Spielregeln:
„Was bedeutet das?“, fragte Tobias verwirrt, als sie aus dem Wagen stiegen. Die anderen starrten Jason – oder Brandon – immer noch verwirrt an. Der deutete eine Verbeugung an und bedeutete ihnen spöttisch, die kleine Hütte zu betreten, vor der der Wagen geparkt hatte.
Luca stützte den geschwächten Sam, Mira hob Tobias auf den Arm und trug ihn in die Hütte. Tobias klammerte sich an die Schultern der Frau und konnte ihre Anspannung spüren. Er hatte inzwischen verstanden, dass sie mitten in einem tödlichen Spiel steckten. Warum nur taten sie dann genau das, was die Bösen wollten?
Im Haus mussten sie sich auf zwei Bänke quetschend, die um einen Tisch standen. Brandon schloss die Tür hinter ihnen ab und steckte sich den Schlüssel dann mit einem Grinsen zwischen den Zähne, bevor er die Arme verschränkte.
„Wer bist du?“, hauchte Karo leise und sah den Mann an.
In der Küche war es dunkel. Tobias fuhr zusammen, als er Bewegung aus einem der Schatten hörte. Dann traten zwei Personen in das spärliche Licht, das durch ein Fenster fiel.
Den einen Jungen hatte Tobias schon ein paar Mal gesehen. Er war wie Karo ein Angestellter. Als sie ihn erblickte, keuchte sie laut: „Max!“
Neben Max stand eine hochgewachsene Frau, die roten Haare auf dem Kopf hochgesteckt.
„Du hast abgenommen“, sagte Samstag benommen zu der Frau. „Rot steht dir aber überhaupt nicht.“
Die Frau kam näher. Ihre Augen glitzerten gelblich in der Dunkelheit und ihr Lächeln erinnerte mehr an eine Schlange. „Sammy! Du lebst ja noch.“
Samstag verzog das Gesicht.
„Was ist das für ein Gift?“, wollte Mira wissen. „Was habt ihr mit ihm getan?“
„Wir? Nichts“, sagte die Frau. Tobias spürte, wie er zitterte, obwohl es nicht unbedingt kalt in der Küche war. „Es ist seine eigene Schuld, wenn er nicht aufpasst.“
Hilflos ballte Mira die Hände zu Fäusten. „Was wollt ihr noch von uns, Samira? Bringt es hinter euch!“
Samira verschränkte die dünnen Arme vor der Brust. „Nein, nein, nein, liebste Mira. So leicht machen wir es euch nicht. Brandon hier erklärt euch jetzt die Spielregeln.“
Schweigend und irritiert sahen die Gäste zu, wie Samira mit dem Mann einen Blick tauschte und dann mit spitzen Fingern den Schlüssel von ihm entgegen nahm.
„Ihr werdet rennen“, kündigte Brandon an. „Sami hier und ich werden folgen. Damit es fair bleibt, geben wir euch ein paar Minuten Vorsprung.“
Alle am Tisch tauschten Blicke. Damit hatte Tobias nicht gerechnet. An den Mienen der Anderen konnte er allerdings ablesen, dass sie sich keine großen Chancen ausrechneten.
„Alles ist erlaubt“, sagte Brandon weiter. „Ihr könnt versuchen, ein Tor zu öffnen, ihr könnt kämpfen, fliehen, euch gegenseitig opfern. Fest steht, dass keiner von euch überleben wird.“
Karo schnappte nach Luft. Brandon grinste sie an. „Du bildest die Ausnahme, meine Hübsche.“
„Nenn mich nicht so!“, sagte Karo mit schwacher Stimme. „Du hast mich belogen!“
Samira schüttelte den Kopf. „Brandon, du musst dein Spielzeug besser erziehen!“
„Das kommt noch“, sagte er zu ihr und zwinkerte Karo dann zu.
Samira schloss die Tür wieder auf. „Dann ist jetzt alles klar. Ihr habt sieben Minuten, bevor wir euch folgen.“
„Was?“, keuchte Tobias auf.
Mira hob ihn von der Bank hoch. „Los, los, los!“, drängte sie die Gruppe.
Eilig verließen sie das Haus und stürmten über eine leere Straße und in einen düsteren Wald hinein.
Es schneite.