Liese betritt das Krankenzimmer, in zwei Betten liegen Thomas und Frieda, die sich beim Eintreten Lieses aufsetzten, (es gibt noch einen abgedunkelten Nebenraum)
Liese: Ein grausamer Gott hat mich ausersehen,
Für Leid und Trauer jenseits meiner Kraft.
Ich bin in einem kalten Sumpf gefangen,
und jede Wendung lässt mich tiefer sinken!
Ach, keiner steht am Ufer, mich zu retten,
und keiner hört von ferne meinen Schrei.
Ich sehe keine Hilfe, keinen Ausweg,
so muss ich mich dem Schicksal denn ergeben.
Doch ach, womit hab ich es denn verdient?
War nicht von Herzen wahrhaft mein Gesinnen?
War nicht die Liebe Grund für den Entschluss?
Frieda: Sachte, Kindchen, sachte, du vergisst ja,
dass deine Qualen uns noch nicht bekannt!
Erzähl mir, was dich grämt, und vielleicht zeigt sich,
die Lösung, welche dir nicht offenbar.
Liese: Die Lösung gibt es nicht, und dass ist klar!
Ein Wunder kann nur meine Rettung sein.
Doch will ich euch erzählen, welcher Ärger
mich ereilt: Ich wisst noch, wie ich selbst
vor einem Jahr in ähnlich dunkler Nacht,
an diese Tür schlug und das gleiche frug?
Ihr öffnetet und nahmt mich gütig auf,
Obwohl ich über meinen Namen,
und meine Heimat trotz der Fragen schwieg.
Ich wollte tags darauf schon weiterziehen,
doch schon schlug jene dunkle Krankheit zu,
warf euch hernieder, wie ihr jetzt noch liegt.
Sie fesselt an die Betten euch, und ich,
ich war nicht fähig, bin es heute nicht,
euch zu verlassen in der größten Not.
Der Dank, den ich euch schulde, er gibt mir
nicht Möglichkeit zu gehen, wie geplant
und so verweil' ich länger als gedacht.
Ich pflegt euch so mit aller meiner Kraft,
und kann nicht mehr als hoffen und erwarten,
dass einmal durch das Schicksal ich erlöst.
Doch dieser Tag scheint näher, als mir lieb ist,
denn in den Fremden zeigt sich ein Bekannter.
Thomas: Ein Bekannter?
Liese: Ja, es klopft an eure Tür,
der, für den ich meine Reise wagte,
an den ich denke, Tags wie Nacht, er wars,
der einen Ring mir an den Finger steckte,
und das Versprechen gab, das ich gewünscht.
Doch wollte er zuerst einmal studieren,
und dann als Arzt den Antrag wiederholen,
Frieda: Das also ist der Schweigsamen Geheimnis,
und doch, ein Rätsel scheint mir nicht gelöst!
Warum folgtet ihr eurem Liebsten nach
durch fremde Nacht und Wetter, ohne Schutz?
Liese: Mein Vater wars, der nicht mehr warten konnte,
er braucht doch einen Sohn für sein Geschäft,
er ist schon alt und kann nicht länger schuften,
wie früher einst, doch Arbeit gibt's genug!
In kleinem Haus versorgte er die Kranken,
so schickte er mich auf die Suche los,
um schnell mit meinem Theo heimzukehren!
Thomas: Theo heißt der Eine, wie der Freund?
Liese: Den kenn' ich nicht, doch Theo mag ihn sehr.
Frieda: Wirst du uns nun auch deinen Namen nennen?
Liese: Liese ist der Name, den ich trage,
und den ich tragen will, solange ich bleib'.
Doch nannte man mich Martha einst daheim,
und bald vielleicht schon Martha von Selvear!
Thomas: Eine von! Dann ist in unserm Stall
ein Fürst, nein, gar ein Prinz? Sag es mir, Liese!
Liese: Er ist der Sohn des höchsten Fürst' im Land,
doch ist sein Vater meinem Wohlgesonnen,
beide verbindet die Freundschaft, tief,
die unsere Verbindung möglich macht.
Frieda: Warum klagst du sein Kommen böses Schicksal,
wenn Theos Nähe Rettung für dich heißt?
Liese: Seht ihr denn nicht, wie sich die Straße zweigt?
Die Wahl steht zwischen Liebe oder bleiben!
Und diese Wahl fällt mir nun herzlich schwer!
(läuft aus dem Zimmer)