Akito verbrachte gleich drei Tage damit, diese zwei Briefe zu schreiben, er wählte jedes Wort sorgfältig aus.
Nachdem Pamil ihm erzählt hatte, was in den drei Jahren alles passiert war, war es ihm umso wichtiger diese Briefe abzuschicken.
Dass sein Bruder mittlerweile Vater geworden war, überraschte ihn wenig. Er hatte sich schon immer eigene Kinder gewünscht und mit Sicherheit war er ein grandioser Vater.
Havess allerdings schien sich die gesamten drei Jahre außer Reichweite seines Bruders gehalten zu haben. Akito konnte sich denken warum. Havess hatte schon immer auf jedes Wort ihres Vaters gehört und wäre er nicht gewesen, wäre Akito an diesem Abend nicht früher gegangen.
Das konnte nur schwer ein Zufall sein. Aber vielleicht war er noch nicht ganz verloren. Mit etwas Glück hatte selbst er genügend Grips, um Schuldgefühle zu entwickeln. Dann hätte Akito leichtes Spiel mit ihm.
Doch wenn nicht, gehörte er ebenso wenig in diese Welt wie der König.
Nachdem die erste Woche ereignislos an ihm vorbeigezogen war, konnte er nicht mehr stillsitzen. Mia rügte ihn zwar immer wieder und fluchte mittlerweile so viel wie kein anderer, aber er konnte Pamil dazu überreden, mit ihm zu trainieren.
Seine Muskeln waren Steif und er konnte seine Arme nicht mehr über seinen Kopf hinausheben, aber er war entschlossener als je zuvor.
Zuerst übte er sich in Bogenschießen. Allerdings konnte er am Ersten Tag nicht einmal die Sehne straffziehen. Am zweiten Tag schaffte er es dann endlich einen Pfeil abzuschießen. Allerdings verschoss er ihn. Ohne sein rechtes Auge konnte er nicht richtig zielen und selbst mit, war er schon ein miserabler Schütze gewesen. So konnte er allerdings seine Zeit mit etwas Sinnvollerem verbringen, als im Bett zu liegen.
Allerdings bestand Mia nach einiger Zeit darauf, dass er sich dabei wenigstens hinsetzte. Den ganzen Tag über verschoss er einen Pfeil nach dem anderen. Eine der Frauen hatte ihm sogar eine Art Handschuh genäht, damit seine Finger nicht dauernd wieder einrissen.
Es dauerte auch nicht lange, bis andere Bewohner sich erwärmten. Nach nicht mehr als 2 Wochen aßen sie mit ihm an einem Tisch, sprachen mit ihm, wie mit jedem anderen und fragten ihn hin und wieder um Rat. Akito kam sich seinen Leuten verbundener vor, mehr als jemals zuvor. Endlich fühlte er sich nicht mehr wie ein Außenseiter, er war Zuhause.
Natürlich gab es auch Ausnahmen. Einige bestanden darauf, dass er mit Respekt und Abstand behandelt werden sollte. Jedes Mal, wenn er an ihnen vorrüberging, verneigten sie sich und wagten es nicht, ihm in die Augen zu sehen.
Er konnte es so oft wie er wollte versuchen sie davon abzubringen, aber sie bestanden darauf. Letzten Endes gab er es auf. Nach ungefähr 16 Tagen erreichte ihn eine Nachricht.
Der Bote, den er zu Havess geschickt hatte, kam mit einem Brief zurück. Überrascht, nahm Akito ihn entgegen.
„Akito,
ich weiß, ich habe furchtbares getan und ich verdiene deine Vergebung nicht.
Aber bitte gebe mir die Chance mich dir zu beweisen. Was ich getan habe war falsch, das sehe ich jetzt, doch wie sollte ich mich Vater entgegensetzen?
Falls ich mich nicht irre und dieser Brief wirklich von dir kam, dann bitte, sag mir was ich tun soll damit du mir verzeihst.
Havess“
Einige wenige Zeilen und doch konnte Akito spüren, dass Havess es ernst meinte.
Er grinste, früher oder später würde er die Chance erhalten.
Doch es würde dauern, bis Akito ihm wirklich verzeihen konnte. All die Jahre voller Beschimpfungen und Herablassung würden sich nicht so schnell vergessen lassen. Aber wenigstens hatte Havess noch genug Intelligenz, um zu wissen, dass er einen Fehler gemacht hatte.
