»Es kommt der Tag, an dem du brennen wirst.«
»An diesem Tag werden Engel vom Himmel fallen.«
Der Geruch nach Asche und Blut stieg mir in die Nase, vertrieb die Erinnerungen an unser Gespräch.
»Wer hätte gedacht, dass wir beide letztlich Recht behalten.«
Flammen leckten an meinen Körper, nahmen von mir Besitz und hinterließen nichts als kohlschwarze Haut. Es roch nach verbranntem Fleisch, dennoch verspürte ich keine Schmerzen. Dazu war ich nicht länger fähig. Mein Blick glitt zur armseligen Gestalt, die nur wenig entfernt vor mir auf der Erde lag und sich mit Mühe und Not am Leben hielt. ‘So endet es also.‘
Über den blutgetränkten Boden stapfte ich hinüber zu ihm. Er atmete nur noch röchelnd, was anhand seiner Wunden, die ich ihm zugefügt hatte, bereits einem kleinen Wunder glich. Normalerweise starben sie sofort. Ich setzte einen Fuß auf seine Brust, vereinigte das Blut der Gefallenen mit seinem auf dem einst weißen Hemd. Rasselnd holte er Luft. Ganz auf sich konzentriert, spannte er seine Muskeln an. Sein Gesicht war mit Schlamm beschmiert, aber er war mir nie schöner vorgekommen als in diesem Augenblick.
»Hasst du mich«, fragte ich leise, lauernd und doch so fasziniert von seinem Kampfgeist. Selbst im Angesicht des Todes gab er nicht nach. Ich erinnerte mich an mein Versprechen ihm gegenüber, als sei es erst gestern gewesen.
»Mach es kurz und schmerzlos.«
»Wie du wünschst.«
Einsame Jahre hatte ich mit Warten auf den Jüngsten Tag verbracht. Während er sein Leben lebte, harrte ich in der Zwischenwelt aus. Die Zeit hatte mich mürbe gemacht. Meinen Schwur vergessend, metzelte ich alle nieder, die ihn liebten und die er liebte. Ich hatte mein ewiges Seelenheil der Verzweiflung wegen aufgegeben. Es tat mir nicht leid.
Auch nicht, als er seine Augen öffnete und mich mit schmerzverzerrtem Gesicht ansah. Das wunderschöne Blau trüb von der Anstrengung. Eine Schande, das musste ich mir eingestehen.
»Warum?«
Ein Lächeln gewährte ich ihm, um der alten Zeiten willen, ehe ich mich auf seinen Bauch setzte und mit der linken Hand über seine Brust strich. So eine Frage hatte ich von einem Menschen erwartet. Enttäuschend, dass er sich nicht die Mühe machte, mehr zu sein. Mir mehr zu zeigen.
»Darum.«
‘Weil du nie für mich bestimmt warst. Weil uns Welten voneinander trennen. Weil du mich nicht so siehst wie ich dich ...‘, ging mir durch den Kopf, während ich ihm einen Kuss auf die aufgeplatzten Lippen hauchte.
»Ich halte meine Versprechen.«
»I ...« Seine Stimme verlor sich in einem steten Rasseln.
‘Asche zu Asche und Staub zu Staub.‘ Stumm sah ich ihm beim Sterben zu, wie er nach Luft rang und mich beobachtete. Fort konnte keiner von uns. Noch lange, nachdem meine Hülle in winzigen Einzelteilen davongetragen wurde, verharrte mein Geist bei den blauen Augen ohne Leben in sich. In diesem Moment wünschte ich, dass ich weinen könnte. Um ihn. Um uns …