Es waren nicht nur zahlenreiche Steinmetze und Schreiner, die bei den Docks ihrer Arbeit nachgingen. Der aufsteigende Rauch der Essen verdichtete sich mancherorts dermaßen, dass es einem Tränen in die Augen trieb.
Schmiede schlugen hier nicht nur Trag- und Halteeisen. Vielmehr tummelten sich in so manchem Verschlag bis zu drei dieser bemuskelten Männer zugleich. Überall hingen Waffen und Rüstungsteile. Anderenorts wurden diese geschwärzt.
Balthas Befürchtungen drangen ihm abermals in Gedanken. »Arryn«. Er hätte ihn nicht allein lassen dürfen. Verflucht, er musste unbedingt zurück und nachsehen. Was aber, wenn alles in Ordnung war und er einsah, dass er noch einmal umkehren müsse, um zu schauen, ob sein Freund nicht doch Recht behielt? Was würde er seinem Enkel erzählen? Er käme nicht umhin, ihn mitzunehmen.
»Nein. Ich muss wissen, was hier gespielt wird. Arryn ist außer Gefahr«, beschwichtigte er sich selbst und lehnte sich gelassen an einen der baumdicken Poller.
Diese Karacke war gewaltig. Düstern lag sie da in ihrem schwarzen Anstrich. Es strahlte Heimtücke aus. So stellte sich Ighert Piraten vor, die Meilen über Meilen den Winden trotzten. Der Aufbau des Schiffes, die Kanzel, zog seinen Blick geheimnisvoll in ihren Bann. Da. Eine Stelle. Womöglich in aller Eile mit derselben Farbe, wie das Schiff an sich, überdeckt.
Sein Puls begann zu rasen, die Schläfen pochten. Das Medaillon fühlte sich zunehmen schwerer an. »Das darf doch nicht ...«, die Stimme schien ihm zu versagen und er fasste sich an die Brust. »Das kann nicht sein«, hauchte er.
»Ich bin mir ganz sicher. Er war es.«
»Was macht dich so sicher? Was würdest du geben, um es Gesetz dem Falle zu beschwören?«
»Alles«, beschwor jemand beinhart. Ighert atmete schwer. Einem Beobachter würde auffallen, das sein Oberkörper sich im tackt auf und abbeugte.
Der andere Sprecher, vermutlich einer der Hauptleute, lamentierte dieses eine Wort nach. Ein widerwärtiges Grienen zeichnete sich in Igherts Geiste. Wie konnten Menschen nur so sein?
»Sprich«, forderte selbiger auf.
»Herr«, begann der offensichtliche Bote. »Ich war lang genug außerhalb dieser Mauern unterwegs.«
»Haltet mich nicht zum Narren, Läufer. Ich selbst war es, der den Auftrag erteilte. Erzähl mir, was ich hören will oder gesell dich zu den Fischen.«
Ighert würde sich am liebsten herumdrehen und die beiden mit eigenen Augen beobachten. Diesen Herren, schelten, wie einen kleinen frechen Bengel. So sprachen noch nicht einmal die Eigner der Piers mit ihren Tagelöhnern.
»Wie aufgetragen fand ich ihn und habe eure Botschaft, den Auftrag, überbracht. Ich war dort Herr und habe auch den Jungen gesehen«, beschwor der Läufer. Wer verflucht war dieser Kerl? Von wem sprachen sie?
»Sie sind beide hier. Dieser Möchtegern von Hauptmann schleuste sie durchs Seitentor.«
»Wurdest du erkannt? Hast du mit ihm gesprochen und noch viel wichtiger, was ist mit der Mutter? Wir müssen wissen, ob es der Richtige ist.«
»Sie sind es Herr. Auch wenn ich zu den Fischen gehe, ich bleibe bei meiner Meinung. Ich schwöre beim ...«
Ein laut klatschendes Geräusch beendete dessen Satz abrupt und ein Schleifen begleitete die Verwünschungstirade des Herrn. Ighert mochte sich bildlich vorstellen, wie dieser wüst sein Schwert über den Boten hielt. Mehr noch, er hielt es für möglich, wenn nicht eben in diesem Moment Geschrei laut wurde.
»WAS ... IST ... HIER ... LOS«, schrie dieser und brachte Ighert dazu, sich nun doch mit gesenktem Blick herumzudrehen. Er hielt sich gebeugt und umklammerte seinen Bauch, so als litt er unter Krämpfen.
Ein Flüchtender, in zerlumpter Kleidung und einem Seil um die Handgelenke, lief im Zickzack direkt auf ihn zu. Anstatt zu tun, wonach es in ihm schrie, trat er den Rückzug an. Die Treppe hinauf befand sich ihm gegenüber. Vorbei an diesen beiden Leuten in Schwarz. Dieser Herr, wie ihn der Läufer ansprach, stand tatsächlich mit einem Schwert in der Hand da. Dessen Augen verfolgten jedwede Bewegung des Flüchtenden. »Geh Läufer. Sorge dafür, dass dieser Bogner und der Junge hier auftauchen«
Ighert stolperte und viel auf alle viere. Gerade rechtzeitig, wie ihm gewahr wurde. »Idiot«, schimpfte der Läufer, spuckte ihm auf die Hand und rannte zu seinem Pferd. Der Bogner behielt ihm mit weiterhin gesenktem Haupt und Oberkörper im Auge und hielt auf die Treppe zu. »Arryn. Junge. Hoffentlich. Ich muss schleunigst weg«, hallte es in seinem Kopf als Echo wieder.
»Zu den Fischen, Bastard!« Es folgte ein unverkennbares Geräusch. Kurz darauf ein raunen umstehender. Daraufhin das kranke Lachen eines Selbstgefälligen.