Die Einrichtung eines Kalifats. Der Kampf gegen die syrischen Rebellen. Was macht den IS für Jugendliche, die in europäischen Ländern mit größtenteils europäischen Werten großgezogen werden, also so attraktiv, dass diese sich teilweise entschließen in einen Krieg zu ziehen, der mehr als nur ein Selbstmordkommando darstellt?
Jürgen Manemann, ein Politik-Philosoph, kommt in seinen Studien zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der Jihad, der sogenannte "heilige Krieg", weniger mit der Religion, sondern vielmehr mit den sozialen Pathologien in der europäischen Gesellschaft zu tun habe.
~Dschihadismus gedeiht in einer Gesellschaft, in der wir konfrontiert sind mit sozialen Pathologien, in der Menschen Orientierungslosigkeit existenziell in einer Art und Weise erfahren, dass sie ihren Halt verlieren.~ [Jürgen Manemann]
Ganz allgemein hätten viele der Dschihadisten Diskriminierunserfahrungen gemacht. Gefährdet sind alle jungen Leute, denn sie machen vor allem Frust über schlechte Verhältnisse zu Hause, oder auch Wut über die eigene noch unklare Identität und Lust auf Rebellion, offen für die "Gehirnwäscher".
~Wer sich ungerecht behandelt fühlt, darf nun unter der Flagge des Jihads erstmals mit "legitimierter" Gewalt für vermeintliche Gerechtigkeit sorgen.~ [Lamya Kaddor]
Sie sieht in der Attraktivität des IS für Jugendliche eher eine Jugendprotestbewegung, denn Entwicklungspsychologisch wollen junge Menschen in der Pubertät rebellieren und damit möglichst auffallen.
In jenen Elternhäusern, in denen sich Kinder dazu entscheiden nach Syrien und in den heiligen Krieg zu ziehen, fehlt oft die Vaterfigur. Psychisch, physisch oder emotional.
So ist also nicht der Islam das Problem, sondern es sind schlicht und ergreifend soziale Phänomene, bei denen unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen.
Welche Gründe gäbe es ansonsten, dass so viele Jugendliche in einen Krieg ziehen, der nur indirekt mit ihnen zu tun hat, als soziale Ursachen, wie "Sehnsucht nach Anerkennung", "Zuwendung", "Zusammenhalt", "Aufwertung der eigenen Persönlichkeit"- mit dem Gefühl wichtig zu sein und gebraucht zu werden, und die Hoffnung auf eine neue, emotionale Heimat um innere Leere auszugleichen.