"Hör zu mein Schatz," sagte Helmut, der eine Spritze aufgezogen hatte und nun die Luft entweichen ließ, "dir wird gleich kräftig heiß werden. Das mag unangenehm sein, legt sich aber bald und ist völlig normal bei Calciuminjektionen. Ich werde dir nun nach und nach deine Elektrolyte im Blut angleichen. Anhand des Blutbildes kann ich ziemlich genau abschätzen wie hoch ich sie dosieren muss um sie in ein ungefähres Gleichgewicht zu bringen. Das vertreibt die toxischen Bestandteile aus deinem Blut Und gleicht sich ab einem bestimmten Level von selbst ab. Und dieses Level möchte ich mit dieser Medikation herbeiführen. Das tut nicht wirklich weh, aber es könnte dir sehr übel dabei werden. Kneif mich, oder sags mir, wenn du eine Pause brauchst. Ich fang mit dem Calcium an. Ich werd es dir sehr langsam verabreichen, aber durch dein derzeitiges Defizit wird dir trotzdem sehr heiß werden und du wirst einen Eisengeschmack im Mund wahrnehmen. Aber das ist, wie gesagt normal. Bist du bereit, mein Häschen?"
"Bereit, wenn du es bist, mein Hase!"
Helmut ging sehr behutsam vor und drückte den Kolben wie in Zeitlupe nieder, doch für Petra fühlte es sich an, als tauche er sie in siedend heißes Wasser. Es rauschte lautstark in ihren Ohren, am hinteren Gaumen stellte sich ein taubes Gefühl ein und tatsächlich nahm sie einen Geschmack wahr, als lutsche sie an einem rostigen Nagel. Als er die Spritze von der Nadel abzog und nach der nächsten griff war sie der Ohnmacht nahe. Helmut tat die Spritze weg und legte die Hand auf ihre Wange. Er streichelte mit dem Daumen ihre Wange und küsste ihre Stirn. Ich weiß, dieses Procedere ist nicht lustig für dich, aber dafür wirst du sehr bald wieder zu Kräften kommen. Das ist sehr wichtig, Kleines, weil wir dann nicht mehr in der medizinischen Sicherheit eines Krankenhauses sind. Aber dafür wirst du bald wieder auf den Beinen sein."
Er betrachtete sie liebevoll. Wie tapfer sie war. Sie war knallrot im Gesicht von den Hitzewallungen und zitterte am ganzen Körper.
"Alles was du sagst..."
presste sie mühsam hervor, während eine Träne der Anstrengung ihren Augenwinkel verließ. Sie musste sich wirklich zusammenreißen.
"Ich weiß, es muss sein! Du würdest mich niemals quälen, wenns nicht wirklich notwendig wäre..." Diese mühselige Behandlung dauerte noch eine ganze Weile und irgendwann half alle Tapferkeit nichts mehr, sie musste sich unvermittelt übergeben.
"Das macht nichts, Petra. Hör auf dich zu schämen. Es war zu erwarten, dass diese Rosskur zum Erbrechen führt. Das ist mein Büro, ich hab Ersatzkleidung da. Du hast es gleich geschafft, Kleines. Die Übelkeit lässt bald nach."
"Ich hab dich total vollgekotzt, Helmut! Wie kannst du da nur so ruhig bleiben?"
"Weißt du Liebes, wir haben ganz andere Probleme, als ein bisschen Mageninhalt..."
Währenddessen war Rudolf Weninger bereits wieder auf dem Weg ins Landeskrankenhaus. Er mochte sich täuschen, aber eine silberfarbene Mittelklasselimousine schien ihm zu folgen...