In tiefer Dunkelheit schlich ein Schatten durch die Gänge, in den Garten und durch das Tor zur Stadt hinaus in den Wald. Ein Kauz schuhute in die Dunkelheit. Fledermäuse flogen tief über dem Waldboden und machten Beute. Leise bewegte sich die Gestalt weiter, immer tiefer in den Wald. Plötzlich knackten Äste, Blätter schwebten ungesehen herab. Die Gestalt blieb stehen. „Was hat dich so lange aufgehalten?“ Raunte eine tiefe Frauenstimme in das Ohr des Schleichers. „Ein sturer Vater. Er wollte mich einfach nicht gehen lassen und hat mich mit Schnaps und Met abgefüllt.“ Die schnurrbehaarte Nase der Frau zuckte. „Das glaub ich sofort. Du stinkst wie eine Schnapsleiche 10 Meilen gegen den Wind. Zum Glück schläft die Kleine schon.“ „Tut mir leid. Hast du Pfefferminzblätter?“ Die Katzenfrau öffnete einen Beutel mit klein geriebenen Kräuterblättern, nahm eine Portion davon in den Mund und küsste den Mann der ihr gegenüberstand zärtlich. Usongu ließ es sich gefallen. Der frische Geschmack von Minze und anderen Gewürzen breitete sich scharf in seinem Mund aus. Er umarmte die Snift und sank mit ihr zu Boden. Später wollte sie wissen, ob sein Plan aufgegangen war. „Es gab ein paar Schwierigkeiten, aber es hat geklappt. Die beiden sind zusammen.“ Lachte der Ritter entspannt. „Jetzt müssen wir nur noch ein wenig Geduld haben. Sobald sie offiziell ein Paar sind und die Beziehung von Cámalon abgesegnet wurde, ist unser kleines Versteckspiel endlich vorbei. Auch wenn ich jetzt, wo es soweit ist, fast ein wenig wehmütig werde. Irgendwie hatten unsere nächtlichen Abenteuer auch ihren Reiz.“ Schelmisch grinsend griff er ihr an den nackten Oberschenkel und küsste sie. Fei-Ling ging gerne darauf ein. Anders als Usongu freute sie sich riesig darauf, wieder in einem richtigen Bett zu schlafen. Sich mit ihrer Tochter Káilanba aus ihrer ersten Ehe im Wald zu verstecken, war nichts, was sie unnötig in die Länge ziehen wollte. Seit sie ihren Stamm verlassen hatte, kurz nachdem ihr erster Mann bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war, schlug sie sich alleine durch. Vor einem halben Jahr war sie Usongu begegnet, woraus sich für sie beide unerwartet eine Romanze entwickelt hatte. Der Ritter nahm Káilanba an, als wäre sie seine Tochter. Leider mussten sie seither ein Schattendasein als seine Familie führen. Aber wie es aussah, würde sich das bald ändern. Bald würde Usongu auch in der Öffentlichkeit zu ihr stehen können. Vieles würde leichter werden, sobald die Kluft zwischen ihren beiden Völkern kleiner wurde.
Fei-Ling betete zu ihren Göttern, es möge schnell gehen. Als er in den frühen Morgenstunden aufbrach, wollte sie ihn nicht gehen lassen. „Liebes, ich komme doch wieder.“ Sie wusste es, aber die Einsamkeit fraß sie manchmal auf. Daran konnte nicht einmal ihr Kind etwas ändern. Sie ließ ihn gehen, weil ihr Stolz nicht zuließ, dass er sie weinen sah. Leise schlichen sie zurück. Er ins Schloss, sie in die Höhle, wo ihre Tochter schlief.