Was jetzt?
Akito hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass er seinen Boten abfangen würde.
Nachdem er gründlich darüber nachgedacht hatte, schrieb er ein einzelnes Wort auf einen kleinen Fetzen Papier. „Warte.“
Falls er irgendwann Havess Hilfe brauchen würde, würde er hoffentlich auch reagieren. Er gab das Stück dem Boten und bat ihn, aufzubrechen, sobald er sich ausgeruht und gestärkt hatte.
Es dämmerte bereits und es hätte keinen Sinn gemacht, mit seinen Übungen fortzufahren. Deshalb machte er sich auf den Weg zu Mia. Sie half hier den Verletzten und Kranken.
In einigen Jahren würde sie eine vortreffliche Heilerin abgeben. Als er sie erblickte, erkannte er, dass sie mitten in ihrer Arbeit steckte und daher wollte er sie nicht stören. Langsam schlenderte er durch das Lager. Mia hatte ihm eine behelfsmäßige Krücke schnitzen lassen, die er am liebsten gleich verbrannt hätte. Er brauchte sie nicht. Weder hatte er Schmerzen beim Auftreten, noch verlor er das Gleichgewicht und mit ihr fühlte er sich nur noch armseliger als ohnehin schon.
Aber wenn Mia ihn ohne herumlaufen sähe, dann würde sie ihm die Hölle heiß machen und das konnte er auch nicht gebrauchen.
Daher stützte er sich immer brav auf die Krücke. Allerdings kam er so nur nervend langsam voran, was ihn manchmal fast ihn den Wahnsinn trieb. Da man ihm hier keine Pflichten übertragen hatte, lief er einige Zeit ziellos umher und sah überall nach dem Rechten.
Seine Neugier wurde geweckt, als sich einige Männer anfingen zu rüsten.
„Was ist los?“
Die Männer erschraken, als Akito plötzlich neben ihnen auftauchte. „Einer der Wächter hat eine Gruppe Soldaten durch den Wald schleichen sehen. Pamil meint, wir sollen versuchen sie gefangen zu nehmen.“
„Ja, anscheinend hat er genug davon sich immer zu verstecken und will wissen, was der König als nächstes vorhat.“
Akito nickte nachdenklich. Verkehrt war das nicht, aber er würde vorher gerne noch mit Pamil darüber sprechen. „Wisst ihr wo Pamil steckt?“
Die Männer zuckten ahnungslos mit den Schultern und machten sich wieder daran ihre improvisierten Rüstungen anzulegen. Akito überlegte nicht lange und humpelte direkt zum großen Tor.
Wenn er Pamil irgendwo finden könnte, dann dort. Niemals würde er sich diese Gelegenheit entgehen lassen. Und tatsächlich standen Pamil und einige bewaffnete Männer schon bereit. „Akito? Was willst du denn hier?“
„Na was wohl? Gibt es Ärger?“
Pamil winkte ab. „Ach was! Nur ein paar Typen, die sich verlaufen haben. Das bekommen wir schon in den Griff.“
„Was ist dein Plan?“
Pamil runzelte die Stirn. „Was wohl, sie finden und herbringen.“
„Nein, ich meine, wie willst du sie herbringen? Sie werden ja sicherlich nicht einfach so mitkommen.“ Pamil schmunzelte. „Man weiß ja nie. Wir machen es so, wie immer. Einige von uns konfrontieren sie von vorne und bitten sie mitzukommen. Während dessen verteilen sich die anderen um sie herum und Kesseln sie ein. Das hat bei euch ja schließlich auch funktioniert, nicht?“
Akito nickte zustimmend. „Das klingt nach einem guten Plan.“
Pamils Grinsen wurde breiter und auch die anderen Männer schienen ermuntert.
„Was denkst du wie lange wird es dauern?“
Er zuckte mit den Schultern unsere Späher haben sie nicht aus den Augen gelassen. Daher dürfte es recht schnell gehen. Wenn du willst kannst du ja schon mal in der Schenke warten.“
Zufrieden nickte er und machte sich sofort auf den Weg dorthin. Auch andere Bürger hatten sich dort bereits eingefunden. So viel Übung wie sie bereits darin hatten schien so etwas schon öfters passiert zu sein.
