In dem kleinen Aufenthaltsraum war es mucksmäuschenstill. Wieso sollte der Mörder im Fernsehen sein? Der kurze Bericht war beendet, die Umstehenden sahen sich an. Keiner hatte eine Ahnung, worum es hier eigentlich ging.
"Wilfried ich bin mir absolut sicher." Sie hatte mit ihrem Handy den Bildschirm fotografiert. Ich kann's dir beweisen... Nein! Kann ich nicht! Die Aufnahmen hat der Weninger von der Kripo..."
Wilfried fasste Monika am Ellenbogen.
"Komm mit!"
Sie gingen ins Dienstzimmer, das im Moment leer war.
"Moni, bist du sicher? Das Auto, aus dem er stieg, ist der Wagen einer Botschaft. Ein Diplomatenwagen. CC oder CD. Der ist vielleicht der Chauffeur oder ein Security eines Diplomaten. Glaubst du nicht, du könntest dich täuschen?"
"Ich bin mir ganz sicher Wilfried, ich habe eine Aufnahme aus der Patientenüberwachung gezogen und ich werde dieses fiese Gesicht ganz sicher nicht vergessen. Ich weiß, wovon ich rede. Und wenn der noch so ein Diplomat sein soll! Ich bilde mir das nicht ein!"
"Ist ja gut! Ich glaub dir ja, Moni! Du brauchst nicht gleich beleidigt zu sein!"
"Bin ich doch gar nicht! Ich bin... nur... aufgeregt!" antwortete sie. Und etwas sanfter: "Duu Wilfried... Danke, dass du mich so verteidigt hast! Das war ein gutes Gefühl!"
"Ich bitte dich! Das war ja wohl das Mindeste! So ein blöder Kerl, der hat hier niemanden zu beleidigen! Und dich schon mal gar nicht! Da muss er erst mal an mir vorbei!"
Sepp und Rudi hatten die Wache verlassen. Es war Rudi eine Genugtuung gewesen, seinen Chef winseln zu sehen. Zu oft hatte er sich von diesem Kretin schikanieren lassen müssen. Doch der Krug geht eben nur so lange zum Wasser, bis er bricht. Er hatte sich dieses Eigentor wirklich mit Gewalt geschossen und er hatte nicht damit gerechnet, dass sich der Typ von der Inneren nicht für so eine Gemeinheit missbrauchen ließ. Der hätte natürlich die Sache auf sich beruhen lassen können. Allerdings wäre Rudis Weste dann nie wirklich ganz reingewaschen worden und Konrad wäre ohne Denkzettel davongekommen.
"Jetzt fahren wir zu meinem Chef und sorgen dafür, dass deine Unterstützung Rechtens ist. Du bist nun von deiner Arbeit beurlaubt, arbeitest aber ganz offiziell für die Innere, nur geheim. Ich muss das absegnen lassen, dann bist du quasi ein Gastarbeiter bei uns und wir beide werden deinen Fall gemeinsam untersuchen. Ich glaube zwar nicht, dass Konrad seine Finger im Spiel hat, aber dass er vom Staatsanwalt aufgefordert wurde deine Ermittlungen zu stoppen, verheißt nichts Gutes."
"Der Ansicht bin ich auch, Sepp!"
"Das Gute daran ist: In deiner jetzigen Situation kannst du viel besser ermitteln, weil du viel mehr Rechte hast, bei der Inneren. Wenn dich der Staatsanwalt behindern will, kannst du zum Beispiel auch gegen ihn wegen des Versuchs der Vereitelung von Strafverfolgung ermitteln. Natürlich nur im äußersten Notfall. Das mögen die gar nicht. Da lassen sie es lieber, jemanden zu schützen, wenn irgend möglich."
"Ich will es mir nicht mit dem Staatsanwalt verderben, aber wenn er jemanden schützen will, der Dreck am Stecken hat, lass ich ihn auflaufen, auch wenn ich nur ein kleines Licht bin!"
"Das gefällt mir so an dir, Rudi und deshalb unterstütze ich dich auch bei diesem Fall. und wer weiß, ob das deiner Karriere nicht dienlich ist... Und zwar auf ehrliche Weise!"
Knapp fünfunddreißig Kilometer östlich hatte Helmut den Kühlschrank befüllt und den Strom angestellt. Die Haustüre war zu, der Wagen stand hinter dem Haus. Die beiden Computer und Petras Aufzeichnungen lagen auf dem Wohnzimmertisch und Helmut lag nun angekleidet auf der Bettdecke. Er hatte sich nur kurz hingefläzt und war sofort eingeschlafen. Petra legte sich neben ihn und betrachtete ihn. Sechsunddreißig Stunden hatte er nun kaum einmal geschlafen und seit sie eingeliefert worden war, stand er praktisch unter Strom. Es war kaum zu begreifen für sie, dass ein ihr völlig fremder Mann sich ihrer in der schlimmsten Situation ihres Lebens angenommen hatte und ihr auf Gedeih und Verderb beistand.
Sie nahm seine Hand und schloss die Augen. Wenn das alles doch nur schon vorbei wäre. Wenn die Hintermänner dieser Verbrecherbande gefasst und ihre Killer eingesperrt wären, könnte sie mit Helmut endlich glücklich werden. Es lag an ihr, an den von ihr gesammelten Unterlagen und Beweisen diese Organisation zu zerschlagen. Sie hoffte inständig, dass Rudi die Beweise an die richtigen Gremien weitergab um international dagegen vorzugehen. Helmut murmelte irgendetwas im Schlaf. Es war nicht zu verstehen.
"Ja, mein Schatz." flüsterte Sie "Was auch immer du willst..."
Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und kuschelte sich an ihn. Er brauchte jetzt ein Wenig Schlaf. Und ihr war jetzt nur wichtig, ihm einfach nahe zu sein...