Mittlerweile war es Abend geworden doch es würde noch eine Stunde dauern, bis die Sonne hinter dem Schober wieder herauskommen und schließlich nahe Mondsee den Horizont küssen würde. Es war ein lauer Sommerabend und Helmut hatte seiner Angebeteten gerade Blutdruck gemessen und ihr noch eine Spritze verpasst, dazu noch zwei Kapseln eines Multivitaminpräperates und ein Brausepulver mit Magnesium.
"Wie fühlst du dich?"
"Glücklich!"
"Das ist schön, aber ich meinte, wie gehts dir jetzt körperlich?"
"Ich fühle mich wohl und ich bin sehr glücklich. Ich hoffe nur, dass wir alles auf den Weg bringen, um dem Treiben der Arzneimittelmafia Einhalt zu gebieten."
"Ich auch, mein Schatz. Ich werd uns schnell ein paar kleine Schnitzerl abbraten, und einen Salat anrichten."
"Aber das musst du doch nicht machen. Das ist eigentlich meine Aufgabe!"
"Das ist lieb, Petra. Aber ich glaube, du überschätzt dich da ein Wenig."
"Das kann natürlich auch sein, aber ich möchte dir nicht immer nur nutzloser Ballast sein, sondern auch mal was für dich tun. Ich steh doch ohnehin schon so tief in deiner Schuld, Helmut!"
Helmut drehte sich um und nahm sie in den Arm.
"Aber da kannst du doch nichts dafür, mein kleines Dummerchen! Das ist nun mal so, dass man nicht voll einsatzfähig ist, wenn man vor ein paar Stunden dem Tod von der Schaufel gesprungen ist. Außerdem bist du kein schwerer Ballast sondern ein kleines Juwel, das ich vorsichtig herumtrage und behüte, wie meinen Augapfel, weil es mir sehr viel bedeutet."
"Du bist süß, Helmut! Ich wünsche mir so sehr, dass ich dir deine Liebe und deine Fürsorge auch zurückgeben kann."
"Fein! Du hast ein ganzes Leben lang Zeit dazu, wenn du das möchtest."
"Abgesehen davon, dass mein Leben offenbar keinen Pfifferling wert ist und gleich mal zu Ende sein könnte, glaubst du, du kannst mich ein ganzes Leben lang ertragen?"
Er küsste sie auf die Stirn.
"Das werden wir herausfinden, mein Schatz."
Sie einigten sich darauf, dass Helmut die kleinen Fleischscheibchen briet und Petra den Salat zubereitete. Der herrliche Duft von angebratenen Zwiebelringen machte Appetit und das Rindfleisch, das Helmut nur mit Pfeffer und Salz abgerieben hatte würde mit einem Glas guten Rotwein hervorragend harmonieren. Helmut liebte einfache, würzige Speisen die schnell zubereitet und dennoch sehr schmackhaft waren. Natürlich hätten ein paar Beilagen dazugehört, aber Baguette und Salat reichten für die beiden heute auch. Zu Beginn des Sonnenuntergangs saßen sie auf der schweren hölzernen Garnitur auf der kleinen Terrasse und speisten gemütlich. Die untergehende Sonne legte ein langes, flammend rotes Band auf den Mondsee, in dessen Oberfläche sich die Drachenwand und der Schober spiegelten
"Was musste mir alles zustoßen, um mit einem Traummann wie dir, in herrlichem Ambiente, zu einem romantischen Abendessen zu kommen? Es ist wunderschön hier, Helmut, noch schöner, weil ich mit dir hier sitzen darf..."
Monika hätte eigentlich um 19:30 Uhr Dienstschluss gehabt, war aber noch geblieben, nachdem sie ihrer Kollegin Maria den Dienst übergeben hatte. Sie saß mit Wilfried in der Besucherinsel und versuchte Weninger zu erreichen. Nach kurzer Diskussion legte sie resigniert auf. Man hatte ihr erklärt, das Rudolf Weninger zur Zeit nicht im Dienst sei und eine Herausgabe seiner Handynummer daher nicht zulässig.
"So einen Blödsinn hab ich überhaupt noch nie gehört. Was denken die sich eigentlich? Mein Vertrauen in die Kripo hebt das sicher nicht! Weninger ist der einzige, der über Petra und Helmut Bescheid weiß und ich trau mich nicht, einen anderen beizuziehen!"
"Das tun wir ganz sicher nicht. Ich glaube zwar, dass diese Gauner Petras Handy abhören aber meins sicher nicht und ich glaube auch nicht, das sie wissen wer da angeschossen wurde. Also werden wir wohl oder übel Helmut anrufen müssen."
"Ich weiß nicht! Aber es bleibt uns keine Wahl!"
"Ich fahre morgen früh nach Dienst zu Helmut und hole dort seine Sachen und im Hotel die von Petra, um sie ihnen zu bringen, aber ich hätte Weninger gern schon vorher über deine Entdeckung informiert."
"Auf jeden Fall! Wilfried? Darf ich dich begleiten? Zu Petra und Helmut, meine ich? Bitte!"
"Monika, du rutschst immer weiter in die Sache hinein. Das ist nicht ungefährlich, weißt du? Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert!"
"Aber Wilfried, ich steck doch schon weiter drin als du! Bitte! Ich will auch nicht, dass dir etwas passiert. Nimm mich mit. Bitte!"
"Na gut, aber ich ruf ihn trotzdem jetzt an. Wir brauchen Weningers Nummer. Er nahm sein Handy zur Hand und drückte eine Kurzwahl. Monika stand ebenfalls auf und trat an seine Seite. Nervös fasste sie ihn am Oberarm und lauschte. Es tat sich nichts. Ängstlich sah sie Wilfried an. Endlich vernahmen sie ein Freizeichen...