Es kommt etwas Großes auf uns zu:
Der Boden bebte. Immer größere Wellen peitschten den Hüpfburg-Boden auf. Berge wurden zu Tälern und wieder zu Bergen, und das in immer schnellerem Rhythmus. Karo spürte, wie ihre Füße dann, wenn ein Berg wieder zusammen fiel, immer öfter den Kontakt zum Boden verloren. Zuerst war es vielleicht ein halber Zentimeter, den sie fiel, bald waren es zwanzig.
"Wie meinst du das mit dem Wasserbecher?", fragte sie Max.
Der stöhnte genervt.
"Die Szene ist berühmt. Das Wasserglas bebt von den Schritten des T-Rex." Es war Mo, der sich die Zeit nahm, ihr das Ganze zu erklären. "Max meint damit wohl, dass wir gleich einem Riesensaurier gegenüber stehen." Mo grinste schief, beinahe entschuldigend, als ob er etwas dafür könne.
"Wo ... wo sollen wir hin?", fragte Karo und stolperte, als sie erneut ein ganzes Stück nach unten fiel. Der Boden schwankte unter ihren Schritten.
"Das hat keinen Zweck", Kassie war gefallen und kämpfte sich wieder auf die Füße. "Auf dem Boden kommen wir nicht weit. Hier, nimm."
Sie drückte Mo eine ihrer Pistolen in die Hand und ergriff mit der nun freien Hand Karos Handgelenk. Mo zögerte ein wenig zu lange, dann ergriff er Max' Hand.
"Wie romantisch", spottete Max und zog eine Augenbraue nach oben. Doch er ließ nicht los. Entgegen seiner großen Klappe hatte er offenbar doch sehr viel Angst. Karo sah in ihm für einen Moment wieder den Mitbewohner, den sie kennengelernt hatte - Schönling, bemüht um seinen kleinen Bruder und lieber cool als ehrlich.
Kassie verstärkte den Griff ihrer Hand und flüsterte: "Da vorne."
Karo hob den Blick und erkannte sofort, was Kassie meinte. Am Horizont zeigten sich mehrere grellgrüne Zacken, die sich über die wogenden Hügel schoben und zusehend größer wurden.
"Ist das Godzilla?", fragte Mo. Die Stacheln sahen tatsächlich irgendwie radioaktiv aus, sie strahlten sogar eine leichte, glühende Aura aus. Karo machte einen schlecht abgepassten Schritt nach hinten, trat in ein Wellental und riss Kassie mit sich zu Boden. Mo half ihnen auf die Beine. "Taktischer Rückzug."
Nun war auch ein fernes Stapfen zu hören. Die Stacheln entpuppten sich als unregelmäßige Dornen auf einem purpurnen, massigen Rücken. Dann schob sich ein gehörnter Kopf ins Sichtfeld der vier. Vor lauter Hörnern war die dreieckige, platte Form des Schädels erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Der Schädel klappte förmlich in zwei Hälften, als das Monster sein Maul öffnete und ein Geräusch von sich gab, das vielleicht nur ein leises Knurren war, für die vier winzigen Menschen jedoch ein Donnersturm.
Karo wich immer weiter zurück. Das Monster war stehen geblieben und die Wellen wurden weniger. Doch nun reckte das Wesen sich auf seine noch verborgenen Hinterbeine wie ein Bär und präsentierte ihnen damit den gelb geschuppten Bauch und vier kräftige, mit langen Krallen besetze Arme.
"Das Ding hat etwas von einer Spinne", merkte Kassie mit dünner Stimme an. "Vielleicht ist das hier sowas wie ihr Netz, so hat sie uns bemerkt. Sie hat die Erschütterungen unserer Schritte gespürt."
"Wisst ihr, woran mich die Farben erinnern?", meinte Mo mit angestrengt lässig klingender Stimme. "Das ist ein verdammter Karies-Godzilla."
"Natürlich", meinte Max, der totenblass geworden war. "Die Süßigkeiten. Das ist Diabetes! Ein Schoßhündchen von Asmodai. Er hat von ihr gesprochen ... ich hab sie mir kleiner vorgestellt. Viel kleiner."
"Hat Asmodai vielleicht einen nützlichen Pflegetipp fallen gelassen?", fragte Mo, während sie zu viert langsam zurückwichen. "Ich weiß nicht - wenn eine Harfe spielt, schläft sie ein?"
"Nein, nichts dergleichen", Max schüttelte den Kopf. "Scheiße - wir werden sterben!"
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Und das, liebe Kinder, ist der Grund, warum man regelmäßig zum Zahnarzt gehen muss. Sonst kommt der Karies-Godzilla einen holen!