Neugierig stellte er sich in eine der Ecken. Möglichst weit entfernt vom Licht, denn wenn es wirklich die Männer des Königs waren, sollten sie ihn besser nicht sofort sehen.
Ohne, dass er viel erklären musste, stellten sich einige andere so hin, dass er gerade noch so zu sehen sein würde. Langsam fasste er etwas Vertrauen in die Leute. Sie wollten anscheinend nicht, dass ihm etwas passierte.
Wie bei ihnen, standen wieder 5 Stühle um das Feuer herum. In der Mitte würde Pamil sitzen, rechts daneben Willy der Schmied und sein Bruder Meiko. Links von Pamil Friko, eine der Wachen und Johey ein Bauer.
Nun wusste Akito bestimmt, dass sie keine Stimmen hatten. Es sollte bloß Eindruck schinden.
Pamil hatte nicht übertrieben, als er sagte, es würde nicht lange dauern. Nach nicht einmal einer halben Stunde waren sie wieder da. Als erstes betrat Pamil den Raum. Er schien erleichtert, dass er Akito nicht sofort erspähte. Nachdem er sich gesetzt hatte, führte man die Truppe hinein. Akito konnte seinen Augen kaum trauen. Vor Pamil standen Liv, Sav, Nil und Trik. Hatte Liv ihn angelogen? Waren sie ihm gefolgt? Wusste sein Vater bereits wo er war?
Die Blicke der Truppe sahen sich neugierig im Raum um und Akito konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken. Kalter schweiß bildete sich auf seiner Haut als das Grauen ihn einzuholen drohte.
„Nun? Was wollt ihr hier draußen?“
„Wir sind auf der Suche nach jemanden.“ Akito zuckte zusammen.
„Ja? Und nach wem? Vielleicht kann ich euch ja behilflich sein?“
Akito überlegte angestrengt. Wenn sie hier waren, dann wussten sie bestimmt bereits, dass sie ihn und Mia hier finden würden. Vielleicht hatten sie Mia ja auch schon bereits erspäht.
Ihm blieb keine Wahl. Wenn sie ihn verraten wollten, dann wären sie sicherlich nicht das Risiko eingegangen, von ihm entdeckt zu werden.
Sie hätten sich versteckt und gewartet, bis er das Lager verlässt. Er atmete ein paar Mal tief durch und beruhigte sich allmählich.
Langsam ging er zu ihnen hin, Liv sah ihn sofort.
„Nicht nötig. Wir haben ihn gerade gefunden.“
Aber Livs Lächeln war nicht so hämisch wie zuvor, sondern eher traurig, wenn nicht sogar etwas ängstlich. Pamil stand verwundert auf: „Akito?“
„Es ist in Ordnung. Ich will hören was sie zu sagen haben.“
Pamil bat ihm seinen Platz an und er setzte sich. Trotz allem blieb Pamil hinter ihm stehen, bereit, einzugreifen. Auch die Stimmung unter den anderen hatte sich verändert. Sie wirkten angespannt und auch Livs Truppe schien die Veränderung zu bemerken, denn ab und zu konnte er bemerken, wie sie nervös an die Stellen griffen, an denen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Waffen befunden hatten.
„Nun? Was wollt ihr?“
Liv biss sich auf die Lippe und seufzte. „Wir wissen nicht wohin. Der König hat uns zu Ketzern erklärt.“ Akito musste Lachen. „Und? Warum ist das mein Problem?“
„Verdammt noch mal ich habe dir geholfen zu fliehen!“
„Ja, natürlich. Geholfen. Nach drei Jahren hast du dich lediglich dazu entschlossen, dass das eine bessere Alternative ist! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich die drei Jahre davor einfach so ganz plötzlich vergessen?“
Pamil verstand augenblicklich wer diese Typen waren. Er wollte schon zuschlagen, als Akito ihn mit einer schlichten Handbewegung zurückhielt. „Nicht.“
Liv sah ihn überrascht an.
„Was denn? Dachtest du wirklich ich würde es euch so einfach machen? In dem Moment, als ihr euch auf die Suche nach mir gemacht habt, hättet ihr mit eurem Leben abschließen sollen.“
Er wartete nicht auf eine Antwort. „Nein. Keine Sorge ich werde euch nicht töten, noch nicht. Schließlich habe ich nicht alleine über euer Schicksal zu entscheiden. Mia?“
Es dauerte eine Weile, doch ganz langsam kam Mia zu ihm. Er konnte ihr ansehen, dass sie die Truppe nicht in ihrer Nähe wollte. Sie war blass und schien leicht zu zittern. Es ging ihr wahrscheinlich genau wie ihm. Alle Erinnerungen, die sie beide hinter sich lassen wollten wurden wieder herausgegraben und schienen sie zu überwältigen. Er konnte es ihr nicht verübeln. Schließlich konnte er sich auch nur gerade so davon abhalten selbst zu zittern.
