B l i n d
Zwischen Liebe, Ungeduld und Entscheidungen
Kapitel e i n s
Man sollte niemals die Form über den Inhalt stellen
Manuel Puig
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Verehrte Schülerinnen und Schüler,
da an diesem Wochenende der alljährliche Herbstball abgehalten wird,
haben die Schulleitung und Lehrkräfte beschlossen,
dass ein jeder kostümiert zu erscheinen hat.
Die Wahl der Roben ist freigestellt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Hauslehrer und/oder Vertrauensschüler.
In der Hoffnung auf eine schöne und angenehme Feier,
der Direktor
Missmutig zerknüllte Albus das Stück Papier und pfefferte es in hohem Bogen in den nächstgelegenen Papierkorb. Warum tat man ihm so etwas an? Die irritierten Seitenblicke der anderen Schüler ignorierte er geflissentlich, während er die letzten Stufen zu den Kerkern hinabstieg.
Ihm war absolut schleierhaft, weshalb das gesamte Schloss plötzlich verrückt spielte, schließlich war der Herbstball auch nur eine von vielen Veranstaltungen. Gähnende Langweile, merkwürdige Musik und abstruse Versuche, sich im Takt der selbigen gekonnt zu verrenken. An den verkorksten Punsch und die Häppchen wagte er lieber gar nicht erst zu denken, obwohl die Hauselfen ihre Kochkünste wieder einmal gekonnt in Szene setzen würden. Dennoch, solche Gelage waren ihm zuwider. Nicht, dass er seinen Mitschülern den Spaß nicht gönnte, im Gegenteil! Sollten jene so ausgelassen feiern, wie sie es für richtig hielten. Doch für ihn kamen diese Anlässe eher einer Qual gleich. Allerdings würde er sich, wie an ebenjenen Abenden zuvor, an einen Tisch setzen, den Kopf gesenkt halten und beten, dass sein bester Freund irgendwann gegen zwei Uhr morgens genug Butterbier intus hatte, um sich endlich aus den Verkehr ziehen zulassen. Scorpius Hyperion Malfoy vertrug für seine beinahe achtzehn Jahre bereits eine Menge Alkohol, eindeutig zu viel für Albus' Geschmack.
»Dass man von dem Zeug überhaupt blau werden kann?« Missbilligend hatte Albus einst die Augenbrauen gehoben und den blonden, jungen Mann argwöhnisch angesehen. Scorpius zuckte nur mit den Achseln, doch das heimtückische Grinsen auf seinem Gesicht verriet, dass dieser oft andere Mittel zu sich nahm, um den berauschenden Zustand endgültiger Leichtigkeit zu erreichen.
Ungern erinnerte sich Albus an das bereits um einige Monate zurückliegende Gespräch und noch immer schüttelte er den Kopf, wenn er auch nur einen Gedanken daran aufbrachte. Der junge Malfoy hatte ihm geraten, die verbleibende Zeit zu genießen, die ihnen noch blieb, schließlich würde der Arbeitsalltag noch stressig genug und belastend werden. Skepsis zierte Albus' Miene, während er Scorpius' wortreichen Ausführungen über die Zukunft und der gegenwärtigen Situation lauschte. Allem Spaß zum Trotze, er hing an seinem Verstand!
Spießer!, schrie es ihm in großen, leuchtenden Lettern entgegen, doch Albus verteidigte sich stets mit der Begründung, einmal mehr erreichen zu wollen, als das sinnlose Absterben seiner Intelligenz schnellst möglich voranzutreiben.
Wie gern würde er vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum sitzen, ein Buch lesen und die Stille genießen, doch die Anwesenheit bei solchen Feierlichkeiten war Pflicht und jedwedes Nicht-Erscheinen wurde mit drei Monaten Nachsitzen geahndet, Strafarbeiten inklusive.
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Einen gedehnten Laut des Seufzens von sich gebend, wartete Albus darauf, dass sich die vielen Riegel und Schlösser endlich soweit verschoben, das er durch den geheimen Eingang zum Gemeinschaftsraum der Schlangen hindurchschlüpfen konnte. Das Rasseln und Klirren der letzten Ketten verkündeten das baldige Passieren der Absperrungen und es hätte in seinen Ohren nicht schöner klingen können.Mit dumpfen Schritten durchquerte er die Pforte, wich gekonnt den ängstlich umherblickenden Erstklässlern aus, die sich allem Anschein nach noch immer nicht an die düstere Atmosphäre des Slytherin-Gemeinschaftsraumes gewöhnt hatten, und hielt durch die Menge an Schülern nach seinen Kameraden Ausschau.
