Kapitel 2
„Übrigens“, versuche ich so beiläufig wie möglich zu sagen, was mir allerdings nicht gelingt, da ich vor Aufregung fast zerplatze. „Er hat mich gefragt, ob ich morgen mit ihm ausgehen möchte.“
Das nächste Stück Schokolade landet in meinem Mund, während ich auf Pause drücke. Ursprünglich wollten wir uns heute zu unserem Freitäglichem DVD-Abend treffen. Zum Treffen ist es auch gekommen und auch die DVD läuft schon. Allerdings hat der Film bisher keinen Teil unserer Aufmerksam abbekommen, da meine beste Freundin meinte mich ausquetschen zu müssen.
Isalie grinst breit, während sie aufgeregt auf meinem Bett wippt und mit meinem Kuschelkissen wedelt: „Jaaa...klaaaar“, sagt sie dabei gedehnt. „Aber ihr seid ja nicht zusammen. Habt Euch nuuuur geküsst.“
Mit gespielter Entrüstung schmeiße ich die Schokoladenpackung von mir weg, springe auf und greife mit beiden Händen nach meiner geblümten Wolldecke auf der Isalie sitzt. Mit einem kräftigen Ruck ziehe ich die Decke samt Isalie vom Bett. Leider verliere ich dabei das Gleichgewicht und stolpere Rückwärts in meinen Kleiderschrank. Dumm nur, dass ich dank meiner Liebe zur Unordnung wiedereinmal die Tür aufgelassen habe. Durch meinen Schwung und verzweifelt Rudernde Arme schaffe ich es die Regale im Schrank zum Kippen zu bringen. Ehe ich mich versehe befinde ich mich überdeckt von Socken, T-Shirts und Pullovern auf dem Boden wieder. Der Anblick und mein verdattertes Gesicht müssen so komisch sein, dass Isalie in meine Wolldecke verwickelt, den Lachflash ihres Lebens bekommt. Ihr Gesicht nimmt eine derart rote Farbe an, dass ich schon überlege, ein Sauerstoffzelt zu organisieren, muss aber selber anfangen zu lachen, dass schon an einfaches aufstehen nicht zu denken ist. Prustend und japsend liegen wir auf dem Boden, als sich plötzlich die Tür öffnet und meine Mutter ihren Kopf in mein Zimmer steckt.
„Was ist denn hier... .“ Weiter kommt sie nicht, denn auch sie muss plötzlich anfangen zu lachen.
Ohne ein Wort verschwindet sie lachend, nur um einen Augenblick später mit einem Spiegel in der Hand wiederzukommen. Kommentarlos hält sie ihn uns beiden vor die Nase und das Bild, welches wir zu sehen bekommen löst einen erneuten Lachflash aus. Isalie klebt ein Stück Schokolade am Ohr, Teile davon schön verschmiert bis zum Hals, mir selbst habe ich die Schokolade Quer über das Gesicht geschmiert. Meine Mutter ist die erste, die sich wieder unter Kontrolle hat. Sie wartet bis wir uns ebenfalls wieder beruhigt haben, was eine Weile dauert, da wir immer wieder von neuen Lachanfällen überrollt werden. Schließlich sagt sie schmunzelnd: „Ich soll dir liebe Grüße von Nathalia Rosenberg ausrichten. Sie hat mich vorhin angerufen und mir unter anderem erzählt, dass sie dich heute mit Lio Moretti knutschend vor ihrem Fenster gesehen hat. Du hast mir gar nicht gesagt, dass du einen Freund hast.“ „Ach Mama...“, sage ich verlegen, während ich mir meine völlig zerzausten Haare über meine knallrot angelaufenen Ohren streiche. „Wir sind nicht zusammen. Wir haben uns bloß geküsst, das ist alles.“ „Ja, klar. Aber bring ihn doch mal mit, okay? Und dann sollten wir mal ein Mutter-Tochter-Gespräch führen. Du weißt schon. Über die Bienchen und ...“ weiter komm sie nicht, denn ich bin schon aufgesprungen und schiebe sie mit hochrotem Kopf aus meinem Zimmer. Als ich endlich die Tür hinter ihr schließe und mich wieder dem Chaos und Lia zuwende, starte ich einen Versuch, von dem Thema abzulenken, habe aber keine große Hoffnung, dass sie darauf eingeht. „So...wollen wir das Caos hier beseitigen und dann in ruhe den Film weiter schauen?“ Entgegen meiner Erwartungen, stimmt sie zu. Also stopfen wir die Klamotten wieder in den Schrank, befreien uns im Badezimmer von den Schokoladenresten und setzten uns zum Schluss mit einer neuen Schokoladenpackung auf die Couch.
Für den Rest des Abends schauen wir den Film. Naja...von 'Film schauen' kann man eigentlich nicht reden. Eher starren wir beide auf den Fernseher ohne wirklich mitzubekommen, was da läuft. Stattdessen hängen wir unseren Gedanken nach.