Karaoke:
„Dadümm-didümm, dadümm-didümm, dadümm-didümm-dätä!“, sang Samstag und hüpfte auf einem Bein über den Boden, während er sich selbst auf der Luftgitarre begleitete. Luca und Amy hockten wie zwei verschreckte Vögel in dem Dickicht, dass ihnen hier als Deckung diente, und sahen sich entsetzt um, bevor sie Samstag entgeistert anstarrten. Sie hatten vermutlich damit gerechnet, dass ihre kleine Gruppe still und leise in ihrem Versteck kauern würde, bis der Mond aufging und die Geisterjagd begann. Aber sie waren weit genug vom Haus entfernt, um zu tun, was immer sie tun wollten.
Dazu gehörte es eben auch, lauthals „Ghostriders in the Sky“ und ähnliche thematisch passende Lieder zu grölen. Mira sprang auf, um Sam auf einem unsichtbaren Akkordeon zu begleiteten, welches in dem Lied überhaupt nicht vorkam.
„An old cowboy went ridin' out one dark and windy day“, sang Sam laut in den düsteren Himmel. Sie hatten noch eine halbe Stunde bis Sonnenuntergang. Amy und Luca sahen entgeistert zu, während Mira auf den Refrain wartete – die Strophen kannte sie nämlich nicht.
Mehrere Frösche flohen panisch vor dem Lärm und versteckten sich hinter den rötlichen Sumpfkräutern, während Sam sich durch die erste Strophe arbeitete. An deren Ende entdeckte Mira ihren Einsatz.
Sie fiel mit ein: „A bolt of fear went through him as they thundered through the sky. For he saw the riders coming hard and he heard their mournful cry:“
Sam und sie legten die Köpfe in den Nacken: „Yipie I oh, yipie I ay, ghost riders in the sky!“
„Ist das nicht zu laut?“, zischte Amy. Mira bemerkte aber, dass Luca mit dem Fuß im Takt wippte.
„Keine Sorge“, grinste Mira, während Sam die nächste Strophe sang. Sie fand zwei Zeilen, an die sie sich erinnern konnte: „'Cause they've got to ride forever on that range up in the sky. On horses snorting fire as they ride on, hear them cry.“
„As the riders leaned on by him, he heard one call his name. If you want to save your soul from hell a riding on our range. Then cowboy change your ways today or with us you will ride. Tryin' to catch the devil's herd across these endless skies.“ Samstag war in seinem Element. Und Mira musste zugeben, dass solche Lieder einfach zu ihrer Situation passten.
„Yipie I oh, yipie I ay, Ghost riders in the sky!“
Nachdem sie fertig waren und Sam ein letztes Solo auf seiner Luftgitarre gespielt hatte, applaudierte Luca ausgelassen. Mira und Sam verbeugten sich grinsend.
Selbst Amy klatschte höflich mit, aber es schien, als hätte sie die nicht-existenten Instrumente am liebsten zu Geister-Kleinholz verarbeitet. Es wurde schnell kühler, und der Winter zog mit aller Kraft über das Land. Frierend und von ihrem Auftritt ein wenig verschwitzt setzten sich Sam und Mira wieder in die Deckung der niedrigen Büsche.
„Das war ja ganz lustig und alles“, meinte Amy, „aber was ist jetzt genau unser Plan?“
„Wir warten darauf, dass Maya zurück kommt“, sagte Mira und Amy schnitt eine Grimasse. „Schon klar. Und was dann?“
Mira schüttelte nur den Kopf. Sie mochte Amy als Schülerin ganz gerne, aber gewisse Dreistigkeiten müsste man ihr austreiben, bevor sie eine wirkliche Wächterin wäre. „Wir müssen wissen, was Maya herausfindet, damit wir wissen, wie wir diese Wolfsfrau besiegen können“, erklärte sie. „Außerdem werden wir Salz und Strom brauchen. Irgendwas muss einem ja gegen Geister helfen.“
Sie zuckten zusammen, als plötzlich Wolfsgeheul erklang.
„Shit“, meinte Mira. „Es ist doch noch gar nicht Mitternacht!“
„Ja, aber die Sonne ist beinahe untergegangen“, murmelte Samstag und stand auf. Sie hatten ein paar gerade, stabile Stöcke gefunden, denen sie Spitzen geschnitzt hatten. Gegen einen Wolf war sowas ein besseres Hilfsmittel als ein Messer.
Mira sah über das Moor und bemerkte gelbe Augen, die aufflackerten. Sie versuchte, die Zahl ihrer Gegner zu schätzen und kam auf „viele“.
„Kleine Planänderung. Wir warten nicht mehr auf Maya“, sagte Sam und sie stellten sich in einem Kreis auf, Rücken an Rücken, damit der Kampf beginnen konnte.
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Lied: „Ghostriders in the Sky“ von Johnny Cash