Die schwarzen, ledernen Hochlehner und Sofas vor dem großen Kamin waren einzig und allein für sie reserviert, zumindest, wenn der Abend langsam Einzug hielt und die Finsternis allmählich über die Gefilde und Länderein des Schlosses kroch.
Die hellgrünen Augen des Jungen peilten ohne Umschweife die dunkle Sesselgruppe an. Unter knirschenden Lauten ließ sich Albus auf das Polster der langen Couch fallen und blickte rings um sich. Im Sessel ihm gegenüber saß Lester Whitwick. Ein blonder Jüngling, der stets betont eine Locke aus seiner Stirn pustete und den Gerüchten nach einem veralteten Adelsgeschlecht angehörte, was sich in seinen feinen, aristokratisch wirkenden Gesichtszügen widerspiegelte.
Neben Lester hatte sich dessen bester Freund Duncan Akins eingefunden. Der durchtrainierte Junge, der als Kapitän der Quidditch-Mannschaft Slytherins fungierte, hatte noch immer seine Mundwinkel zu einem Lächeln erhoben und schien sich sehr über die soeben gefallenen Worte von Scorpius Malfoy zu amüsieren.
Scorpius Hyperion Malfoy, dessen grau-blaue Augen schelmisch funkelten, richtete seinen Blick auf den mürrisch vor sich hin starrenden Albus.
»Bei Merlins vor Dreck stehender Unterhose, Potter!«, bewusst laut verkündete der weißblonde Schönling seine Worte provokant, sodass sich Albus gezwungen sah, aufzusehen. »Neben dem Abschlussball ist das die letzte Hürde, die du nehmen musst und dann lässt man dich in Ruhe.«
Das ploppende Geräusch des Öffnen eines Butterbieres unterstrich Scorpius' Äußerung und er bot seinem Freund die Flasche dar. Murrend nahm ihm Albus das minderwertig alkoholisierte Getränk ab.
»Es ist der Herbstball, Albus, und Halloween. Wir müssen alle antreten, sonst brummt uns Pritchard Gemeinschaftsnachsitzen auf!«, drängte Lester Withwick und pustete sich erneut eine vorwitzige, blonde Locke aus der Stirn.
»Ja, im Kollektiv«, raunzte ihm Duncan Akins entgegen und zuckte mit den Schultern.
Der Trupp an jungen Männern wusste nur allzu gut, wie sehr sich Albus Severus Potter jedes mal dagegen sträubte, den angeordneten Ereignissen beizuwohnen. Doch auch in diesem Jahr würden sie es irgendwie schaffen, ihn dazu zubewegen, sich dort blicken zu lassen. Es war bekannt, dass sich der Potter-Junge streng an Regeln hielt, und wenn diese Anwesenheit vorschrieben, so hatte er sich, wohl oder übel, zu fügen.
»Wo ist Higgs?« Mit unbeteiligter Miene lenkte Albus die Aufmerksamkeit seiner Person, auf die von Thornton Higgs, dessen Platz in diesem Reigen am heutigen Abend noch immer leer blieb.
Nummer fünf im Bunde, der das unter den restlichen Schülern als »Schreckens-Quintett« bezeichnete Gespann komplementierte, glänzte durch Abwesenheit. Beinahe jeden Abend kam es vor, dass einer von ihnen anderweitigen Beschäftigungen frönte und selten genug geschah es, dass man alle zusammen antraf.
»Nachsitzen?«, eine dunkle Augenbraue hatte sich argwöhnisch dreinblickend erhoben, doch Albus wusste nur zu gut, dass der Ausdruck »Nachsitzen« für Aktivitäten stand, die nicht einmal im Geringsten etwas damit zutun hatten.
