Mit gemischten Gefühlen machte er sich auf den Weg zu jener Frau, die - ohne es zu wollen - sein Leben total auf den Kopf gestellt hatte. Nachdem sie beide Male praktisch tot gewesen war, als er mit ihrem Problem konfrontiert worden war, hatte sie eigentlich gar keine Gelegenheit gehabt normal mit ihm zu kommunizieren, aber diese Frau faszinierte ihn und sie stand unter seinem persönlichen Schutz! Punkt! Er hatte es bei Gott nicht nötig, sich dafür zu rechtfertigen.
Als er ihr Zimmer betrat, war da noch immer sein Kollege Dr. Klaus Leher.
"Wie gehts ihr, Klaus?"
"Dank deiner Wunder-Heilkräfte kannst du sie gleich selbst befragen, Helmut. Weißt du, das ist schon ein starkes Stück, dass du sie ganz allein, trotz deiner Verletzung, ein zweites Mal retten konntest... Hut ab mein Freund! Dieser Frau wird niemals bewusst werden, wieviel Glück sie hatte, dass ausgerechnet du mich dieses Wochenende vertreten hast! Und dass du heute überhaupt noch im Haus, geschweige denn, im Dienst warst..."
Er drückte ihm die Fieberkurve mit den Aufzeichnungen der Medikation in die Hand.
"Ich nehme an, du möchtest noch ein paar Worte mit ihr wechseln. Die Polizei ist übrigens verständigt worden und wird bald hier sein. Kommen sie, Schwester Monika! Die Patientin ist in guten Händen bei Dr. Burger! Bis Morgen, Helmut, und danke, dass du für mich eingesprungen bist, am Wochenende!"
Helmut nickte Klaus zu und setzte sich an den Rand von Petras Bett. Zahlreiche kleine Schläuche und Kabel gingen von ihr aus in eine Überwachungsanlage, die all ihre Vitalfunktionen kontrollierte und bei relevanten Schwankungen sofort Alarm schlagen würde.
Er nahm Petras Hand und sah ihr in die Augen, die seit dem letzten Anschlag auf ihr Leben angsteinflößend blutunterlaufen waren, was Erstickungen immer zur Folge haben.
"Na, Petra, gehts wieder?"
Wider Erwarten war Petra in der Lage, zu antworten.
"Helmut, als sie mich wiederbelebt haben und auch heute Morgen, als sie der Meinung waren, ich sei bewusstlos, haben sie mich mehrmals geduzt." sagte sie leise, "Ach Mädchen, was machst du denn für Sachen?" - haben sie gesagt."
"Ja...?"
"Das war sehr schön! Ich meine, ihre Sorge, diese liebevolle Fürsorge... und dass sie mich duzen... könnten wir's nicht dabei belassen?"
"Aber natürlich können wir das! Wenn du das möchtest! Ich hätte es dir wahrscheinlich bald vorgeschlagen. Ich hab da ein bisschen mit mir selbst gesprochen, weißt du? Auf jeden Fall wollte ich nicht respektlos sein..."
"Du und respektlos? Mir ist noch nie ein Mann mit soviel Respekt, mit so viel Gefühl entgegengekommen wie du! Ja, ich möchte sehr gerne, dass wir uns duzen!"
Sie drückte ein Wenig seine Hand.
"Helmut, darf ich dich was fragen?"
"Was immer du willst, Petra."
"Als ich das zweite Mal "weg" war, hast du sehr lieb mit mir gesprochen... dass ich nicht vor dir gehen soll und drüben auf dich warten..."
"Ja, weißt du..."
"Kannst du mir so was liebes auch mal sagen, wenn ich gerade mal nicht tot bin...?"