war das Ekligste und Furchtbarste was ich jemals erlebt habe, aber es ging um ihn oder mich, wie du ja an mir sehen kannst. Wie mein Messer seine Kehle aufgeschlitzt hat, das war einfach grausam. Wenn du mich so fragst, denke ich, ein Avada ist nur halb so schlimm, da nicht so… persönlich… ja, persönlich trifft es recht gut! All das Blut, unglaublich viel Blut auf mir, das macht das Ganze noch realer… ich nehme es nicht leicht, aber ich weiß auch, ich würde es jedes Mal wieder machen“, erklärte ich und nickte bekräftigend, denn wenn ich an die Situation zurück dachte, war ich mir sicher, ich würde jedes Mal wieder so entscheiden und mein Leben retten.
„Wow, das klingt hart, aber realistisch! Dann hatte ich also recht, dass du einiges in deinen Ferien erlebt hast, aber dass du ganz alleine die beiden Schläger Bole und Derrick ausgeschaltet hast klingt… unglaublich! Ich kann es eigentlich gar nicht glauben!“, Draco schien regelrecht begeistert.
„Tja, man sollte mich halt nicht unterschätzen, nicht wahr? Ich bin wirklich gut!“, grinste ich fies.
„Aber das Schärfste überhaupt, die brave Gryffindor hat schon das getan, was wie ich weiß kein hier lebender Slytherin bisher getan hat, obwohl es alle annehmen. Was sagt uns das?“, meinte er zynisch.
„Das alles nicht so ist, wie es scheint!“, beschied ich ihm mit einem hintersinnigen Lächeln.
„Wohl war! Es gibt halt meiner Ansicht kein Schwarz oder Weiß, sondern höchstens ein Grau mit ganz vielen Schattierungen! Ich denke, Dumbledore sieht das Ganze viel zu engstirnig mit dem Gut und Böse, so einfach ist das nicht“, erklärte Draco das was ich immer dachte. Es war wirklich erstaunlich, wir ergänzten uns in unseren Gedanken. Das war so was von unerwartet, aber auch schön.
„Genau, das denke ich auch, Draco. Nun sag mir, was hältst du jetzt von mir, der Mörderin, Hermione?“, wagte ich zu fragen und schielte ihn von unten herauf fragend an.
„Was soll ich von dir halten? Ich bin erstaunt, dass du den Mumm und das Können hattest es zu tun! Aber ansonsten hast du meinen Respekt. Die beiden waren Arschlöcher, die es nicht anders verdient haben. Sie tun mir nicht leid und so unglaublich es auch klingt, aber mir tut eher leid, dass du aus der ganzen Angelegenheit nur so geschunden herausgekommen bist“, erklärter er mir sehr ernst und hatte mit seinem Finger mein Kinn angehoben, so dass ich zum Schluss ihn direkt anblicken musste und so sehen konnte, dass das Gesagte ernst gemeint war. „Danke“, hauchte ich ihm dann tonlos entgegen, was ihn leicht lächeln ließ.
„Und was meinst du nun wegen Snape?“, fragte ich jetzt forscher nach, nachdem ich mich wieder etwas aufgerichtet hatte.
„Nun, so kenn ich meinen Onkel gar nicht. Dass er dir geholfen hat das passt, auch wenn er ein Death Eater ist, so kann er da nicht gegen an, aber dass er wegen meinem Namen so austickt und dich küsst, das ist seltsam“, er überlegte sichtbar als er fortfuhr.
„Severus beschützt mich sehr, von Geburt an und nun, seit der Dark Lord zurück ist, noch mehr. Er bildet sich ein, ich sei ein Kind, aber das bin ich schon lange nicht mehr! Vielleicht denkt er aufgrund deiner Erfahrungen, du bist schlecht für mich, außerdem bist du eine Gryffindor und Muggelgeboren!“, erläuterte er sinnierend, aber er schien es nicht definitiv zu wissen.
„Warum seit deiner Geburt?“, fragte ich gespannt nach, denn das hatte mich aufhorchen lassen.