Die äußerst amüsierten Gesichter bestätigten seine Vermutung. Niemand von ihnen war ein Kind von Traurigkeit und hielt, bereitwillig, die Hände auf für jene Gaben, die man ihnen so gern und ohne Weiteres entgegenbrachte. Der Ruf eilte einem stets voraus, auch wenn man sich, ganz ungeniert, auf den Lorbeeren anderer auszuruhen gedachte. Alter Adel, Spross des Retters der magischen Welt, reicher Sohn aus gutem Hause dessen Name Tür und Tor öffnete, Erbe eines Familienunternehmens oder als Ur-Urenkel eines mächtigen Zauberers.
Der Leitsatz ihrer Gemeinschaft war klar definiert:
Gefühlsregungen wie Gewissensbisse waren verpönt, Reue wurde milde belächelt, moralische Bedenken verspottet und Schuldgefühle galten als unzumutbar.
Worte der Abbitte blieben unausgesprochen, schließlich wusste die holde Weiblichkeit, auf wen und was sie sich einließ.
Und die Herrlichkeit scheute sich nicht dem nachzugeben, was Natur, Evolution und eine Prise hormonelle Schwankungen mit ihnen trieben.
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Auch an diesem Abend blieb es bei einem Quartett. Neben Butterbier und einer heimlich von Scorpius beigesteuerten Flasche Feuerwhiskey, begnügte man sich ebenso mit Branntwein, um den Abend gebührlich ausklingen zu lassen und das Wochenende willkommen zu heißen. Während sich Whitwick und Malfoy um den Kamin drängten, den Zigarettenqualm hinein pusteten, um ihn so unbemerkt verschwinden zu lassen, hatte sich Albus zu einer Partie »Zauberschach« überreden lassen. Es überraschte ihn, dass Duncan Akins trotz Quidditch-Trainings noch die Zeit fand, Mitglied im Schachklub der Schule zu sein.»Manchmal braucht man von der körperlichen Ertüchtigung eine Pause, damit die Intelligenz nicht auf der Strecke bleibt!«, Duncans Einwand wurde prompt mit Gelächter quittiert. Scorpius und Lester feixten geifernd und betonten, dass sie keinen Ausgleich nach einer körperlicher Ertüchtigung nötig hätten.
Albus vorzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen, schüttelte knapp das rabenschwarze Haupt und signalisierte seinem Freund, dass er nichts auf die kümmerliche Anspielungen geben sollte. Gerade wollte der Potter-Spross seinen Läufer auf Duncans Bauern ansetzen, als ihm eine Gestalt auffiel, die geradewegs auf sie zusteuerte. Mit gestrafften Schultern und angespanntem Schritt trat sie, unter suchendem Blick, auf die Gruppe zu.
»Suchst du wen?«, Duncan, der mit dem Rücken zum Geschehen saß, wandte sich auf Albus' Worte hin um. Auch Lester und Scorpius ließen bei der gefallenen Bemerkung von ihrer Aktivität ab. Braune Augen lasen und suchten akribisch in jedem der Gesichter und vermochten ihre Enttäuschung nicht zu kaschieren.
»Megs?«, wieder erhob Albus seine Stimme und die schmalen Schultern der Gestalt zuckten nur knapp.
Das Mädchen, das sie so gründlich betrachtete, verzog den Mund zu einer Schnute. Sie hatte so wenig Ähnlichkeit mit ihrem Bruder, dass man die Verwandtschaftsverhältnisse stets in Frage stellte. Megcine Harriette Higgs war weder eine Land- noch eine Stadtschönheit. Eine noch hagere Version ihres Bruders, nur kleiner und sie versteckte ihren mageren Körper unter weiten T-Shirts mit Muggel-Bandaufdrucken, oder ebenso weiten Pullovern. Sie hatte eher etwas von einem kleinen, hässlichen Entlein, als von einem schönen, anmutigen Schwan. Der Genpool konnte ja ach so grausam sein. Megcine war zwar nicht unansehnlich, doch überwältigender waren andere. Murrend schob sie die hiesige Brille wieder auf ihre große Nase, so dass ihre Augen noch mehr hervorzutreten schienen.
»Die Frage, ob Thornton hier ist, kann ich mir wohl sparen«, entgegnete sie wohlwissend, dass man sie beobachtete. Niemand antwortete, während Duncans Blick zwischen Albus und dem Mädchen hin und her huschte.
