6. Kapitel
Weitere Helfer
Wir bewegten uns vorsichtig weiter durch unser Schulhaus. Ich schaute hinaus zum Ziegengehege, um zu sehen, ob die Monstren, welche meine Mann und ich dort eigesperrt hatten, noch immer dort waren. Mit Schrecken stellten wir jedoch fest, dass diese verschwunden waren. Irgendwo trieben sie also weiterhin ihr Unwesen. Wir schlossen die Haupttüren vorsichtshalber ab und brachten einen Zettel an selbigen an, worauf stand: Vorsicht!! Zombie- Alarm im Schulhaus! Bitte sogleich nach Hause zurückkehren und Türen geschlossen halten! Wir wussten, wie dämlich sich das anhören musste, doch wir hielten es für unsere heilige Plicht eine Warnung auszusprechen. Wir wollten damit auf Nummer sicher gehen. Obwohl Sicherheit in der jetzigen Zeit ein schwer zu erreichendes Gut war.
Auf einmal wurden wir durch Schreie im Untergeschoss abgelenkt: «Bleib mir bloss vom Leib du… Kreatur! » vernahmen wir eine wohlbekannte, männliche Stimme. Es war jene von Mirko Brandenberg, einem Mittelstufenlehrer anfangs 30, der einst Polizist gewesen war. Er war ein beliebter Lehrer, der auch sonst wenig Umstände machte. Der Arme schien nun jedoch in arger Bedrängnis zu sein und natürlich eilten wir ihm sogleich zur Hilfe. Wir fanden Mirko in seinem Zimmer im Untergeschoss vor, wo er sich gleich mit zwei Zombies herumschlagen musste: Ella und einem Musik- Kollegen von Peter, namens Franky. Überall lagen umgeworfene Stühle und er hielt sich die Monstren mit dem grossen Zirkel der Wandtafel vom Leib. Dabei trat und schlug er verzweifelt um sich. Zum Glück konnte Mirko noch etwas Kampfsport durch seine einstige Ausbildung als Polizist, das war ihm wohl zu Gute gekommen. Doch langsam schienen ihn die Kräfte zu verlassen, denn Zombies waren bekanntlicherweise äusserst zähe Brocken, die man auch mit einem Fusstritt oder Handkantenschlag nur bedingt im Zaum zu halten vermochte und schon gar nicht mit einem Riesenzirkel, der am einen Ende einen Saugnapf hatte und auf der anderen Seite nur ein stumpfes Kreidestück aufwies.
Wild rufend und schreiend stürzten wir in Mirkos Schulzimmer, um die Zombies von ihm abzulenken. Dabei schwangen wir unsere Mistgabeln, Gartenkrallen uns sonstigen Waffen. Der Tumult, den wir veranstalteten erfüllte seinen Zweck, denn die Monstren, liessen nun von Mirko ab und drehten sich knurrend und geifernd zu uns herum. «Helft mir mal! » rief ich den anderen Frauen zu und packte eine lange, niedrige Bank, welche unter der Wandtafel stand. Elina und Mila begriffen sogleich was ich vorhatte und halfen mir. Mit einem wilden Kriegsschrei, drehten wir die Sitzfläche der Bank Richtung Zombies und stiessen selbige damit gegen die nahe Wand. Dort klemmten wir sie fest und mein Mann und Rubius warfen Ella und Franky ein weiteres Tuch über die blutenden, entstellten Häupter. Sogleich taten sie keinen Wank mehr.
Mirko stiess einen erleichterten Seufzer aus, liess sich erschöpft auf einen Stuhl sinken und wischte sich den Schweiss von der Stirn. «Alles klar mit dir? » fragte Karl. «Wurdest du gebissen? » «Nein zum Glück nicht, » stöhnte der Angesprochene und liess den grossen Zirkel zu Tode erschöpft, zu Boden gleiten. «Ich dachte wirklich mein letztes Stündchen hätte geschlagen, vielen Dank euch allen! » Wir nickten mitfühlend und fesselten währenddessen die Hände der Zombies mit Kabelbindern. «Ich bin froh, dass du noch der Alte bist, » sprach Karl und klopfte Mirko auf die Schulter. «Wir können jede Hilfe gebrauchen. Wir wollen das Schulhaus ganz von Zombies säubern und zu einer sicheren Zuflucht machen.» «Da habt ihr aber noch eine ganze Menge vor. Nun, ich bin jedenfalls dabei, was bleibt mir auch anderes übrig? » Ein gequältes Lächeln erschien auf Mirkos Gesicht und mit ihm zusammen schafften wir auch Ella und Franky in den kleinen Raum, wo wir bereits schon Viktoria eingesperrt hatten. «Sie also auch? » meinte Mirko und sein Gesicht war gerade leichenblass. «Ja, » gab ich zur Antwort «und es sind noch mehr. Da nimm! » ich streckte ihm etwas Schokolade entgegen, die ich mitgenommen hatte «das wird dir gut tun und trink etwas Wasser, nicht dass du uns noch umkippst.» Als ich das sagte, musste ich unmittelbar an das Glas Wasser denken, dass ich Peter damals gereicht hatte und nach dem er dann umgekippt war. Ich fühlte mich irgendwie immer noch schuldig deswegen. Noch wusste ich ja nicht, was damals wirklich passiert war und warum.