„Mia ich weiß es ist nicht einfach, aber was willst du, dass ich mit ihnen tue?“
Mia sah ihn entsetzt an. Verzweifelt suchte sie nach Worten. „Ich will sie nicht sehen. Nie wieder!“ Danach fing sie furchtbar an zu weinen und eine ihrer neuen Freundinnen begleitete sie nach draußen. Akito stützte seinen Kopf auf seine Hände und sah Liv tief in die Augen.
„Da habt ihr es. Sie will euch nie wiedersehen.“
Noch bevor Liv etwas sagen konnte, unterbrach Sav ihn grob. Er stoß ihn zur Seite und packte Akito am Kragen.
„Verdammt! Wir hätten dich in diesem Loch verrotten lassen sollen! Du elender...“
Bevor er aussprechen konnte, rammte ihm jemand einen Stock in den Magen und ein anderer zerrte ihn von Akito weg. Sobald er weit genug von ihm fort war, stießen sie ihn grob auf den Boden.
Akito gestand sich ein, dass Sav der einzige war, dem er nie verzeihen würde, was er ihm angetan hatte. Alle Wunden würden irgendwann heilen, nur sein Auge würde niemals wiederkommen.
Betont langsam stand er auf und ging zu ihm hinüber. Allerdings nicht, ohne sich vorher Pamils Schwert zu leihen.
Savs Abscheu war nicht zu übersehen und dennoch reizte dies Akito umso mehr, ihn hierzubehalten. Liv ließ die Beiden nicht aus den Augen und auch die anderen der Truppe beäugten das Schauspiel misstrauisch. Mit gezücktem Schwert ging er auf Sav zu und schlug mit der Schwertspitze Savs Mantel nach hinten.
Wie er befürchtet, aber auch gehofft hatte, hatte Sav sich nicht von seiner Sammlung getrennt.
Hinter sich konnte Akito einige Würgelaute hören. Mit einem Ruck durchtrennte er die Schnur und die Augen kullerten auf den Boden.
Nun schien sich wirklich jemand zu übergeben und auch einige andere verließen eilig das Haus.
Einen Moment lang sah Akito ihnen zu, wie sie über den Boden rollten. Als ihn sein eigenes Auge anstarrte, griff er sich automatisch ins Gesicht. Niemals würde er es ihm verzeihen, ihm vergeben oder es ihn auch nur vergessen lassen.
„Du wirst diese Augen vergraben. Wage ja nicht, auch nur daran zu denken so etwas erneut zu tun! Du hast Glück, genau wie ihr mir, werde ich euch noch einen Aufschub gewähren. Aber wehe dem von euch, der auch nur versucht mich zu hintergehen.“
Bei dem letzten Satz ließ er seinen Blick über die anderen zu Liv gleiten.
„Ihr werdet zu niemanden über die vergangenen drei Jahre sprechen und mir treu ergeben sein! Ich hoffe ich habe mich damit deutlich ausgedrückt.“
Angewidert blickte er noch einmal zu den Augen und zurück zu Sav. Sie würden leiden. Dafür würde er noch sorgen.
Danach drehte er sich um, gab Pamil sein Schwert zurück und setzte sich wieder. Pamil, wie auch zahlreiche andere, schienen darüber erleichtert, dass er kein Blut vergossen hatte.
Nachdem ein kleiner Augenblick verstrichen war, fing Akito an zu sprechen: „Ich werde mich mit den anderen beraten und euch morgen früh mein endgültiges Urteil mitteilen. Doch eine, nein zwei Fragen habe ich noch an euch. Warum seid ihr Liv hierher gefolgt? Schließlich musste er euch reinlegen, damit wir fliehen konnten.“
Schweigen. „Wir wussten nicht weiter.“
„Uns bleibt ja sonst nichts übrig! Selbst wenn wir den Verräter ausgeliefert hätten, hätte der König uns hingerichtet! Er hätte uns niemals geglaubt, dass wir nichts mit deiner Flucht zu tun hatten!“
Akito nickte, damit hatte er gerechnet. Sie hatten nicht genügend Rückgrat, um den Verräter zu richten, da er ihnen den einzigen Ausweg bot. Ohne Liv wären sie sicherlich schon längst tot.