»Hattie, Hattie, Hattie ...«, begann Scorpius gedehnt, schnalzte missbilligend mit der Zunge und schüttelte gespielt das weißblonde Haupt. »Siehst du deinen Bruder hier irgendwo?«
Für den Bruchteil einer Sekunde verengten sich die Augen des Mädchens, ihre Kiefer schienen hart aufeinander zu reiben und ihre Lippen waren kaum mehr als ein dünner Strich. Sie war zwar keine Augenweide, aber um einiges begabter, was ihre magischen Fähigkeiten anbetraf, als der Rest ihres Jahrganges.
Albus' Blick war unmittelbar auf sie gerichtet und wie er bereits ahnte, zuckten ihre Finger und schienen ohne Umschweife nach ihrem Zauberstab aus Schilfrohr und Drachenherzfaser greifen zu wollen.
»Ah, ah, ah«, mahnte Scorpius amüsiert, da auch er ihr Vorhaben bemerkt haben musste, »du weißt doch, dass das Zaubern in den Gemeinschaftsräumen untersagt ist.«
»Malfoy!«, einen stechenden Seitenblick auf Scorpius abfeuernd, schien diesen etwas auszubremsen, sodass Albus unter drohender Mimik den Kopf von einer Seite zur anderen wandte.
»Solltet ihr ihn heute noch sehen, dann sagt ihm bitte, dass wir einen wichtigen Brief von zu Hause bekommen haben.«, damit machte Megcine auf den Hacken kehrt und trottete unter leicht hüpfenden Bewegungen davon.
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Dass Lästereien unter Jungen meist genauso schlimm waren, wie bei ihrem weiblichen Pendant, wusste Albus, nach dem Verschwinden des Mädchens, nur allzu gut zu bestätigen. Scorpius pfefferte eine wüste Beschimpfung nach der anderen in den Raum, doch auch an seinem besten Freund schien er kein gutes Haar zu lassen.»Wäre es dir lieber gewesen, wenn Higgs dich zur Räson gebracht hätte?«, damit beließ es Albus und unterlag dem Versuch, einen Schweige-Zauber auszusprechen, um den Worten seiner Kameraden irgendwie zu entkommen.
»Habt ihr den Aufdruck auf ihrem Shirt gesehen? »The Wallflowers«, trifft ja total ins Schwarze!«, warf Lester ein und zog unter heiterem Beben seines Körpers an dem Zigarettenstummel, der zwischen seinen Lippen verweilte. »Für Beauxbatons zu hässlich und für Durmstrang nicht männlich genug.«
»Nicht männlich genug? Du meinst wohl eher zu männlich!«, setzte Scorpius zu allem Überfluss nach und schlug in die Kerbe, die Whitwick geritzt hatte, mit ein. »Eigentlich bräuchte sie für den Herbstball keine Verkleidung. Bei der fehlt einfach alles.«
Albus konnte nur den Kopf schütteln. Zwar amüsierten ihn die Sprüche seiner Kameraden, doch waren einige wahrhaftig eine Spur zu tief unter der Gürtellinie angesiedelt. Der Alkohol tat sein Übriges, sodass einige der jungen Herren wieder einmal gehörig aus der Rolle zufallen drohten. Einzig Duncan schwieg, ebenso wie Albus, einen unnötigen, verletzenden Kommentar aus. Nicht, weil es ihm nicht behagte, wie man über die weniger schönen Mädchen sprach, sondern eher, weil der Branntwein nach ihm rief und ihn langsam aber sicher, unter geschmeidigen Klängen ins Reich der Träume geleitete.
Megcine war schon längst nicht mehr Thema, als Thornton auf seine Freunde zutrat. Zwar lachten und grölten Lester und Scorpius noch immer, doch zog sich der Fokus ihres heiteren Gesprächs auf belanglose Nichtigkeiten, dessen Fundament eher bröckelig daher schwankte, als noch fest und sinnergebend zu sein.
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»Sie hat irgendwas von 'nem Brief gefaselt.«, nuschelte Scorpius und linste aus den dunklen Kissen hervor, als er eher unfreiwillig durch das entstandene Gemurmel am darauffolgenden Morgen geweckt wurde. »Seid doch mal leise!« Mit diesen Worten zog der junge Mann die Bettdecke erneut über sein blondes und nun weniger hübsch arrangiertes Haupt.Keine halbe Stunde später fanden sich die Jungen zum Frühstück in der Großen Halle ein.