„Du bist gut im heraushören von Nichtgesagtem. Narcissa, nun ist keine wirkliche Mutter gewesen. Sie hat ihre Aufgabe erfüllt und den Erben geboren, seitdem hab ich sie nicht mehr oft gesehen. Danach gab sie mich in die Hände der Erzieher und Pflegerinnen, nur Vater und Severus haben sich um mich gekümmert und da auch Vater immer sehr in seine Geschäfte involviert war, steht mir Severus sehr nah“, erklärte er sehr beherrscht das kalte und unpersönliche Familienleben der Malfoys.
„Oh Mann, das tut mir leid. Seine Eltern kann man sich halt leider nicht aussuchen, nicht wahr? Aber um auf Snape zu kommen, ich verstehe, du meinst, der sorgende Snape will dich arme Schlange vor der bösen Hermione schützen, mhm erklärt aber nicht den Kuss oder…“, resümierte ich, denn das interessierte mich immer noch.
„Wo du recht hast, aber ich hab keine Ahnung. Er ist immer sehr beherrscht! Dass er dich, eine Schülerin, küsst ist wirklich sonderbar. Du musst ihn schon sehr reizen, mal schauen was er weiter tun wird, aber wie es aussieht halten wir uns nicht an seine Drohung, oder? Ich lass mir von niemandem vorschreiben, mit wem ich verkehre!“, kicherte er nun böse.
„Wir sind schon schlimm! Aber wo du recht hast, ich lasse mir auch ungern etwas vorschreiben. Und nun erzähl, was ist schreckliches bei dir passiert? Ich glaube zu wissen, dass du niemanden... chrrmm ermordet hast… aber könnte es sein, dass du zugesehen hast?“, fragte ich neugierig.
„Ja, leider hast du recht. Ich musste zusehen, oder ich durfte zusehen, wie auch immer! Der Dark Lord mag große Spektakel und da hatte ich auch da zu sein mit Vater und Severus. Ein paar Zauberer, die gefoltert und getötet wurden, die ihm nicht die Treue gehalten hatten, zur Bestrafung, habe ich gesehen. Sehr ekelig, sehr in die Länge gezogen,… Shit ich hab jetzt noch Albträume davon. Diese Scheißkerle sind echt erfinderisch!“, erklärte er und zeigte wieder seine Maske. Ich nickt nur verstehend, tja wir hatten alle unser Päckchen zu tragen und so legte ich ihm tröstend eine Hand auf die Schulter und drückte sie, was mir ein verzerrtes Lächeln einbrachte, aber ihm schien es zu gefallen, dass ich ihn nicht mit Mitleid überhäufte. Aber bevor wir weiter uns unsere Herzen ausschütten konnten, hörten wir plötzliches Flügelschlagen.
„Was…?“, fragte ich irritiert.
„Post, da kommt eine Eule“, informierte mich Draco und schon schoss aus einem Rohr ein schwarzer Uhu mit einem Brief direkt auf mich zu und landete neben mir auf der Couch.
„Bringst du mir Post?“, fragte ich sanft und nahm dem lieben Vieh den Brief ab. Er blieb hocken und versuchte aus meiner Tasse zu trinken, echt frech der Vogel.
Ich öffnete den Brief und hätte um ein Haar meinen nächsten Lachanfall bekommen. Hier schreibt, nein, befahl mir Professor Snape Dienstagnacht um 22 Uhr im Geköpften Henker, in der Knockturn Alley zu erscheinen, adressiert war das Ganze an Minna Cale, war das nicht zum Schießen komisch? Ich musste dem Armen so zugesetzt haben, dass er sich gezwungen sah für Übermorgen einen Termin mit Minna zu vereinbaren, oh meine Göttin, das dürfte er nie, aber wirklich niemals erfahren. Ein dreckiges Schmunzeln zierte mein Gesicht. Natürlich würde ich wie gewünscht erscheinen. Warum? Erstens hatte er mein Leben gerettet. Er konnte viel von mir verlangen und ich würde es ihm geben, zweitens mir hatte es schon beim ersten Mal gefallen, warum auf den Spaß verzichten? Jetzt, wo ich auch wusste wie gut er Küssen konnte, obwohl er mich als Minna niemals küssen würde, was zu schade war, aber auch der Sex war nicht zu verachten gewesen.