Danach wandte er sich an Pamil und die anderen. „Können wir sie über Nacht irgendwo unterbringen?“
„Das einzige Haus, dass noch genügend Platz bietet ist tatsächlich deins. Wir können sie ja schließlich nicht bei den Frauen schlafen lassen.“
Da hatte Meiko nicht ganz unrecht. „Dann stellt die nötigen Betten in mein Haus.“ Das war ihm nur recht. Er wagte es noch nicht sie aus seinem Blickfeld zu lassen.
Pamil wollte schon demonstrieren, doch Akito schnitt ihm das Wort ab. „Bitte, ich weiß was ich tue.“ Die Männer nickten, wenn auch widerwillig. Ein paar andere, bewaffnete Männer begleiteten die Truppe zu Akitos Haus.
Vorher allerdings, sollte Sav die Augen noch vergraben.
„Also, was habt Ihr vor?“ Die Frage kam von Johey.
Akito wartete, bis auch die restlichen Leute gegangen waren. „Warum sollte ich sie nicht nutzen? Sie scheinen ziemlich brauchbare Spione zu sein.“
„Das kann nicht dein Ernst sein! Ich hab keine Ahnung was sie dir und der Kleinen angetan haben, aber so, wie die Kleine geweint hat, war das sicherlich nicht nichts! Und dann erst dieser Freak mit den Augen! Wir sollten sie dem König zum Fraß vorwerfen oder selber hinrichten!“
Die anderen stimmten mit in Pamils Forderung ein. Akito wartete, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatten und setzte dann erneut an. „Falls es euch entgangen ist, war unter den Augen auch das Meine.“ Wie automatisch griff er nach seinem Verband. „Daher dürft ihr mir ruhig glauben, dass ich diese Schweinehunde nur zu gerne leiden sehen würde. Aber noch lieber würde ich meinen Vater leiden sehen. Er will sie haben, das ist ein Grund mehr, sie zu behalten. Außerdem solltet ihr bedenken, dass ich nicht gerade in der Position bin, mögliche nützliche Verbündete abzuweisen. Und nur damit ihr mich auch richtig versteht. Ich meine damit nicht, ihnen eine komplette Absolution zu erteilen. Lediglich ihre Strafe aufzuschieben.“
Stille.
Die Männer sahen beschämt zu Boden und einzeln spähten sie auf die Stelle, an der die Augen gewesen waren. Zähneknirschend stimmte Pamil schließlich zu. Allerdings unter der Bedingung, dass sie ihm unterstehen würden.
Sobald das geklärt war, stimmten auch die anderen zu.
„Am besten sollen sie gleich das Grenzgebiet auskundschaften. Ich will wissen wo ich den Kommandanten der kazulanischen Armee finden kann.
Und so muss Mia ihren Anblick nicht länger als notwendig ertragen.“
Pamil überlegte angestrengt.
Der Gedanke schien ihm immer noch nicht zu gefallen. Er wusste, was Pamil gerade dachte. Es war wohl eine seiner alten Angewohnheiten alle möglichen Szenarien zu durchdenken. Sie könnten ihm wichtige Informationen vorenthalten, oder ihn gar in eine Falle locken. In seinen Augen war der Plan nicht ausgereift genug.
„Falls es dich beruhigt. Sie werden schließlich dir unterstellt sein. Also kannst du dir genau überlegen mit wem und unter welchen Umständen du sie gehen lässt.“
Pamil beäugte ihn misstrauisch, zeigte sich letztlich aber überzeugt.
Hoffentlich war Mia mit dem Ausgang genauso zufrieden. Er konnte sie verstehen, sie hatten sie Jahre lang gefangen gehalten und ihren Vater vor ihren Augen ermordet.
Genau wie er, war auch sie dadurch für ihr ganzes Leben lang gezeichnet.
Zufrieden lehnte er sich zurück. Auch die anderen sahen erleichtert aus, nun, da geklärt war, was sie mit ihnen machen würden.