So durchkämmten wir also das ganze Untergeschoss und den Keller. Dort trafen wir noch auf ein paar weitere Zombies (darunter die restlichen Bandmitglieder). Wir gingen immer ungefähr gleich vor: Die Zombies mit unseren längeren Waffen am Beissen hindern, Sack über den Kopf, oder zuerst umwerfen und dann Sack über den Kopf, Hände mit Kabelbindern fesseln, in einen gesicherten Raum bringen, auch die Füsse fesseln und einsperren.
Mirko war uns eine tüchtige Hilfe, denn als ehemaliger Polizist hatte er die eine oder andere gute Idee und auch die nötige Tatkraft, die es unter diesen Umständen dringend brauchte.
So schafften wir es, mit vereinten Kräften, das Schulhaus ein wenig sicherer zu machen.
Wie hiess es mal in einem Film: wir schrieben Geschichte, während wir uns fortbewegten… oder so ähnlich…
Im 1. Obergeschoss, trafen wir dann schliesslich noch auf Dana Lehmann, oder das was von ihr noch übriggeblieben war. Sie sah ganz furchtbar aus. Ihre blonden Haare waren zerzaust, standen nach allen Seiten und waren blutverklebt. Danas Kiefer stand seltsam ab, als wäre er gebrochen und das verlieh ihr ein noch unheimlicheres Aussehen. Als wir ihr Zimmer betraten, trafen wir sie neben dem Klavier stehend, unbeholfen auf den Tasten selbigen herumklimpernd, an. Sie war anfangs eher apathisch. Doch nur so lange, bis sie uns erblickte. Dann kam plötzlich Leben in ihren, nun noch hagerer wirkenden Körper und sie bleckte ihre erstaunlich weissen Beisserchen. Durch den vermutlich kaputten Kiefer jedoch, wirkte das seltsam komisch und ich konnte mir kaum vorstellen, dass Dana so überhaupt noch richtig herzhaft zubeissen konnte. Eine Werbung schlich sich ungewollt aus meinen Kindheits- Erinnerungen in mein Bewusstsein: Kukidend Haftcreme… dass sie auch Morgen noch, kraftvoll zubeissen können! Aber was ging mir da bloss wieder durch den Kopf im Angesicht dieser schrecklichen Bedrohung?
Dana kam nun auf uns zu, doch mit dem Vorteil einer gewissen Routine, setzen wir sie ziemlich schnell ausser Gefecht. Als wir sie jedoch hinunter in den kleinen Raum zu den andern bringen wollten, kam jemand die Treppe herunter!
Wir fürchteten schon, dass es wieder ein Zombie war, doch da war weder ein Stöhnen noch ein Knurren zu hören. Ein leiser Zombie vielleicht? Aber so leise war er eigentlich auch nicht. «Mona! » rief ich erschrocken aus. «Was machst du denn hier, weisst du denn nicht wie gefährlich es in der Schule gerade ist? » Mona Zimtstern, war die langjährigsten Mitarbeiterin unseres Reinigungsteams und alle liebten und achteten sie. Sie war ein fröhlicher, hilfsbereiter und auch sehr fleissiger Mensch, der sehr wichtig für unser Team war. Und nun auf einmal… stand sie vor uns! Wie nur war so etwas möglich? » «Ich bin heute ganz früh gekommen, um mit der Arbeit anzufangen. Eine Zeit lang merkte ich wirklich nichts von den seltsamen Vorgängen, die hier passierten, » erklärte Mona uns aufgeregt und sichtlich erleichtert darüber, uns zu sehen. «Doch dann traf ich im Treppenhaus auf einmal auf Ella! Die arme Ella hat es voll erwischt! Was sie und die andern aber genau erwischt hat, war mir bis anhin ein Rätsel. Doch dann, als ich vor Ella flüchtete und mich in Anjetas Zimmer im Dachgeschoss einschloss, schaltete ich dort das Radio ein und… ich erfuhr, dass es sich bei diesem seltsamen Zombiezustand um eine Virusinfektion handelt, welche vermutlich aus einem Labor gekommen ist und sich durch Bisse überträgt. Schliesslich war Ella dann endlich wieder weg und ich habe gerade Anjetas Zimmer wieder verlassen, weil ich euch gehört habe und mich euch anschliessen wollte. Vereint sind wir auf jeden Fall stärker. » «Ja, das kann man wohl sagen!» freute ich mich. «Wir können wirklich jede Hilfe gebrauchen. Willkommen im Zombie- Reinigungsteam, liebe Mona!»