Als die Erdenfee das Kleid wiederfand, hatte sie nur wenige Risse auszubessern. Sie freute sich, dass sie Pflanzenstängel und eine Blume einweben durfte, und es dünkte sie, auch ein paar Waldbeeren würden ihm gut anstehen. Summend sass sie an ihrer Arbeit und erzählte ihm von der Natur, wie wunderbar alles erschaffen war und wie wichtig es sei, dazu Sorge zu tragen. Sorgfältig legte sie dann das ausgebesserte und verfeinerte Kleid auf einen Baumstrunk, segnete es und zog sich zurück. Da kam auch schon wieder sein Besitzer, betrachtete es genau, zupfte ein wenig daran herum, wurde eins mit ihm und ging raschen und frohen Schrittes weg.
Viele Male kehrte das Kleid zur Erdenfee zurück. Immer musste sie Löcher und Risse ausbessern, doch jedesmal durfte sie auch feineres und helleres Material einweben.
Wie betrübt war sie, als sie das Kleid unerwartet rasch wieder fand. Zerrissen war es – schmutzig, kaum mehr wiederzuerkennen. Dunkelste, grobe Holzrinde und Kohle musste sie einarbeiten.
Was war geschehen?
Warum?
Sie würde es nie wissen. Der Blick ins Leben der Menschen war ihr verwehrt. Sie wusste nur, dass es lange dauern würde, bis sie wieder hellere, feine Fäden einarbeiten konnte.
Als der Besitzer des Kleides wieder kam, war viel Zeit vergangen. Schweren Schrittes kam er näher, mit gesenktem Kopf. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihm, als er mit seinem Kleid eins wurde. Nur zögernd verliess er diesen ruhigen Platz – oh, er war dies alles so müde!
Die Erdenfee beobachtete ihn traurig. Wenn sie ihm nur helfen könnte! Wenn sie ihm nur sagen könnte, dass nichts verloren war, dass er jetzt eine neue Chance erhielt, sein Leben zu gestalten und – vor allem – dass er immer und überall von der Liebe des Allerhöchsten umgeben und begleitet war! Wieviel hätte sie darum gegeben!
In diesem Augenblick wandte der Mann sich noch einmal um, suchend schweifte sein Blick umher.
Rasch entschlossen trat da die Erdenfee aus ihrem Versteck hervor und drückte ihm eine leuchtend gelbe Blume in die Hand.
«Sie wird dich beschützen und dir den Weg zeigen. Vertraue ihr!»
Erstaunt blickte der Mann auf die Blume in seiner Hand. Dann begann er leise zu lächeln und wandte sich ermutigt seinem Weg zu.