Es dauerte auch nicht lange, bis sich nach und nach wieder Leute in das Haus trauten. Schließlich war es schon etwas nach der Zeit, zu der sie normalerweise aßen.
Einige der Frauen machten sich bereits daran, den Wildeintopf vom vorherigen Abend aufzuwärmen, als auch Mia endlich den Raum betrat.
Akito machte sich sofort daran, ihr von ihrem Plan zu erzählen. Sie war noch immer blass, aber es schien ihr schon wieder etwas besser zu gehen.
„Und? Wie ist es gelaufen?“
Akito zuckte mit den Schultern. „Wir werden sehen, ob sie uns nützlich sein werden. Aber wir haben beschlossen, dass wir sie als Kundschafter ins Kriegsgebiet schicken.“
„Willst du ihnen wirklich vertrauen? Nach allem?“
Er sah sie traurig an. „Es ist nicht wirklich eine Frage des Wollens. Ich muss etwas unternehmen und wenn ich nicht völlig blind in die Gefahr laufen will, dann brauche ich die Informationen, die sie mir liefern können. Aber nein, vertrauen werde ich ihnen niemals. Und keine Sorge, ich sorge schon dafür, dass sie früher oder später bezahlen.“
Ihr Blick verdüsterte sich und sie sah betreten auf ihren Teller. „Ich kann dir nicht vorschreiben was du tun sollst und bei Gott, ich wüsste selber nicht, was wir mit ihnen anstellen sollten. Aber bitte pass auf. Es würde mich nicht wundern, wenn sie dem höchst Bietenden deinen Kopf auf dem Silbertablett servieren würden.“
Wahrscheinlich hatte sie recht, aber er hatte keine Wahl. Diese Leute waren entbehrlich und er wollte seine Leute nicht opfern, nur um wenige Informationen zu erhalten.
Langsam ging er nach draußen. Dieses Wiedersehen hatte ihm gründlich den Hunger verdorben.
Er spähte zu seinem Haus hinüber. Es war hell erleuchtet und an jedem Fenster stand mindestens eine Wache. Akito seufzte. Was brachte es, jemanden zu bewachen, der sich freiwillig zu ihnen begeben hatte. Wohlwissend, dass er sie hätte töten können.
Zielsicher machte er sich auf den Weg.
„Ihr könnt jetzt Essen gehen. Und seid bitte so gut und lasst jemanden etwas zu essen herbringen.“
Die Männer wollten lautstark protestieren, aber Akito ließ keine Einwände zu.
Entschlossen trat er an ihnen vorbei und ging hinein.
Liv und seine Truppe sahen ihn verwundert an. Sie saßen alle auf ihren Betten und lehnten sich gegen die Wand.
Aus irgendeinem Grund hatte sich Sav ein blaues Auge eingehandelt.
Akito konnte sich en Grinsen nicht verkneifen. Sicherlich hatte einer seiner Leute Sav eine Lektion erteilen wollen.
Danach ignorierte er sie so gut es ging. Allerdings viel ihm das nicht sonderlich leicht, da sie ihn praktisch mit ihren Blicken durchlöcherten.
„Ihr habt mich drei Jahre lang fast jeden Tag gesehen und dennoch könnt ihr nicht genug von meinem Anblick haben?“
Sav schnaufte nur wütend und legte sich dann mit dem Gesicht zur Wand hin.
„Was habt ihr entschieden?“ Das war Nil. Akito verschränkte die Arme und tat so, als würde er überlegen. Langsam ging er zu seinem Schreibtisch hinüber und setzte sich. Er würde sich sicherlich nicht die Genugtuung nehmen sie auf die Folter zu spannen.
„Damit wir uns richtig verstehen. Ihr mögt noch leben und das wird auch wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben. Aber ich schlottere nicht aus Angst vor euch. Zwischen uns hat sich ein Abgrund gebildet, den ihr niemals übertreten werdet.
Es gibt nur einen Grund weswegen ich euch leben lassen. Also wagt es ja nicht, so zu tun, als wären wir alte Freunde. Ein Wort von mir genügt und ihr seid Tod. Ich werde niemals zulassen, dass ihr diese Menschen hier in Gefahr bringt.“
Nil schien sichtlich verwirrt, er war anscheinend nicht einer der helleren Sorte. Aber wenigstens Liv schien ihn deutlich verstanden zu haben.
