Ihm war seltsam zumute. So ganz allein durch eine ihm vollends fremde Welt zu schleichen. Zu beobachten, zu lauschen und hinterfragen und ... etwas zu sticheln.
Memnach bot zu jeder Tageszeit kein gleichbleibendes Bild. Diese Stadt schien im steten Wandel. Eines hingegen blieb sich allzeit treu.
Die Leute bekamen sichtlich nur schwerst gefüllt Bäuche. Es war ihm unerklärlich, dass die wenigen Schenken nicht regelmäßig ausgeraubt und die nächtlichen Gäste um ihre spärliche Habe erleichtert wurden.
Wie vollbrachten es die Schwadrone, in einer solch vergorenen Situation Ruhe und Ordnung zu halten?
Oft genug bekam er mit, wie erst kürzlich seinem Bruder wiederfahren, dass Banden ihrer Wege gehende auflauerten und aus niederen Umständen heraus beinahe zu Tode prügelten. In der Öffentlichkeit, in eine gammelnde Erdknolle zu beißen, reichte für einige bereits aus, handgreiflich zu werden.
Unter den Augen vieler, sich an Wehrlose zu vergehen, seien sie auch noch so Jung, schien bei den Häschern zur Tagesaktivität zu zählen. Niemand schritt ein oder bot den Geschändeten Hilfe. Zu tief saß die Angst, selber die Stiefel der Soldaten zu spüren. Die, die es wagten, lagen oftmals blutend und mit klaffenden Wunden im Dreck des Weges.
Nur ein einziges Mal zeigte eine junge Frau Willen und Anstand, sich gleich drei dieser Blaubluter zu stellen. Anstatt des Kindes, welches die Thulenen an den Haaren rissen, bot sie sich selbst.
Kayden handelte geistesgegenwärtig. Zog das Mädchen zu sich in die Schatten, als dieses forsch in eine Ansammlung morschen Holzes gestoßen wurde. Mit dem Finger vor dem Mund lauschten sie dem Gegreine wie der Pein der Mutigen und dem verruchten Hohn ihrer lüsternen Peiniger.
Auf seinen Streifzügen durch die oberen Gassen, Wege und Straßen traf er auf Leute, die er meinte, bereits einmal gesehen zu haben. Einige beachteten ihn mit einem angedeuteten Kopfnicken, andere schlurften wie Marionetten an ihm vorbei. In seinen neuen gebrauchten Kleidern viel Kayden in diesem Bereich der Stadt weniger auf, als in den zerschlissenen, die er von seinem Vater erhielt. Bei näherer Betrachtung glaubte er sogar so weit gehen zu können, dass dieser damit einer Absicht folgte.
Als sie die Waren des Hofes ausfuhren, führte ihr Weg sie nur bis zur Mauergrenze zum nächsthöheren Stadtteil Memnachs. Er würde sich danach erkundigen, sobald er Klarich wieder in die Arme schließen konnte. Er hatte so manche Frage, die er ihm zu stellen gedachte und womöglich wusste er auf die eine oder andere eine befriedigende Antwort.
Es gab für ihn nicht viel mehr zu sehen, als das, was seine Augen bereits seit Stunden erfasten. Er sah zu seiner Rechten und beschloss dorthin zu gehen, wo er vermutlich in seinem einfachen aber durchaus sauberen Leinen abermals auffallen würde. Dort mutmaßte er, vielleicht Neues zu Gesicht zu bekommen und auch Fragen stellen zu können. Innerlich hoffte er auf bessere Umstände.