Ein letzter Abschied:
„Elizabeth“, sprach Andy die Braunhaarige vorsichtig an. „Verzeih mir, aber ich werde dir nicht in die Hölle folgen. Das kann ich nicht.“
Elizabeth wandte sich an die ganze Gruppe. „Niemand muss mir folgen. Das verlange ich nicht.“ Ihr Blick streifte Sam und Elaine. Sam merkte, dass die Blonde an seiner Seite zitterte, doch sie traten gemeinsam vor und stellten sich an Lizzys Seite. Sie waren ein Team. Wenn Elizabeth in die Hölle ging, so auch sie.
„Wer nicht mitkommen will, kann hier auf unsere Rückkehr warten“, verkündete Elizabeth.
„Besser noch.“ Ifrit trat vor. „Ich kann euch hier und jetzt ein Tor öffnen, das euch nach Realitas führt. Aber Elizabeth wird mit mir kommen, bis sie ihren Schwur erfüllt hat. Und wenn sie versagt, werde ich jeden von euch jagen und töten!“
Etwas von Ifrits mächtiger Wut schimmerte in ihren Worten durch. Doch Sam konnte nicht umhin, zu bemerken, wie großzügig Ifrits Angebot war. Vielleicht täuschte sich die Dämonin darin, wie schnell sie etwas Gutes zu tun bereit war – oder die ganze Sache war eine Falle.
Doch als Ifrit den Gästen den Rücken zuwandte, erhaschte Sam einen Blick auf ihre gelben Augen.
Er konnte die Endgültigkeit aus ihrem Blick herauslesen. Ifrit glaubte nicht, diesen Raum noch einmal zu betreten und war gewillt, ihren Teil des Paktes zu erfüllen, solange es ihr noch möglich war. Anna van Helsing hatte erwähnt, wie streng sich die Dämonen an ihre eigenen Regeln hielten, aber diesmal kam es den Wächtern zugute.
Elizabeth ging zu der einen Wand herüber. „Wer aus freien Stücken mit mir kommen möchte, sollte wissen, dass die Reise schlimmer wird als alles Bisherige.“
Sam fühlte eine Mischung aus Stolz und Sorge, als Kassandra und Mortimer entschlossen zu ihrem kleinen Himmelfahrtskommando stießen.
„Blaze ist unser Freund“, sagte Kassie nur. „Wir müssen ihn retten.“
Zögerlich folgte ihnen Evelyn, dann Milo und sogar der kleine Liam.
„Was tut ihr?“, fragte Kassie. „Ihr könntet frei sein!“
„Wir kennen diesen Blaze nicht“, sagte Eve leise. „Aber eure Freunde sind auch unsere Freunde.“
„Wir haben die Tour gemeinsam begonnen, lasst sie uns zusammen beenden“, sagte Milo.
„Ich will nicht wieder von euch getrennt werden“, flüsterte Liam leise.
Karo schlich ebenfalls zu ihnen. „Ihr seid für mich durch die Hölle gegangen. Das kann ich niemals wieder gutmachen, wenn nicht so.“
Die anderen Tourgäste wichen zur gegenüberliegenden Wand zurück. Sams fünf Schülerinnen tauschten Blicke, dann trat Mira vor.
„Sam?“
Er nickte ihr zu: „Was gibt es?“
„Wir würden gerne mit dir kommen, doch wir denken … wir sollten auf die Zivilisten aufpassen.“
Sam nickte vielleicht etwas zu hastig. Er war froh, die Fünf in Sicherheit zu wissen. „Begleitet sie zurück zur Akademie. Sorgt dafür, dass sie, wenn möglich, in ihr altes Leben zurückkehren können. Unterstützt Game of Life.“ Er nickte zu Piek, Xeri und Andy herüber, die sich bei den Zivilisten aufgestellt hatten.
Mira nickte und umarmte ihn dann kurz, aber fest. „Pass auf dich auf!“
„Werde ich. Und Mira? Ich sehe eure Ausbildung als abgeschlossen an. Ihr seid Wächter – wenn ich zurückkomme, werdet ihr eure Nachnamen erhalten.“
Mira lächelte schwach. „Das sagst du nur, weil du uns inzwischen durch andere Schüler ersetzt hast.“
Sam sah zu Mortimer, der mit gesenktem Blick vor Fay stand. Auch sie hatte den Blick gesenkt und beide nahmen mit leisen Worten Abschied.
„Sie sind keine Schüler mehr“, sagte er zu Mira.
Sie nickte. „Ich weiß. Viel Glück.“
„Seid ihr soweit?“, knurrte Ifrit ungeduldig. Sie stand vor der Wand, an der sie erschienen war, gegenüber von der Bank, auf der alle anderen Toten angekommen waren. Als Ifrit mit der Hand über die Wand fuhr, erschien ein bläuliches, rundes Portal mitten im Stein, angefüllt mit einem weißen Wirbel.
Piek trat als Erste vor das Tor und fasste nach einer Waffe, die wie ein bunter Kreisel aussah.
„Wohin bringt uns dieses Tor?“
„Nach Realitas. Der Wald in der Nähe der Akademie, wo wir die Tour begonnen haben“, antwortete Ifrit. „Geht.“
Mit einem Seufzen trat Piek durch das Tor, gefolgt von Xeri und Andy. Sams ehemalige Schülerinnen lotsten die verwirrten und verängstigten Zivilisten der zweiten Tour durch das Tor. Er sah zu, wie einer nach dem anderen verschwand, und konnte es ihnen nicht verübeln, dass sie die Flucht wählten. Er wünschte sich, dass mehr von denen, die ihm am Herzen lagen, mitgehen würden. Die Reise, die vor ihnen lag, würde schrecklich werden. Nicht unbedingt gefahrvoller als die Hotels der Tour, aber auf ihre ganz eigene Weise schrecklich. Immerhin gingen sie in die Hölle.
„Wisst ihr“, sagte Ifrit leise zu ihm. „Wenn ihr nicht eingegriffen hättet, wäre der ganze Schrecken schon längst vorbei.“
Sam runzelte die Stirn, doch die Dämonen wandte sich bereits wieder ab und machte klar, dass sie keine Fragen beantworten würde. Sam folgte ihrem Blick und betrachtete die Menge der Zivilisten.
Noch jemand fehlte, außer Asmodai und Blaze. Sam fragte sich, was das zu bedeuten hatte.