Zum Glück hatte keiner von ihnen mehr Zeit zu antworten, denn genau in diesem Moment kam Pamil zur Tür hereingestürmt. Ein kurzer Blick genügte und Akito wusste sofort, dass Pamil außer sich war vor Wut.
„Du ziehst einfach so die Wachen ab!? Bist du jetzt völlig verrückt geworden! Zuerst lässt du die da in dein Haus und jetzt sitzt du hier ganz gemütlich!?“
Akito lehnte sich entspannt zurück, warum hatte er nicht vorher daran gedacht!? Natürlich würden die Wachen Pamil Bericht erstatten und selbst wenn nicht, würde er es sofort bemerken, wenn sich einer von ihnen im Haupthaus blicken ließ.
Dieser Zug war leichtsinnig gewesen und nun hatte er einen stinkwütenden Pamil vor sich.
Akito wollte zu einer Antwort ansetzen, aber Pamil unterbrach ihn barsch.
„Du kannst mir sagen was du willst, aber ich werde dafür sorgen, dass du keine Sekunde mit diesen Arschlöchern hier alleine bist! Wachen vor den Türen und Fenstern und ich werde auch hier schlafen!“
An seinem Blick konnte er erkennen, dass er keine Antwort erwartete.
Akito seufzte, dass würde sicherlich ein Albtraum werden. Wenn es nicht reichte, dass einer aus der Truppe schnarchte, dann sicherlich Pamil.
Es dauerte auch nicht lange, bis ein weiteres Bett aufgebaut war. Pamil würde mitten im Raum schlafen. Alle im Auge habend.
Nachdem auch das erledigt war, kamen auch einige Männer mit etwas Essen zu ihnen.
Auch Akito konnte sich endlich dazu durchringen etwas zu essen. Die Köchinnen brachten immer wieder ein kleines Wunder hervor, wenn sie sich an ihre Kessel stellten. So schlicht das Essen auch erschien, so sehr war es doch ein echter Gaumenschmaus.
Akito sah keinen Sinn darin, noch länger wach zu bleiben. Pamil würde eh auf ihn aufpassen, bis auch alle anderen schliefen. Wenn er nur zu lange wach blieb, würde Pamil und damit auch der Schutz des Dorfes darunter leiden.
Es dauerte sehr lange, bis er es schaffte zu schlafen. Auch wenn er es selbst nicht bemerkt hatte oder es einfach nur geschickt unterdrückt hatte, so quälten ihn jetzt die Erinnerungen umso mehr. Sein Körper schien sich vehement dagegen zu wehren, sich mit ihnen auch nur in einem Raum aufzuhalten. Geschweige denn sich zu entspannen.
Der Morgen kam viel zu früh.
Pamil machte seine Drohung war, denn als er sich für seinen Wachdienst fertigmachte, weckte er auch lautstark Akito. „Was schaust du mich so an? Das hast du dir selbst zu verantworten! Also auf mit dir, desto eher wir unsere Entscheidung verkünden, desto eher bist du mich wieder los. Und dieses Pack noch mit dazu!“
Noch im Halbschlaf zog er sich an und machte sich dann zusammen mit Pamil und den Anderen, inklusive ihrer Eskorte, auf den Weg. Zu Akitos Überraschung herrschte bereits reges Treiben, alle schienen darauf zu brennen, dass die vier das Dorf wieder verließen.
Es dauerte auch nicht lange, bis Pamil das Ergebnis verkündete. Wie Akito dachte, erklärten sich alle vier dazu bereit, ihren Befehlen zu folgen. Auch, wenn sie nicht sonderlich erpicht darauf waren, ein Kriegsgebiet auszukundschaften.
Zur Mittagszeit waren sie endlich fort und Mia war sicherlich nicht die Einzige, die erleichtert aufatmete, als sie aus dem Tor hinausschritten.
Pamil hatte ihnen ausdrücklich Fristen gesetzt, an denen sie sich zu melden hatten. Ob nun mit oder ohne Neuigkeiten.
Den Rest des Tages verbrachte Akito wieder damit, sich seinen Übungen zu widmen. Den einzigen Höhepunkt bildete Mia, die dich davon überzeugen wollte, dass sein Knöchel auch so heilte, wie er sollte.
Mindestens eine weitere Woche verging, bis Mia ihn zufrieden von der Leine ließ.
Sein Knöchel war geheilt.
Sie konnte ihn nicht mehr zurückhalten.