Eben kam ein Kunde aus dem Geschäft und änderte die Richtung, als er Helmuts Wagen sah. Der ließ die Seitenscheibe hinunter.
"Ja servus, Herr Doktor! Bist a wieder moi im Land?"
"Des is fein, dass i di triff, Michi. I tät gern bis auf weiteres deine Berghütte beziehn. Passt des für di?"
"Ja klar, Heli. Die Betten san frisch bezogen. Übrigens hab i a poar Bäum g'hackt. Jetzt siehst fast den ganzen See vom Fenster aus. Um Proviant muast da halt selber schaun. Da bist eh scho richtig beim Toni. Den Schlüssel hast eh."
"Ja, hab i mit, Michi, danke! I leg dirs Geld wieder eini, falls'd net da bist. Übrigens bin i desmoi in Begleitung da. Was zahl i denn für zwoa Leut?"
Michi duckte sich ein wenig und sah zu Petra hinein, die wegen ihrer blutunterlaufenen Augen Helmuts Sonnenbrille trug. Er nickte ihr zu und wandte sich wieder an Helmut.
"Du woarst no nia fad beim Zahln, Heli. Da bin i a net so notig, dass i da mehr verlang. Des passt scho so! Mach ma so wie immer, gell! Du weißt eh, dass i die Hüttt'n sonst net vermiet, aber bei dir is des was Anders. I wünsch euch an schehn' Urlaub! I muas jetz wieder. Pfüat euch!"
Michi ging zum Auto und fuhr schließlich weg.
"Bist du von hier Helmut? Ich meine, du scheinst ja einen besonderen Status hier zu haben?"
"Nein bin ich nicht, aber ich bin oft und gerne da und kenne natürlich schon viele Leute hier. Die Menschen hier in der Gegend sind sehr herzlich und gastfreundlich, wenn man ihnen mit dem gebührenden Respekt begegnet. Mit überheblichen Angebern fahren die ein anderes Programm. Und das ist auch gut so. Der Michi ist unser Hauswirt und die Berghütte, drüben in Innerschwand, in der wir uns jetzt für eine Weile verkriechen, nutzt er normalerweise nur privat. Ich hab schon seit Jahren ein kleines Seegrundstück von ihm gepachtet und wir sind über die Jahre Freunde geworden. Wir sind auch manchmal zusammen unterwegs in Loibichl unten beim See. Wir haben auch schon einige Biere im Seestüberl zusammen vernichtet."
"Und du hast sogar einen Schlüssel zu seiner Hütte, die er sonst gar nicht vermietet?"
"Weißt du, die Leute hier sind anders, als die anonymen Roboter einer Stadt. Wenn man ihnen mit Respekt begegnet, kann man sie kennenlernen und wenn sie dich einmal kennen, gehörst du dazu. Sie sind herzlich und großzügig. Sie lassen sich aber nicht verscheißern und das ist auch gut so. Hier gilt: Wie man in den Wald hinein schreit, so fällt das Echo aus. Die Menschen hier haben noch Handschlagqualität. Michi zum Beispiel. Überlässt mir sein privates Refugium und weiß dass ich es so wieder verlasse, wie sich das gehört. Da brauchst du keinen Mietvertrag oder eine Anmeldung. Ich leg ihm einfach das Geld in die Bestecklade und räum alles auf. Und ich darf auch mit dir da wohnen. Wenn ich nicht im LKH in Salzburg arbeiten würde, würde ich meinen Wohnsitz hierher verlegen. An den Mondsee. Und, wenn die Bedrohung vorbei ist, und wir denn wirklich zusammenbleiben... werden wir uns über dieses Thema einmal unterhalten müssen."
Helmut tastete sich ab, ob er denn Geld dabei habe und zog Petra die Brille ein Stück weit von der Nase, um ihr in die Augen sehen zu können.
"Du musst mich jetzt kurz entschuldigen, meine Hübsche. Ich hol uns ein paar Gaumenfreuden. Du brauchst keine Angst zu haben, Uns ist niemand gefolgt und ich bin gleich wieder hier. OK?"
"Ich würd am liebsten mit dir reingehen..."
"Ein kleines bisschen Geduld noch, Süße, in einer Stunde, wenn ich alles besorgt habe, darfst du auf eigenen Beinen ins Haus gehn, wenn du es schaffst. Und noch was. Diese Hütte ist ein tolles Liebesnest."
er zögerte kurz, nahm dann ihre Hand in beide Hände und küsste ihre Finger,
"Aber ich möchte nicht, dass du glaubst, dass ich irgendwelche Erwartungen damit verbinde... Ich meine... Ich möchte nicht dass du dich zu ... zu was auch immer verpflichtet fühlst. Ich meine... ich weiß nicht wie ich das sagen soll...
Petra lächelte und betrachtete ihn liebevoll über den Brillenrand hinweg. Helmut tastete nach dem Türöffner.
"Ach, vergiss es! Ich bin gleich wieder da, Kleines..."