Werner Konrad lief vor seinem Schreibtisch auf und ab, wie ein Löwe in einem viel zu kleinen Käfig. Dieser Weninger brachte ihn zur Weißglut. Zugegeben, er war mit Sicherheit der fähigste Ermittler, den seine Abteilung stellen konnte. Aber er war ein sturer Bock und hatte von je her ein Problem mit Autorität. Hinzu kam eine gegenseitige persönliche Abneigung, die eine Zusammenarbeit sicher nicht erleichterte. Konrad wusste genau, dass er Weninger ermittlungstechnisch bei weitem nicht das Wasser reichen konnte, weshalb sich dieser von ihm nicht dreinreden ließ. Das stand ihm aber nicht zu! Er hatte gefälligst nach den Anweisungen seines Chefs vorzugehen! Aus diesem Grund hatte er sich angewöhnt, in einem frischen Fall immer solange wie irgend möglich im Alleingang zu ermitteln. Ausgerechnet in diesem Fall aber, musste er irgend einer wichtigen Person aus Regierungskreisen in die Quere gekommen sein, denn Konrad hatte einen Anruf von Staatsanwalt Kleiber erhalten, er solle Weninger sofort von diesem heiklen Fall abziehen.
Peinlicherweise wusste Konrad nicht einmal, worum es sich dabei handelt. In seinem Zorn wies er dann Rudis Kollegen an, ihn mit einem fingierten Einbruch in seinen Kasten abzulenken, um ohne sein Wissen Zugriff auf seine Beweismittel zu erhalten. Es war pure Bosheit gewesen, beflügelt von gekränkter Eitelkeit. Er wollte schon über den Fall Bescheid wissen, bevor sich Weninger erklären konnte. Der aber hatte Lunte gerochen und kam gar nicht erst in sein Büro. Es war bisher nie der Fall gewesen, dass sich Rudi vor Dienstende mit ihm absprach. Das hatte sich so eingebürgert und war nie von Konrad beanstandet worden. Aber heute hatte Rudis Praktik Konrads sprichwörtlich saubergeleckte weiße Speichelleckerweste besudelt, indem er ihn indirekter Weise vor dem Staatsanwalt bloßgestellt hatte. Das schrie nach Rache. Er würde diesen sturen Freigeist wegen Unterschlagung von Beweismaterial bei der Inneren hinhängen. Die würden ihm den Kopf schon waschen! Und er, sein direkter Vorgesetzter, würde ihn ordentlich zappeln lassen, bevor er großzügiger Weise darauf verzichten würde, ihn vom Dienst zu suspendieren. Das wäre ihm zwar im Alleingang kaum langfristig geglückt, ein paar Tage bis zum Ende einer dadurch notwendig gewordenen Untersuchung aber, hätte er es sicher geschafft.
Im Krankenhaus erkundigte sich indessen ein weiterer Herr nach dem Befinden seiner "Lebensgefährtin". Eine gewisse Petra Hager war seines Wissens letzte Nacht eingeliefert worden. Man dürfe leider keine Auskunft geben, sagte man ihm. Er bettelte fast um Gehör. Es sei leider keine eingetragene Lebensgemeinschaft, aber er hätte doch ein Recht darauf, zu erfahren wie es ihr denn ginge. Man solle doch bitte in diesem Fall eine Ausnahme machen.
Die Dame an der Anmeldung tippte etwas in den Computer.
"Bedaure, eine Frau Petra Hager ist bei uns nicht, oder nicht mehr registriert."
"Aus welchem Grund sollte ein Patient nicht mehr registriert sein, bitte? Das muss man doch eruieren können, ob sie hier war oder nicht! Und wenn, dann muss es doch einen Grund geben, warum sie nicht mehr hier ist!"
"Den ich ihnen, falls es so wäre, aber nicht nennen darf!"
"Hör'n sie mal!"
"Ich bitte sie, nun zu gehen!"
"Das ist eine Unverschämtheit! Was glauben sie, wen sie vor sich haben?"
"Das ist völlig unerheblich, wenn sie die Lebensgemeinschaft mit einer angefragten Person nicht nachweisen können. Ich fordere sie hiermit nochmals auf, zu gehen! Soll ich den Sicherheitsdienst rufen, oder gehen sie freiwillig?"
Eine Abklärung des Vorfalles durch den Sicherheitsdienst wäre sicher nicht verkehrt gewesen...