»Bist du überhaupt flugtauglich?«, mit Skepsis im Blick richtete Albus das Wort an Duncan, der den Eindruck erweckte, nicht sonderlich fit für das anstehende Spiel gegen Hufflepuff zu sein.
Während Albus' Cousine, Dominique Weasley-Delacour, als Kapitänin und Jägerin ihrer Mannschaft gut zuredete und sie auf einen Sieg gegen die Schlangen einschwor, tat Akins nichts dergleichen. Seine Kameraden zogen, verkatert wie sie waren, Gesichter, die alles andere als Zuversicht verzeichneten.
Neben Jemina »Lolita« Dolores Flint, kurz JD genannt, die es als einziges Mädchen in die Mannschaft Slytherins geschafft hatte, aufgrund ihrer Schlagkraft als Treiberin, bestand das Team der Schlangen nur aus Jungen und deren Trinkfestigkeit musste unbedingt mehr Training erfahren.
»Hey Akins, so wie du aussiehst, haben wir leichtes Spiel!«
Albus konnte eindeutige Provokation aus den Worten seiner Cousine heraushören, als diese mit ihrem sich neu angeeigneten Selbstbewusstsein einen Hieb an die Schlangen austeilte. Und der junge Slytherin musste ihr wohl oder übel Recht und sich geschlagen geben, denn Duncan Akins würde, wenn er ganz viel Glück und Beistand von Merlins Seite erhaschte, gerade so sein Gleichgewicht auf dem dünnen Besenstiel halten können.
Scorpius hingegen schien, trotz hämmernden und dröhnenden Schmerzen in seinem Kopf, guter Dinge zu sein. Er trat das Erbe seines Vaters an und schlug sich wahrlich gut als Sucher, zumindest wenn er gegen den Sucher der Dachse antrat. Traf er jedoch auf Albus' andere Cousine, Rose Weasley aus Gryffindor, oder Alberich Lawrence, einen Ravenclaw aus dem sechsten Jahrgang, war der Sieg nicht selten in ziemlicher Gefahr. Doch Alec Cadwallader sollte für ihn kein Problem darstellen.
Der kalte Oktoberwind pfiff ihnen um die Ohren, als Schüler und Lehrer auf den Tribünen ihre Plätze einnahmen. Albus hatte sich wie gewohnt neben Thornton eingefunden, den er neben Scorpius zu seinen engsten Vertrauten zählte, wenn der blonde, junge Mann, so wie in diesem Moment, einmal nicht zur Stelle war.
Gerade, als das Spiel an einem Wendepunkt angelangte, der über Sieg und Niederlage für die Schlangen entschied, tippte ihm jemand auf die Schulter. Kurz zuckte Albus zusammen, als er erkannte, wer ihn soeben beim Jubeln störte. Megcine schob ihre Brille an ihren angestammten Platz zurück, zurrte den langen, silber-grünen Schal enger um ihren Hals, reichte ihm einen Zettel und deutete auf ihren Bruder, der mit dem Rücken zu ihr stehend, die Fäuste in die Luft reckte, um seine Kameraden anzufeuern. So leise, wie sie auf sich aufmerksam gemacht hatte, war das Mädchen auch schon wieder verschwunden.
Ganz knapp gewannen die Schlangen das Match gegen die Dachse, die sich unter der Führung Dominiques wahrlich zu einem ernstzunehmenden Gegner gemausert hatten. Natürlich würde der Sieg gebührlich gefeiert werden müssen und Scorpius und Duncan würden sich vorerst kaum vor ihren weiblichen Fans retten können. Gemächlich trabte Albus neben Thornton her, ehe er ihm den Brief in die Hand drückte.
»Wo hast du den her?«, verwundert darüber, warum ihm gerade Albus die Schreibe überreichte, hielt er inne.
»Megs hat ihn mir vorhin gegeben. Während des Spiels.«, erklärte Albus knapp, während Thornton seine Geste nur mit einem knappen Zucken der Schultern abtat.
»Kaum zu glauben, dass ihr beide miteinander verwandt seid.«, warf Lester beiläufig klingend ein.
»Ich weiß«, erwiderte Thornton gedehnt und ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen, »traurig, nicht wahr?«
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