Elenor: Glaube
Imani: Liebe
Leroy: HoffnungRylin: Klugheit
Even: Gerechtigkeit
Mateo: Tapferkeit
Ariale: Mässigung
----------------------------------------------------------------------------------------
Die Gehilfen klopften an meine Zimmertür und sagten, dass in einer Stunde eine Frühstück mit dem Herr wäre.
Langsam wälzte ich mich aus dem Bett und ging duschen. Nach einer halben Stunde war ich fertig und zog mir ein oranges Kleid über, das meine olivfarbene Haut betonte.
Meine Haare flocht ich zu einem langen Zopf, den ich danach zusammenrollte und ihn mir am Kopf feststeckte.
Ich verliess mein Zimmer und machte mich auf den Weg in den Speisesaal. Rylin, Leroy und Even waren schon da. Neben Rylin war noch ein Stuhl frei, auf den ich mich setzte.
Die drei redeten über ihren letzten Auftrag und die Leute, die sie gerettet hatten.
»Was will der Herr wohl mit uns besprechen?“ Ich richtete den Blick auf meine Gefährten.
Leroy, ganz die Hoffnung, meinte: »Vielleicht geht’s um die Weihnachtsgeschenke.«
Seine grünen Augen leuchteten auf wie eine Lichterkette, die man eingeschaltet hatte.
»Mhm...sehr wahrscheinlich gibt es ein ernsthaftes Problem und wir müssen alle zusammen nach unten.«
Rylin zog die Augenbrauen nachdenklich zusammen.
Meist konnte man sich auf ihre Vermutungen verlassen, da sie aber auch die Klügste von uns allen war.
»Wir werden es ja gleich sehen«, murmelte Even müde. Wahrscheinlich hatte er sich gestern bis spät in die Nacht in irgendeiner Bar rumgetrieben.
In diesem Moment kam der Herr in Begleitung der drei anderen in den Speisesaal.
»Einen schönen guten Morgen wünsche ich euch.«
Seine weissen Zähne blitzten auf, als er uns anlächelte. Die blauen Augen strahlten freudig und während die Locken auf seinem Kopf auf und ab wippten.
Er schwenkte die Hand und vor unseren Augen tauchte ein Frühstück à la Fünfsterne-Hotel auf.
Sechs von uns stürzten uns auf das Essen, während Ariale sich, wie immer, mäßigte. Es gab weiche Buttercroissant, frisch gepressten Orangensaft und Pancakes mit Schokostückchen. Einen Früchteteller, so ziemlich jede Cornflakes-Art, die es gab und starken Kaffee.
»Also meine Lieben.« Der Herr faltete die Hände und wir hielten alle kurz inne, um ihm zuzuhören.
»Ihr werdet alle zusammen nach unten geschickt. Es gibt ein ernsthafteres Problem, das ihr lösen sollt. Mein Territorium wurde mir weggenommen und das lasse ich nicht zu.«
Rylin hatte also Recht.
Seine sonst so sanften Augen, waren nun einige Grad kälter geworden.
»Von dem unten?« Mateo hob fragend die dunklen Augenbrauen.
»Nein, von jemand drittem.«
Mittlerweile brodelte ein Sturm in den blauen Augen des Herren.
»Weiter im Text. Ihr werdet nach unten gehen und das Problem lösen. Dabei werdet ihr Unterstützung kriegen«, fuhr er fort.
»Von wem?«, fragte ich neugierig.
»Von den Todsünden«, antwortete der Herr.
Wir hielten alle mitten in der Bewegung inne, die Münder offen und die Augen ungläubig aufgerissen.
»Mit den Todsünden?« Elenors Gesicht war ein Abbild unserer Gesichter.
»Ja mit den Todsünden.« Er schaute jeden von uns an, bevor er hinzufügte: »Ihr seid die Guten. Also verhaltet euch auch so. Ihr habt das Sagen während der ganzen Mission. Falls es aber irgendwelche Probleme gibt mit den Anderen, geben sollte, gebt ihr mir sofort Bescheid.«
Zu mehr als einem Nicken waren wir nicht fähig.
»Rylin du kriegst die Verantwortung für die Mission. In einer Stunde ist Abmarsch.«
Mit einem Winken verabschiedete er sich von uns.
»Die Todsünden«, murmelte Mateo kopfschüttelnd.
Ich war ganz seiner Meinung.
Was genau sich der Herr davon erhoffte, wenn wir mit den Todsünden eine Mission erfüllten, verstand ich nicht genau.
Als wir zuletzt einen Auftrag zusammen erfüllten, ging so ziemlich alles in die Hose, was in die Hose gehen konnte.
Und daran waren nur die Todsünden Schuld.
Wahrscheinlich war das Ganze eine Art zweite Chance für die Todsünden. Der Herr hatte das Ganze absichtlich 30 Jahre ruhen lassen und jetzt startete er einen neuen Versuch.
Ich packte meinen Rucksack mit ein paar Kleidern und begab mich zum Treffpunkt.
Die anderen trudelten nach und nach ein. Wir redeten leise miteinander, während die Engel um uns herumflogen und ihrer Arbeit nachgingen.
»Seid ihr bereit?«, fragte der Herr uns. Er strich sich seinen schwarzen Anzug glatt und schaute jeden von uns an.
Wir nickten und er liess uns in die Seilbahn einsteigen. Er hob leicht die Hand zum Abschied.
Gerade als die Türen sich schlossen sagte er: »Benehmt euch.«
Langsam fuhr die Luftseilbahn los und trug uns sanft nach unten auf die Erde. Der Ausblick war atemberaubend.
Die Skyline von New York tauchte in unserem Blickfeld auf. Die Häuser glänzten im aufgehenden Licht der Sonne und die ganze Stadt schien zu erwachen.
Die Bahn landete sanft auf dem Boden und wir drängten uns nach draussen. Die Sonne schien uns ins Gesicht, streichelte uns sanft.
Rylin ging vor, wir folgten.
Sie schien den Weg auswendig zu kennen, bog mal links, mal rechts ab. Nach ein paar Minuten befanden wir uns in der Nähe des Rockefeller Centers.
Zielstrebig ging sie auf ein Café zu und wir trotteten hinter ihr her, wie eine Horde kleiner Entchen, die ihrer Mutter folgten.
In Morells Wine Bar and Café setzten wir uns an die Bar und warteten auf unsere Missionspartner.
Um nicht aufzufallen, bestellten wir alle etwas zu trinken und beobachteten die anderen Leute.
Es war noch nicht sonderlich voll im Café, aber es war ja auch erst kurz nach acht Uhr.
Ich fühlte mich immer noch ein wenig müde, weshalb ich meinen Kaffee vollständig austrank. Die heisse Flüssigkeit schoss mir die Kehle hinunter und wärmte mich auf.
Mit einem Bimmeln ging die Tür auf und ich wusste instinktiv, dass die anderen angekommen waren.
Wir sieben drehten uns um und starrten die sieben Todsünden an.
Die sieben Todsünden auf der einen und die sieben Tugenden auf der anderen Seite.
In ihren Gesichtern spiegelte sich Wut, Unglaube und Hass.
Sie hatten wohl nicht gewusst, wer sie hier erwartete.
Rylin stand von ihrem Stuhl auf und ging auf die Gruppe zu. Wir folgten ihr in einigem Abstand.
»Hallo zusammen. Gehen wir raus, um die weiteren Details zu besprechen.« Ihre Stimme war fest und sie strahlte Autorität aus.
Geschockt folgten wir ihr aus dem Lokal.