„Sind sie jetzt weg?“
Lisa wischte sich die Augen, bevor sie sich zu Jan umdrehte. „Was meinst du, Schatz?“
„Die Leute. Die Polizisten und alle. Sind sie weg?“, antwortete ihr Sohn.
„Jetzt sind sie erst einmal weg und suchen Amelie“, antwortete Lisa und kämpfte gegen die Tränen an, die schon wieder aufsteigen wollten. Die letzten zwei Tage hatte sie an einem Stück geweint und Fragen zum Verschwinden ihrer Tochter beantwortet, jedenfalls kam es ihr so vor. Zum Glück stand Gregor durch das alles an ihrer Seite, seit sie ihn am Montagabend völlig aufgelöst empfangen hatte. Aber sie sah trotzdem den stummen Vorwurf in seinen Augen. Wie hatte sie Amelie nur verlieren können, schienen sie zu fragen.
„Sie werden sie nicht finden“, sagte Jan.
„Was?“, fragte Lisa, aus den Gedanken gerissen.
„Die Polizisten. Sie werden Amelie nicht finden. Die Frau im Keller hat sie.“
„Was?“ Lisa sah hilfesuchend zu Gregor. „Die Frau? Welche Frau?“
„Sie sagt, dass niemand sie finden wird. Aber wir bekommen Amelie wieder, wenn wir zu ihr gehen. In den Keller. Ohne die Polizei.“
Lisa starrte ihren Sohn an. Er kam ihr vor wie ein vollkommen fremdes Wesen, ein Etwas, das sich in ihr Haus geschlichen hatte. Ein Monster, ein glitschiges Tier.
„Wer ist diese Frau?“, knurrte sie, als gleich darauf das Feuer der Wut kam. Sie würde zu der Unbekannten gehen und ihr ihre Tochter entreißen!
Ernst erwiderte Jan ihren Blick. „Wir sollen zu ihr gehen! Jetzt!“ Der Junge griff nach ihren Händen. Lisa sah wieder zu Gregor.
Gregor sah zwischen seiner Frau und dem Kind hin und her. „Jan … welcher Keller? Das Haus hat keinen Keller.“