„Sam. Er war eine Missgeburt, eine, die man als solche nicht erkannte, denn seine Glieder waren allesamt vorhanden und zeigten keine Missbildungen. Doch in seinem Kopf hatte sich eine andere Welt entwickelt, die voller Hass durch seine Augen nach außen drang …“
Mit diesen Worten beginnt mein neuer Psychothriller. Sam Garland sieht nur einen Grund, auf dieser verdammten Welt zu sein: Er will den Mörder seines Vater finden und ihn hinrichten…
Textschnipsel
„Du kennst mich doch ziemlich gut, Pat“, sagte Sam.
Seine Halbschwester sah ihn erwartungsvoll an. „Wie meinst du das?“, fragte sie.
„Du weißt, was ich mache, was ich brauche und was ich suche.“
Ja, er machte perverse Sachen, er hatte skurrile Interessen, er brauchte abartigen Sex und er suchte diesen verfluchten Culver, um ihn zu töten.“
Wie unbeseelt kann ein Mensch sein? Oder ist es möglich, unbeseelt auf die Welt zu kommen?
Diese Frage stellte ich mir, als ich die Geschichte von Sam schrieb, einem Drogenbaby. Während des Schreibens wusste ich nicht, ob ich ihn hassen oder lieben sollte. Am Ende der Geschichte werden die Leser es erfahren.
Textprobe
Sam Wie kann es sein, dass ein Kind mit dem ersten Herzschlag der Welt den Krieg erklärt? Dass in seinem Herzen nichts gut oder freundlich ist? War es die chemische Substanz, die Sams Wesen geformt hatte? Dieser kleine Körper, der seit der Zeugung mit einer unnatürlichen und menschenfeindlichen Sache zu kämpfen hatte? Da gab es den Mann, der gewaltsam sein Glied in den Leib einer Frau gejagt hatte. Der Mann war sein Vater gewesen und die Frau, die unter Drogen gestanden hatte, seine Mutter. Wenn man über das Leben von Ralph Cobyn reden würde, käme nur Erbrochenes heraus! Ja, er hatte es nicht anders gekannt, als im Gestank der Menschheit groß zu werden. Seine Augen waren immer gierig auf die eigenen Bedürfnisse gerichtet gewesen und er hatte sich eine verzweifelte junge Frau gesucht und sie von Drogen abhängig gemacht, um sie danach für alles zu benutzen, was ihm so vorschwebte. Da-bei ging es fast ausschließlich um ihren Körper, den er nur allzu gerne demütigte und in dessen Nähe er zugleich Wärme und Zuneigung suchte. Er war fast täglich gegen ihren Willen in sie hineingestoßen und eines Tages hatte sich auf diesem Wege ein Leben in den Leib von Ava Garland transportiert, das sie über viele Monate in sich heranwachsen lassen sollte. Diese kleine, flinke Eizelle nahm ungefragt und ungewollt einen Platz ein, der ihn hatte gedeihen lassen. Es war der natürliche Prozess einer Befruchtung gewesen und zugleich der Prozess einer Drogen-gesteuerten Qual. Die Drogen waren die Hauptversorgung des Fötus`, von dem niemand wusste, wie es in ihm aussah. Sam hatte schon von Anbeginn seines Daseins das Leid der Mutter gespürt und musste die Gewalt seines Vaters als eigenes Erbgut annehmen. Welche Chance hätte er gehabt? Hätte er überhaupt eine Chance gehabt? Und wenn, war er nicht in der Lage gewesen, sie wahrzunehmen, denn der Leib, in dem er heranwuchs, war schwach und wurde immer wieder mit Gewalttätigkeiten und Widerstand zugleich gequält. Sam hatte gespürt, wie seine Mutter stillhielt, und dafür Hass ausgehalten. Danach hatte es immer eine Ladung Heroin gegeben, die ihn und seine Mutter wieder beruhigt hatten, wie einen Hund, den man mit Leckerchen erzog. Brav! So ist brav! Sam hatte die Schläge ausgehalten, die der Leib hatte ein-stecken müssen, und damit seine eigene Gewalt geformt, die er eines Tages würde ausleben müssen, wenn er den Leib verlassen hätte. Schwäche und Stärke zugleich hatten sein Wesen geschaffen. Es hasste beides an sich, denn nichts davon war gut. Und ganz besonders hasste er die Welt, in die er plötzlich gestoßen wurde. Die Welt war böse! Als Sam vier Jahre wurde, waren Roman und Eather Corbett nervlich am Ende, sodass die kurz davor waren, ihr „Projekt“ aufzugeben. Erst da war Sam zufrieden. Ja, er hatte es ge-schafft, sie an den Rand des Wahnsinns zu treiben! Ihre Augen lagen tief in ihren Höhlen und ihre Gesichter waren furchtbar gealtert. Erst da gab er Ruhe. Fast von heute auf morgen stellte sich bei ihm eine Zufriedenheit ein, die das Familienleben plötzlich zum Stillstand brachte. Es kam dem jungen Elternpaar fast wie ein Wunder vor. Sam begann, die ersten Sätze zu sprechen, und unterließ es gleichzeitig, seinen Körper mit Bissen zu malträtieren. Da-bei war alles nur Berechnung. Sam berechnete seine Gewalt genau wie einst sein Vater. Eine Art Instinkt teilte ihm schon im frühen Kindesalter mit, wann er die Reißleine ziehen musste. Und das war, als er zum ersten Mal hörte, wie Eather und Roman seine „Rückgabe“ zu planen begannen. In Sam spielten sich andere Gefühle und Gedanken ab, als in anderen Menschen. Er hatte „allen“ den Krieg erklärt und erst, wenn er sie zugrunde gehen sah, würde er Ruhe geben. Doch er war nicht dumm. Er hatte die Reißleine gezogen, bevor seine Eltern sie gezogen hatten! Konnte man jetzt noch von Instinkt sprechen oder war es eher Angst? Wie konnte dieser kleine Knabe so vorausschauend handeln? Sein Geist hatte sich ebenfalls anders entwickelt als bei anderen Kindern. In ihm zeigte sich schon bald eine Art Klugheit, die fast abscheulich wirkte. Er begriff schnell, schneller, als er es zu zeigen vermochte. Seine Gedanken waren ständig in Bewegung und verbanden jedes Wort, jede Handlung und jede Stimmung seiner Eltern mit einer Reaktion, die nach außen angsteinflößend wirkte.