Wir schreiben nunmehr den ...
Gedankenverloren blickte der Mann, den sie beiläufig wie ungezwungen ›Maestro‹ rufen, auf einem robusten Stuhl. Er saß einfach nur dort und hielt beharrlich seinen Blick auf die geschlossene Zeltbahn gerichtet, welche den Zugang zu seiner Unterkunft darstellte.
Sein Brustkorb hob und senkte sich gemächlich. Hin und wieder bewegten sich seine Finger und sein Kehlkopf hüpfte bei jedem Schlucken. Seltsam, jedes Mal verzogen sich dabei seine Wangen, so als leide er Schmerzen. Wie dem auch sein. Demnach zu urteilen lebte er und war in der Nacht nicht erfroren, wenngleich kein Kohlebecken in seinem Zelt wärme spendete.
Was hatte den Recken aus der Bahn gehauen, dass er solch ein Gebaren zeigte? Sein Geist schien entrückt, auf Abwegen, wenn man es denn so ausdrücken möchte. Nur wohin und verflucht ... aus welchem Grund sitz er einfach nur da und hat sein Schwert über den Schoß gelegt?
Ein alter, von schwerer Arbeit zeugender, gebeugt gehender Mann, trottete zielstrebig auf das Zelt des Recken zu. In der einen Hand hielt er mehrere gebundene Schriften, in der anderen seine Ellenschnur.
Ein jeder der Anwesenden kannte ihn. So Alt, wie er auch immer sein mochte, seinem Verstand konnte niemand etwas vormachen, noch ließ sich dieser für dumm verkaufen. Er genoss hinreichenden Respekt und erfreute sich wiederkehrend Anteilnahme seines enormen Wissens. Schließlich war es ausnahmslos ihm zu verdanken, dass die Arbeiten so gut und zielorientiert vorankamen. Okay, zugegebenermaßen, der verwichene Herr war etwas Eitel und übermotiviert. Er hielt sich für den Nabel des Vorhabens und ... ja, in der Tat, sie ließen ihn in der Überzeugung. Seine Anregungen waren nicht von der Hand zu weisen und oftmals, mit nur ein wenig Korrektur, nahezu bestmöglich.
»Ihr könnt nicht zu ihm, Baumeister«, hob eine der zur Wache abgestellten Soldaten die Stimme.
»Was glaubst du Kleinod eines kindlichen Geistes, wen du gedenkst hier aufzuhalten? Ich muss zum Recken. Jetzt.«
»Er ruht noch.«
Es entstand eine befangene Pause der Nachdenklichkeit. Furchen zeigten sich überdeutlich in der vom Alter gezeichneten Haut des Mannes. »Er ... tut was?!«
»Ich weiß doch, dass ihr mich sehr gut verstanden habt. Tut nicht so als wäret ihr taub.«
»Mein Junge. Ich bin weder blind noch schwerhörig. Es ist schon beinahe Mittagszeit und ihr wollt mir erzählen ...« Es ging einfach zu schnell und der Wachposten schien mehr überrascht als ernsthaft bereit dem Mann Schaden zuzufügen. Also gab er sich sichtlich bemüht seine Haltung zu wahren.
Sein Kumpan indes konnte sich ein Grunzen nicht verkneifen. »Wie ein Waschweib«, frohlockte er und zwinkerte ihm zu. »Baumeister, wir haben Befehl niemanden zu ihm zu lassen.«
»Willst du ungehobelter Kerl auch eins mit der Schnur, ja?«
Abwehrend hob angesprochener die Hand. »Nein nein. Beruhigt euch doch. Sobald ...«
»Lasst die Albernheiten. Ich werfe einen Blick hinein und wenn der gnädige Herr Falkenmensch oder was auch immer er ist, wahrhaftig noch nächtigt, gehe ich freiwillig.« Er hob die Hand, in der er seine Schriften hielt. »Abgemacht?«