»Er ist voller Dämonenblut.«
»Die Eishorden haben angegriffen.«
»Wahr er auf der Jagd?«
Diese und weitere Bemerkungen trug der Wind an sein Ohr, doch hatte er keine Kraft sich ihnen zu stellen. Müde hob er die Hand und winkte den Ankömmling näher.
Auf Armeslänge blieb dieser stehen und verharrte. Der Recken hob sacht den Kopf und ächzte, als leide er Schmerzen. Er sackte vornüber und fiel dem Mann in die Arme. Seine Stimme brach, einem flüstern gleich. »Wie viele«, presste er hervor.
Noch bevor der Bote eine Antwort erwidern konnte, spürte er das gesamte Gewicht des Gecken auf sich ruhen. Hilfe suchend wendete er den Kopf zu den am Zelteingang stehenden Wachposten, die sich bereits schickten, ihm die Last aus den Armen zu nehmen.
Der Bote nickte wissend und spukte aus. »Somit liegt des Rätsels Lösung auf der Hand.«
»Beim Barte, was hat das zu bedeuten. Ich verlange Antworten«, brüskierte sich der betagte Mann, der neben dem Zugang des Zeltes stand.
»Und wer seid ihr?« Noch die Ledertasche in Händen hob er die Linke an das Kinn und rieb dies gedankenverloren. »Sein Stellvertreter, sein Adjutant vielleicht?«
Der Baumeister zog die Stirn kraus und verengte die Lider. Er war Alt, keine Frage aber für dumm ließ er sich ganz gewiss nicht verkaufen. »Ich bin weder das eine noch das andere du Tölpel! Meine Aufgabe ist es die Bauvorhaben zu beaufsichtigen und voranzutreiben. Sofern es den wehrten Herrn interessiert ...« Er erhob nunmehr für alle gut hörbar seine Stimme, die mehr einem Wutanfall glich. »Und all das, NOCH BEVOR DIESE VERMALEDEITEN DÄMONEN HIER AUFTAUCHEN. WAS ALSO WILLST DU!«
Im alten Wehrturm brannte ein wärmendes Feuer und vertrieb die Kälte aus den Gliedern anwesender, wenngleich zu zwei Seiten das Mauerwerk aufgebrochen und mit dem Fundament und mittlerweile hoch aufragenden Mauern der Trutzburg verbunden. Einzig der neue Zugang stand ohne Tür, so doch mit einem dicken Fell behangen offen.
Der Bote saß dem Hauptmann gegenüber. Er war es, der die Verantwortung übernahm, sollte der Recken abkömmlich sein.
»Bitte verzeiht diesen misslichen Auftritt unseres Baumeisters. So haben wir Maestro noch nie zuvor erlebt. Vermutlich hat es den alten Griesgram gehörig erschreckt.«
»Wofür entschuldigen, wo es nichts dergleichen zu vergeben gibt. Soweit ich den Mann verstand, war er es, der den Recken in diesem Zustand vorfand. Ich glaube, ich hätte ähnlich aufgebracht reagiert, allen voran, wenn ich nicht wüsste, was es damit auf sich hat.«
Der Soldat blickte auf, spitzte die Ohren und lupfte die linke Braue. »Und ... ihr wisst darum?«
»Ich habe da so ein Ahnung, Hauptmann.« Bestätigend klopfte er auf seine Tasche.
»Was bringt ihr für Kunde? Überschwemmen sie bereits die Ufer oder haben gar die Akademie überrannt?«
Nun war es an dem Boten den Kopf fragend seitwärts zu drehen und die eigenen Brauen zu heben. »Was wisst ihr?«
»Nichts. Würde ich sonst fragen?«
Der Bote nickte abermals, diesmal hingegen zustimmend und atmete lautstark aus. Sein Blick wurde seltsam glasig, als er an die vergangenen Stunden zurückdachte. »Wir hörten ihre Trommeln. Erst ganz leise und im Aufwallen der Winde mal lauter, dann wieder fast lautlos.«
Der Hauptmann war gegenwärtig genug seine Wissbegierde zu zügeln und so begnügte er sich, dem Bericht des Mannes zu lauschen.
Er erfuhr, dass die Dämonen sich seit Tagen rund um die Akademie rotteten. Ihre Lager standen dicht und ihre Feuer brannten zu nah, als das jemand hätte durch ihre Reihen schlüpfen können, um Hilfe zu erbeten. Sie wussten, dass mindestens einer der Recken Belletristicas in der Nähe einen der alten Türme herrichten und verteidigen sollte und so kam die vorstehende Muse schlussendlich auf die Klamm.
Der Entsandte der Akademie griff zu einem mit Wasser gefüllten Becher, stürzte es in einem Zug herab und erfasste den faden seines Berichtes erneut.
Es geschah, als sich die Sterne verdunkelten. Dichte, tiefschwarze Schwaden zogen auf und brauten sich zu finsteren Formen. Es war, als bewege sich der Wald selbst und die Trommeln der Dämonen schlugen im Takt aufeinanderschlagender Schilde. Aus allen Himmelsrichtungen erscholl deren Getöse und vermengte sich mit gutturalen Lauten. Immer dann, wenn ein Blitz das Umland erhellte, sahen die Männer auf den Wehren die Horden des Feindes.
Große wie Kleine. Hörner, Schweife, die im Rhythmus ihrer Schreie zuckten. Allesamt hatten sie eines gemeinsam. Sie waren pechschwarz und ihre Augen funkelten Böse.
Einige wenige bestürmten die Tore, andere hingegen standen da und marodierten die Insassen der Akademie.
Dann nach ungeahnten Stunden andauernden Lärms veränderte sich etwas. Der Bote wusste es nicht genauer zu umschreiben, doch glaubte er in den Lauten, die ihn an grunzende Schweine erinnerte auch Geräusche wie - Schreie - herauszuhören.
Erstickend, betonte der Mann. Er schwor einen Eid darauf. Es klang, als würde irgendjemand, eben jenen, der zuvor lauthals schrie, die Stimme gewaltsam nehmen.
Zwischendurch herrschte Totenstille. Kein Brausen des Windes, kein Laut nachtaktiven Getiers und kein wogen der See. Es schien, als lauschten selbst die Dämonen und immer dann, vernahmen sie einen metallisch klingenden Singsang. Ein Lied, als würde auf einer Sense gefiedelt.
Tsching-sing-fing, Scht-tsch-sing-tsch
»Ihr mögt es nicht glauben, Hauptmann aber ich stand zusammen mit vielen anderen auf der Mauer und wir hörten diese Töne ... alle. Die Laute der Dämonen nahmen stetig ab und dieses ... Lied ... wurde überschwänglich.«
Er stockte, suchte sichtlich nach Anzeichen der Belustigung oder das sein Gegenüber ihn der Verrücktheit erklärte. Er reichte ihm ohne weitere Worte die Tasche, aus derer der Hauptmann einen einzelnen beschrieben Bogen entnahm.