Draco beobachtete mich stirnrunzelnd, als ich mich erhob und das Papier dem Feuer anvertraute und mir noch schnell Feder und Papier beschwor. Ich schrieb flott zwei Briefe. Der erste ging an Rita, mit der Bitte am Dienstag um 21 Uhr am Trafalgar Square zu erscheinen und mir eine Flotte-Schreib-Feder mitzubringen, den Brief unterzeichnete ich mit „von einer guten Freundin“, das würde sie zum Kochen bringen. Der zweite Brief ging an Sirius, dass es wohl Mitternacht werden könnte, bis ich zu ihm kam, hier unterschrieb ich mit „die Elster“. Und der Gedanke an Sirius ließ mich kurz stocken, aber dann schob ich das von mir, denn gerade kam mir Snape wie Arbeit vor, da konnte ich dies vertreten, oder? Ich meine, ich führte keine echte Beziehung mit Sirius, oder? Diesen lästigen Gedanken schob ich schnell von mir.
„Würdest du mir den Gefallen tun und diese beiden Briefe nach London bringen? Der hier ist für Rita Skeeter und der zweite hier für Sirius Black und wirklich nur den beiden zu übergeben!“, bat ich und band dem Uhu die Briefe an den Fuß und schmiss ihn in die Luft.
„Was war das…?“, fragte Draco, der bisher ruhig gewartet hatte.
„Nichts, ich hab nur die Gunst der Stunde genützt und ein paar wichtige Briefe verschickt“, antwortete ich lapidar.
„Ja schon klar, aber was für eine Nachricht hast du erhalten, du musst wissen, ich habe den Vogel erkannt“, meinte er zweideutig. Das war wohl Dracos nette Art mir zu sagen, dass er wusste, dass ich eine Nachricht von Snape erhalten hatte.
„Das würde nun wirklich zu lange dauern, aber ich verspreche hoch und heilig, wir werden darüber reden, doch für heute ist Schluss. Es ist gleich drei Uhr. Oder siehst du das anders?“
„Du weißt, du entkommst mir nicht! Aber du hast recht, es ist spät geworden aber ich werde auch die Fragen nach Skeeter und Black nicht vergessen, erwarte somit beim nächsten Mal ausführliche Antworten“, meinte er nicht wirklich kompromissbereit, während er sich erhob. Dann bückte ich mich, aber er war schneller an meinem Schal, nahm diesen vom Tisch auf und ließ die schwarzweiß glänzende Seide durch seine Hände gleiten. Ich sah ihm aufmerksam zu, als er langsam immer näher trat und ihn nun anhob und mir umlegte, sehr sanft sehr akkurat, dabei stockte mir dann schon etwas der Atem. Es war eine sehr intime Situation, die ich bewegungslos über mich ergehen ließ. Dracos Duft stieg mir mal wieder in die Nase. Sandelholz. Es war irgendwie besonders, wie er mir zärtlich die Haare aus dem Schal strich und so die Tat von Bole für die Außenwelt unsichtbar machte. Als ich aufblickte, sah ich in ein paar hellgraue intensiv, leuchtende Augen. „Schlaf gut, mein Mudblood!“, wisperte Draco zu mir und küsste mich zärtlich auf die Stirn. Das war so unglaublich, aber auch so unglaublich schön und unerwartet, diese sanften Gesten und dann auch noch ein Kuss auf die Stirn, dass ich perplex war, wäre untertrieben.
„Danke, Schlaf auch gut, mein Pureblood“, flüsterte ich heiser und fuhr ihm zärtlich durch die lose fallenden, blonden Strähnen, die ich schon eine ganze Weile hatte fühlen wollen, ob sie wirklich so weich waren wie sie schienen. Oh und ja, das waren sie, wie Seide, ein wunderbares Gefühl in der Hand.
„Ich hätte nie gedacht, dass du so sein kannst“, flüsterte ich ergriffen.
„Ich hätte auch nie gedacht, dass du so sein kannst, aber umso erfreuter bin ich, dass ich falsch lag“, flüsterte er mir zu und schenkte mir ein betörendes Lächeln, während er mich zum Eingang geleitete.
„Pass auf dich auf!“, flüsterte er noch, denn anscheinend wollte er mal das letzte Wort haben. Und so machte ich mich auf den langen Weg zurück. Ob die Twins noch warten würden?