Harry kam mit zwei Flaschen Bier an den Gartenzaun. Benno ließ den Rasenmäher stehen und stieß mit seinem Nachbarn an.
Die Sonne brannte, es war ein herrlicher Sommertag.
»Fertig mit der Renovierung?«, fragte er.
Benno gönnte sich einen langen Schluck. Das war das einzig Gute an seiner Scheidung: jetzt konnte er trinken wann er wollte. Zum Beispiel schon halb zwei an diesem Sommertag.
»Alles perfekt«, erklärte er. »Einliegerwohnung im Souterrain, zwei Zimmer, Küche, Bad und Abstellraum. Mit eigenem Stromzähler und Wasseruhr. Damit ein Mieter keinen Ärger mit den Nebenkosten macht!«
Vermieten musste er wohl, denn der Unterhalt für seine Ex-Frau fraß sein Gehalt als Wachmann fast auf.
»Wenn ich mir das ansehe, wie andere wohnen«, sagte Harry. »Der Terre zum Beispiel. Ludwig Terre, der mit den Supermärkten. Hat eine Villa im Erlengrund, zehn Zimmer, Riesengarten. Warst du da nicht mal zum Objektschutz eingeteilt?«
Benno nahm einen Schluck Bier. »Was willst du?«
Harry ließ den Blick über Bennos Häuschen schweifen. »Du hattest letzte Woche Besuch. Die Elly im Supermarkt sagt, du hast für zwei eingekauft. Und außerdem Rasierklingen und Rasierschaum« Er zupfte an Bennos Bart. »Wofür? Oder besser: für wen? Lass mich raten: Für Terre. Stand da nicht was in der Zeitung, dass er für drei Tage gekidnappt war und vorgestern wieder freigelassen wurde, für 250000 Euro Lösegeld? Die in zwei gelben Kurierrucksäcken im Stadtpark übergeben worden sind. Und habe nicht dich vorletzte Nacht gesehen, wie du zwei gelbe Kurierrucksäcke aus deinem Kofferraum geladen und ins Haus geschleppt hast?«
Benno schluckte. Und schwieg erstmal. Dann sagte er: »Der Kerl hat bei mir unten im Abstellraum der Einliegerwohnung gesessen, mit einer Handschelle ans Wasserrohr gefesselt. Er hat nichts gesehen und nichts gehört, wodurch er das Versteck identifizieren kann. Also - was willst du?«
»Die Hälfte«, sagte Harry. 125000. Damit ich vergesse, was ich gesehen habe.«
»Hör zu, ich hab Unkosten gehabt«, sagte Benno. »Der Umbau, die neuen Installationen, die Extra-Zähler. Sagen wir... 50000, okay.«
Harry kniff die Augen zusammen und starrte irritiert auf die Einfahrt, wo ein Streifenwagen hielt. Zwei uniformierte Polizisten begleiteten einen Zivilbeamten, der Benno seinen Dienstausweis präsentierte »Herr Hartung? Ich verhafte Sie wegen der Entführung von Ludwig Terre. Sie haben ihn hier versteckt gehabt...«
»Das können Sie mir nicht beweisen«, keifte Benno.
»Können wir doch«, sagte der Kommissar. »Herr Terre war an eine Wasserleitung gefesselt, an der eine Wasseruhr zur Einzelabrechnung der Wohnung angeschlossen war. Und er hatte genug Zeit, sich die Eichnummer der Wasseruhr zu merken, unter der sie bei den Wasserwerken registriert ist.« Handschellen schnappten. Der Kommissar sah zu Harry. »Ihr Komplice?«, fragte er Benno.
»Sag jetzt bloß nichts falsches, Benno!«, zischte Harry.
ENDE