Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Nia sass in ihrem Hotelzimmer in New York und liess fassungslos ihre Flöte sinken. All ihre Träume und Hoffnungen fielen in sich zusammen. Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass sie den richtigen Entscheid gefällt hatte, als sie ihrem Gefühl gefolgt und in die USA geflogen war. Keinen Augenblick lang hatte sie daran gedacht, dass sich der Mann mit dem Hut nicht über ihren Besuch freuen könnte.
Verzweifelt schluchzte Nia auf. Der Regen, der an die Fenster schlug, trug noch das Seine zu ihrer trüben Stimmung bei. So allein war sie sich wohl noch selten vorgekommen in ihrem Leben. Erschöpft liess sie sich auf ihr Bett sinken. Bitterkeit stieg in ihr auf. Hatte sie dafür den weiten Weg hierher gemacht? War dies der "Lohn" für ihre Spontaneität? Hiess es nicht immer, man solle seinem Herzen folgen? Wie dumm kam sie sich gerade jetzt vor! Dumm und verraten. Was sollte sie denn jetzt tun in diesem grossen Land? Sie hatte sich vorgestellt, den Mann mit dem Hut zu suchen, ihn zu finden und dann - ja dann... Aber nein, er wollte sie nicht sehen! Warum denn nicht? Ihre Blickkontakte waren doch immer von einer unglaublicher Intensität gewesen, sprachen von tiefer Verbundenheit. Warum denn hatte ihre Flöte sie diesen Mann überhaupt finden lassen? Nia wurde immer verzweifelter und die Tränen liefen ihr übers Gesicht, bis der Schlaf sie übermannte.
Schlaflos wälzte sich Patric in seinem Bett hin und her. Er wusste, dass er die unbekannte Frau verletzt hatte. Abrupt hatte sie ihr Spiel beendet und er spürte, dass sie tief getroffen war. Er hatte ja immer noch keine Ahnung, wo sie eigentlich lebte, aber offenbar hatte sie seinetwegen eine grosse Reise auf sich genommen. Wie gerne hätte er ihr erklärt, dass ihm alles einfach zu schnell gegangen war! Wie gerne hätte er ihr gesagt, dass seine Gedanken seit Tagen um sie kreisten und sein Herz warm pochte, wenn er sie sah oder hörte! Aber die Vorstellung, dass sie auf einmal vor seiner Hütte stehen würde, hatte ihn einfach überrumpelt.
Patric versuchte sich vorzustellen, wie Nia sich jetzt fühlen musste. Allein irgendwo in einem seelenlosen Hotelzimmer, in einem fremden Land und zurückgewiesen durch ihn, genau durch ihn. Ihn schauderte.
Er stand auf und holte seine Flöte. Vielleicht, so hoffte er, würden sie seine Töne etwas beruhigen und trösten, damit sie wenigstens gut schlafen konnte.
In Nias Träume webten sich zarte Farben des Trostes und der Zuversicht.