Als der Snift erschöpft vom schnellen Rennen durch das Eingangstor des Schlossparks trat, rempelte Diplomat Yamato ihn mit dem Mut der Verzweiflung an und presste den Katzenmann mit seinem gesamten Körpergewicht an den nächsten Baumstamm. Mit seinem Unterarm drückte er dem Unterhändler die Kehle gerade so weit zu, dass dieser noch atmen, aber nicht mehr richtig sprechen, geschweige denn schreien konnte. „Wo ist meine Tochter? Was habt Ihr mit ihr angestellt? Sie ist nicht im Schloss. Seit ich zurück bin, suche ich schon nach ihr.“ Wut verzerrte das Gesicht des Mannes bis zur Unkenntlichkeit. Aber auch unterdrückte Angst konnte der Snift darin sehen. Er versuchte zu sprechen, Yamato lockerte den Druck auf die Kehle ein wenig. Mit rauer Stimme krächzte Eros: „Sie wird bald zurück sein. Idana begleitet sie und sorgt für ihre Sicherheit.“ Weiter kam er nicht. Der Diplomat hatte den Druck wieder erhöht. Ein Keuchen entfuhr dem Gequälten. „Ihr habt mein Mädchen mit diesem Ding alleine gelassen?! Wie könnt ihr es wagen, sie solcher Gefahr auszusetzen? Ihr…He! Halt! Loslassen!“ Vier kräftige Männerarme hatten den verrückt gewordenen Vater von hinten gepackt. Eros rutschte am Stamm entlang zu Boden. Er hielt sich die Kehle, musste Husten. „Bringt Diplomat Yamato auf sein Zimmer, bis er sich beruhigt hat! Und bewacht ihn.“ Bellte Usongu den Wachen zu. Diese führten den sich immer noch wehrenden Mann mit sanfter Gewalt fort. „Könnt Ihr aufstehen, Herr Unterhändler?“ Er bot dem Snift seinen Arm an, den dieser dankbar ergriff. „Nicht gerade die Art von Begrüßung, die man sich von seinem künftigen Schwiegervater erhofft, nicht wahr?“ Eros‘ Herz setzte für ein paar Schläge aus. Noch immer konnte er nicht richtig sprechen, aber der entsetzte Blick seiner Augen sprach Bände. Usongu lachte. „Macht Euch keine Sorgen. Die Dinge stehen gut für euch Beide. Nebenbei bemerkt bin ich daran nicht ganz unschuldig. Aber dankt mir nicht zu früh. Es war reiner Eigennutz, der mich dazu bewogen hat, euch zu unterstützen. Bevor Ihr fragt, oh, das geht ja gerade nicht“, glänzend gelaunt zog der Ritter den immer noch schwachen Katzenmann weiter Richtung Eingang zum Schloss. „Der König weiß auch Bescheid.“ Cámalon wusste davon? Verdammt. Aber wie? Warum? Und was hatte Usongu damit gemeint, die Dinge stünden gut für sie? Was seine Stimme nicht vermochte, drückte Eros‘ Mimik aus. „Oh nun tut doch nicht so, als wüsstet Ihr nicht, wie das am Hofe so läuft.“ Beantwortete Usongu die unausgesprochene Frage amüsiert. „Die Flüsterpost unter dem Dienstpersonal? Das Geschwätz und Getratsch alter Weiber? Die Gerüchteküche brodelt schon seit einer Weile, mein Lieber. Und Ihr könnt von Glück sagen, dass Ihr außer mir noch einige andere Unterstützer habt. Unter anderem einen Stallburschen, eine Küchenmagd und zwei Dienerinnen, die Eurem eigenen Volk angehören.“ Eros konnte es kaum glauben. Natürlich wusste er, dass die Dienerschaft seit vorgestern, als er Hand in Hand mit Sakura heimgekehrt war, im Bilde war. Aber die Tatsache, dass der König und Usongu bereits davon gewusst hatten, als sie noch nicht zurück waren, erschreckte ihn. Wer hatte ihn verraten? Wohl kaum Yamato. Der dürfte das größte Interesse daran gehabt haben, dass niemand davon erfährt. Groß Zeit zum Nachdenken blieb ihm jedoch nicht, denn Usongu fuhr unbeirrt fort. „Allerdings wird Euer Glück noch ein wenig warten müssen. In der Zwischenzeit sind ein paar Probleme aufgetaucht, um die wir uns jetzt erstmal kümmern müssen.“ Usongu wurde unerwartet ernst. Er half dem Unterhändler seine Erscheinung in Ordnung zu bringen, bat ihn, ein paar Sätze zu sagen, um seine Stimme prüfen zu können. Gehorsam tat der Snift, wie ihm geheißen. Die letzten Minuten hatten ihn zu sehr aufgewühlt. Für falschen Stolz war keine Zeit mehr. Dann traten sie ein in den großen Saal, wo sich bereits einige Mitglieder des Rates versammelt hatten. Jene, die sich zurzeit im Schloss aufhielten. Die anderen wurden in den nächsten Stunden und Tagen erwartet. König Cámalon saß auf seinem Thron. Alles an ihm strahlte tiefe Besorgnis aus. So hatte ihn Eros noch nie gesehen. „Ihr habt mich rufen lassen, Majestät?“ krächzte er. „Ach, Eros, Ihr seid es.“ Ein kurzer Blick auf den Snift, dann wandte sich Cámalon wieder dem Schreiber zu, dem er diktierte. Der Unterhändler hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, praktisch ignoriert zu werden. Usongu zog ihn fort in eine stille Ecke. „Grämt Euch nicht. Er ist so, seit wir von Plarun aufgebrochen sind. Hier, den werdet Ihr brauchen.“ Er reichte dem Katzenmann einen Becher Wein und begann ihm über die ungewöhnlichen Vorfälle der letzten Tage zu berichten.