Du hast schon wieder nicht aufgepasst. Reiß dich einmal in deinem Leben zusammen. Du versaust noch alles, was du dir aufgebaut hast. Ich hatte schon wieder mit ihm geredet, meinem Geisterfreund, wie ihn meine beste Freundin nannte. Das Wesen, dass keiner außer mir sehen konnte. Natürlich haltst auch du mich jetzt für verrückt, aber das bin ich gewöhnt. Nein, wirklich verrückt war ich nicht. Nur krank. Und zwar richtig krank. Ich hatte einen Tumor, noch dazu im Kopf. Wie meine kleine Schwester zu sagen pflegte: In deinem Kopf wächst ein zweites Gehirn. Aber dieses zweite Gehirn half mir nicht beim Denken, es blockierte eher das andere. Und es hatte mir Steve geschenkt. Ich war inzwischen 20 und lebe schon 2 Jahre länger als die Ärzte es gesagt hatten. Auf meine Diagnose waren sie erst gekommen als ich ihnen Steve vorstellen wollte. Aber außer mir hatte niemand ihn gesehen. Damals war er noch ein Junge gewesen. Inzwischen waren wir beide Erwachsene. Er war etwas älter als und ich. Und begleitete mich überall mit hin. Er half mir beim aussuchen meiner Kleider, erinnerte mich daran, dass ich einkaufen gehen musste und begleitete mich zu all meinen Arztterminen. Er war auch der einzige, der mitgehen dürfte. Ich konnte die Blicke der anderen nicht ertragen, wenn wir wieder in einem Warteraum saßen und wieder die gleichen grauen Wände anstarrten. Alle wurden still oder bekammen Mitleid mit mir. Nur mit Steve konnte ich dort angeregte Gespäche führen. Doch ich musste schon bald erkennen, dass das in der Öffentlichkeit für viel Aufsehen sorgte, wenn man mit einem leeren Stuhl spricht. Aber beim Arzt war mir das eigentlich egal. Und ansonsten nahm ich mein Handy und tat so, als würde ich telefonieren. Trotzdem schaffte ich es meinstens mich irgendwie zu blamieren.
Eine Mal, als er mich zum Arzttermin begleitete, kam mir der Arzt schon auf dem Flur entgegen und strahlte über das ganze Gesicht. Er habe nun eine Möglichkeit gefunden, um meinen Tumor rauszuholen. Ich freute mich rießig. Gleich machte ich für den nächsten Tag einen Termin aus. Doch am Abend wurde mir bewusst, dass ich damit auch Steve verlieren würde. Meinen treuen Steve, was wohl mit ihm passieren würde. Und vor allem, was mit mir passieren würde. Wer würde mich nun begleiten? Da musste ich weinen. Steve versuchte zwar mich zu trösten, aber das machte es nicht unbedingt besser. Ich schniefte immer noch als mich die Ärtze in den OP brachten. Kurz bevor ich einschlief verabschiedete ich mich von Steve, meines Erachtens war das zwar kein richtiger Abschied für so viele Jahre Freundschaft, aber etwas anderes blieb uns nicht übrig. Einige Stunden später wachte ich auf. Der Arzt kam um mir zu sagen, dass alles wie geplant verlaufen war, doch das wusste ich bereits. Steve war nicht mehr da. Alle kammen um mit mir zu feiern, aber die meiste Zeit war ich eher traurig. Nach einigen Wochen war ich wieder zu Hause, immernoch mit strengen Auflagen, aber auf dem Weg zu vollständigen Genesung. Ich lief die Treppe zu meiner Wohnung rauf und staunte nicht schlecht, dass nun jemand in die immer leere Nachbarwohnung einzog. Ich ging um mich vorzustellen. Ein Junger Man kam heraus. Ich stellte mich vor, aber er drehte sich nur um und rief in die Wohnung: ,,Steve, du hast ab jetzt ja echt nette Nachbarn!" Und ich staunte nicht schlecht. In der Tür erschien mein Steve...