Wilfried und Petra waren nun bei Helmut angekommen.
"Du bist mit dem Neunelfer da? Da hängst du wenigstens alle ab, wenn es sein muss."
"Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt. Aber du hast Recht, das Ding ist enorm schnell. Ich weiß noch immer nicht genau, wann Schluss ist, aber es dürfte jenseits von dreihundert sein. Dafür ist er kein Reiseauto..."
Helmut war neben dem Beifahrersitz in die Hocke gegangen und schnallte Petra an, Wilfried schloss die vordere Haube über ihren Sachen. Er hatte auch die Tasche hinter den Sitzen hervorgeholt und in den knapp bemessenen Kofferraum des Sportwagens gelegt. Helmut schloss die Beifahrertür und ging nach vorne zu Wilfried. Der streckte ihm Petras Handy hin, das bei ihren Sachen gewesen war.
"Machs gut, Heli! Und meld dich, wenn du was brauchst. Sieh zu, dass du aus der Stadt rauskommst. Noch weiß keiner, dass ihr abgehauen seid."
"Danke, Wilfried. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Ich hab noch eine Bitte."
Er nahm seinen Hausschlüssel vom Ring und gab ihn seinem Freund.
"Du kennst das kleine Ferienhaus am Mondsee, wo wir meinen Dreißiger damals gefeiert haben. Ich trau mich jetzt nicht recht, zu mir zu fahren und mein Zeug zu holen. Ein paar Jeans und Shirts und Toilettsachen."
"Das mach ich morgen nach dem Dienst und ich bring es dir dann raus. Was ist mit Petras Sachen?"
"Ich lass sie sehr ungern allein, aber ich werd zum Hotel fahren, wenn ich sie im Häuschen abgeliefert hab. Außer es macht dir nichts aus und du machst das auf dem Weg zu uns, morgen. Dann ruf ich im Hotel an, dass sie dir ihr Gepäck aushändigen sollen. Oder noch besser Petra. Halt, Nein! Die ist ja tot..."
"Helmut, ich würde aus Petras Handy den Akku rausnehmen, wenn ich du wär. Deine Nummer haben die nicht, oder noch nicht, aber bei ihrer wär ich da nicht so sicher und dann ist das Versteckspiel umsonst."
"Ok! Das hatte ich noch gar nicht bedacht! Danke für alles! Bis morgen!
Wilfried nickte Petra noch zu und hob den Daumen. Petra winkte kurz. Helmut schnallte sich an und sah zu ihr hin.
"Bereit?"
"Bereit, mein Hase! Mit dir bin ich zu jeder Schandtat bereit. Übrigens glaub ich, dass deine Rosskur jetzt Wirkung zeigt. Aber so richtig. Ich fühl mich viel besser!"
"Das freut mich Kleines! Das ist dein Handy nehm ich an. Vergewissere dich bitte, dass es auch aus ist. Wenns geht kannst du auch den Akku rausnehmen. Die sollten uns auf keinen Fall orten können."
Helmut ließ den Motor an. Ein verhaltenes dumpfes Grollen war zu vernehmen. Eigentlich recht leise für eine Bi-Turbo-Maschine, deren Leistung oberhalb fünfhundert PS angesiedelt war.
Mit gemischten Gefühlen verließen sie die Krankenanstalt mit Kurs auf die Westautobahn. Helmut lenkte den Champagnerfarbenen Sportwagen ruhig und gesittet durch Salzburg. Er wollte sich so unauffällig wie möglich mit seiner Flamme aus dem Staub machen...
Rudi hatte sich zu Weber ins Auto gesetzt.
"Ich danke ihnen, Herr Weber."
"Wofür?"
"Für die unauffällige Art und Weise, wie sie vorgegangen sind. Das war sehr anständig von ihnen. Ich weiß das zu schätzen."
"Weißt du was Kollege? Jetzt mal von Offizier zu Offizier, da können wir uns ruhig duzen. Der Conrad, der unfähige Speichellecker, hat da total überreagiert und es ist eine Schande, dass er dir die Innere wegen so einer Geringfügigkeit raufhetzt. Du warst doch erst ein paar Stunden dran an dem Fall und noch am Beweise sammeln... Und wenn der mit Kanonen auf Spatzen schießt, dann hat er vielleicht, wie du schon angedeutet hast, was zu vertuschen, wer weiß...?"
"Wenn ein Chef deinen Kollegen anschafft, deinen Spind aufzubrechen und dich abzulenken, damit er dir den Stick aus dem Computer stehlen kann... Nicht dass er dich einfach drum fragt, und dir praktisch Beweismaterial entwendet, während er dich wegen Beweismittelunterschlagung bei der Inneren hinhängt... Dann hat der Dreck am Stecken oder?"
"Oder er is ein unheimlich blöder Hund! Pass auf, Ich sag dir, was wir machen. Ich liefere dich jetzt ganz offiziell bei ihm ab. Ich bin sicher, dass dir der Fall sofort entzogen wird! Wenn er so tut, als würde er dich liebenswürdiger Weise nicht suspendieren, dann wirst du so unverschämt, dass er's doch tut! OK?"
"Und dann?"
"Dann werd ich dem mal heimlich auf den Zahn fühlen und schaun, was das für Dreck ist, den der am Stecken hat und in der Sache weiter ermitteln. Und das mit deiner Hilfe! Undercover sozusagen, für die Innere Sicherheit..." Er streckte Rudi die Hand hin. "Bist dabei?"